Vorschau: Spec Ops: The Line (Shooter)

von Michael Krosta



Spec Ops: The Line: Eine Frage der Moral
Spec Ops: The Line
Entwickler:
Publisher: 2K Games
Release:
29.06.2012
29.06.2012
29.06.2012
Erhältlich: Digital (Steam), Einzelhandel
Erhältlich: Digital (Steam), Einzelhandel
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ab 10,53€
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Heute ist Dubai ein kleines Paradies: Traumhafte Sandstrände mit Palmeninseln und tiefblauem Wasser findet man dort genauso wie moderne Wolkenkratzer, einschließlich des derzeit höchsten Gebäudes der Welt. Es ist eine Stadt der Superlative! In Spec Ops: The Line malen die deutschen Entwickler von Yager und 2K Games  allerdings ein düsteres Zukunftsbild für die arabische Metropole…

Sand der Zerstörung

Eine ganze Reihe von verheerenden Sandstürmen verwandeln das Paradies von damals in die Hölle von morgen: Ein Großteil der Stadt wird unter gigantischen Dünen begraben.
Die Ruinen Dubais erinnern an den Glanz vergangener Tage.
Die Ruinen Dubais erinnern an den Glanz vergangener Tage.
Noch während die Auswirkungen des Klimawandels ihre hässliche Fratze zeigen, begibt sich das 33. Battalion der US Army unter der Führung von Colonel John Konrad ins Katastrophengebiet, um bei der Evakuierung zu helfen. Doch der Kontakt bricht ab und die Truppe gilt seitdem als verschollen.

Erst sechs Monate später erregt ein Notsignal aus den Ruinen die Aufmerksamkeit der Amerikaner. Haben Konrad und seine Männer vielleicht doch überlebt und benötigen Hilfe? Umgehend wird ein Spähtrupp der Delta Forces entsandt, um der Sache auf den Grund zu gehen. Der Spieler übernimmt dabei die Rolle von Captain Martin Walker und wird von Lieutenant Adams und Sergeant Lugo begleitet. Doch bevor man einen ersten Fuß in die postapokalyptische Welt setzt, bekommt man an Bord eines Helikopters zunächst einen Eindruck, mit welcher zerstörerischen Kraft die Stürme über die Luxus-Metropole hinweg gefegt sind: Von den einstmals prächtigen Hotelkomplexen ragen nur noch verrottete Überbleibsel aus dem Sand, die mächtigen Glasfassaden der eindrucksvollen Wolkenkratzer liegen in Scherben, zerbeulte Autowracks bevölkern die zerstörten Straßen. Aus dem lebendigen Zentrum des Emirats ist eine schaurige Geisterstadt geworden, die jedoch nicht so leer ist, wie es auf den ersten Blick scheint…

Schwere Entscheidungen

Yager könnte mit diesem Gerüst einfach einen weiteren Call of Duty-Klon auf die Spielewelt loslassen. Doch das ist nicht das Ziel der deutschen Entwickler: Zwar gibt es
Captain Martin Walker wird nicht nur mit Gegnern, sondern auch schwierigen Entscheidungen konfrontiert.
Captain Martin Walker und sein Team werden nicht nur mit Gegnern, sondern auch schwierigen Entscheidungen konfrontiert.
auch beim Abstecher nach Dubai viel Krawumm und die eine oder andere gekriptete Szene, doch will man sich vor allem mit dem Einbetten kritischer Entscheidungen von der Konkurrenz abheben und gleichzeitig die Moral des Spielers auf eine harte Probe stellen.

Beim Anspielen bekam ich bereits einen Vorgeschmack, wie solche Situationen aussehen und sich anfühlen können: Ein Soldat des 33. Batallions und ein Zivilist hängen kopfüber und geknebelt an einem Strick. Beide leben noch, doch wandern die roten Punkte der Laservisiere von Scharfschützen bereits langsam über ihre Körper, jederzeit bereit, das Leben der beiden zu beenden. Doch das ist nur eines der Elemente eines perfiden Spiels, über dessen Regeln ich in bester Saw-Manier über Funk vom Oberbösewicht eingeweiht werde. Zunächst erzählt er mir vom Zivilisten, der aus Not Wasser für seine Familie gestohlen hat. Dann von dem Soldaten, der ihn dabei erwischt und als Vergeltung seine Frau und Kinder hingerichtet hat. Beide haben ein Unrecht begangen. Doch die Entscheidung, wer sterben und wer leben soll, wird von der fiesen Stimme in meine Hände gelegt - zusammen mit einer Warnung: Sollte ich die Scharfschützen angreifen oder einfach weitergehen, werden beide Geiseln ermordet.

Gefangen in der Zwickmühle

Ich stecke in der Zwickmühle. Was soll ich tun? Da es mir widerstrebt, hilflose Opfer hinzurichten versuche ich zunächst, es mit den Scharfschützen aufzunehmen - in der Hoffnung, dass auch meine Mitstreiter schnell genug schalten und ebenfalls das Feuer eröffnen. Der Plan geht nicht auf - binnen weniger Sekunden wird mein Körper von den
Dank Knopfdruck-Deckung bringt man sich in Sicherheit.
Dank Knopfdruck-Deckung bringt man sich in Sicherheit.
Kugeln der Sniper durchsiebt. Ich schaue einen der Entwickler fragend an, der mich während meiner Session beobachtet, aber ich bekomme keine Antwort. Zurück zum letzten Checkpunkt, ein neuer Versuch. Ich wäge ab und entscheide mich dafür, den Soldaten hinzurichten. Ich ziele langsam auf seinen Kopf, zögere noch eine Weile und drücke ab. Ein lauter Knall hallt durch die Stadt - ich habe den grausamen Befehl meines Gegenspielers befolgt. Entsprechend lassen die Scharfschützen nur einen Schuss los - und der zertrennt einzig das Seil und gibt dem Zivilisten seine Freiheit zurück. Danach ziehen sie ab und auch ich kann weitergehen, obwohl meinen Mitstreitern der Ausgang dieser Situation genauso wenig gefällt wie mir. Aber es gibt kein Zurück: Gleich nach der Entscheidung wird der Spielstand automatisch überschrieben und ich muss mit den Konsequenzen leben.

„Hätte ich auch anders da raus kommen können?“, frage ich Mathias Wiese, Art-Director bei Yager. Und der nickt und sagt mir, dass ich vielleicht auch auf die Idee hätte kommen können, einfach die Seile durchzuschießen, an denen die beiden Geiseln baumelten. Auch wäre es tatsächlich eine Option gewesen, alle Scharfschützen rechtzeitig auszuschalten, obwohl er zugibt, dass dies der schwierigste Weg ist. Außerdem hätte ich es durchaus wagen können, die Situation einfach zu ignorieren und weiterzugehen. Doch es ist ein Spiel mit dem Feuer, denn immerhin bestand das Risiko, dass beide Geiseln wie angedroht erschossen werden. Ob es aber tatsächlich so eingetreten wäre? Ich kann es nicht sagen, weil ich eine andere Entscheidung getroffen habe.

Es ist dieses zentrale Spielelement, mit dem sich Yager von den vielen anderen Actionspielen und dem typischen Hurra-Patriotismus anderer Militär-Shooter absetzen will. Ich drücke die Daumen, dass sich die deutschen Entwickler noch viele weitere Situationen einfallen lassen, die so brisant sind wie die gezeigte. Schade ist nur, dass sich die Konsequenzen für den weiteren Spielverlauf in Grenzen halten: So  folgt die Geschichte unabhängig von den getroffenen Entscheidungen einem festen Skript. Zudem wirken sie sich nur in dem Moment, nicht aber nachhaltig auf das Verhalten der beiden Mitstreiter aus. Diese geizen zwar nicht mit Kommentaren und nehmen im Vorfeld der anstehenden Wahl teilweise unterschiedliche Standpunkte ein, doch im Gegensatz zu Rollenspielen wird
Feuer frei!
Feuer frei! Der Sand lässt sich teilweise ebenfalls als Waffe einsetzen.
jede Entscheidung unabhängig von den vorherigen aufgenommen. Es ist also nicht so, dass sich einer von ihnen nach zu vielen "Fehlern" irgendwann abwendet und aufgrund von getroffenen Entscheidungen z.B. Befehle verweigert, obwohl eine solche Steigerung durchaus spannend wäre. So steht primär die Gefühlslage beim Abwägen und das Gewissen des Spielers im Fokus, wenn es um die Entscheidungsfindung und ihre Folgen geht.

Ich soll immer wieder gezielt in ein Dilemma geführt werden, bei dem es eigentlich kein "richtig" oder "falsch"gibt, aber das mir abseits von wilden Schießereien die Grausamkeiten des Krieges vor Augen führt und mich Situationen bewusster erleben bzw. über meine Handlungen reflektieren lässt.
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Kommentare

Barbatos schrieb am
"sehr gradlinig durch enge Levelschläuche"... und tschüss!
Newo schrieb am
3rd Person? Nice. Moralische Entscheidungen? Nice Hoffe das es einschlägt, denn sowas brauchen wir. Patriotismus nervt langsam. Kommt aus Deutshcland? WoW O.o
FreshG schrieb am
Sowas gefällt mir. Hoffentlich wird das was.
BlueSDiceS schrieb am
Mei, war er wieder nicht schnell genug die Sniper zu töten und hat nur deshalb gleich einen Kameraden hingerichtet... Also da hätte ich es lieber noch drei Mal versuch es mit den Scharfschützen aufzunehmen. (so schwer es auch gewesen wäre, lieber ein paar mal ins gras beisssen und zum schluss beide retten)
schrieb am