Alter Held mit jungen Adoptiveltern
Video:
Erste Spielszenen von Capcoms Hausmesse zeigen den jungen Dante in Aktion.
Wie wird man eine coole Sau, die Schwerter in den Rachen riesiger Dämonen schiebt und nebenbei Frauen wie reife Früchte pflückt? Jedenfalls nicht über eine akademische Weiterbildung. Helden der überzeichneten Art beginnen ihre Karriere meist in der Ursuppe eines kreativen Kopfes. Wenn sie irgendwann stählerne Phallussymbole wie Stäbchen schwingen und im Auftrag sonnenbebrillter Sexbomben ganze Legionen von Höllenwesen schlachten, wurden sie meist in Japan geboren – dem Land der unbegrenzten Überzeichnungen.
Aber Dantes kreative Mama ist längst weg, denn Hideki Kamiya (Viewtiful Joe, Okami, Bayonetta) werkelt nicht mehr exklusiv für die geschlossenen Clover Studios, sondern extravagant für Platinum Games. Was machen die Japaner jetzt mit Dante? Sie geben ihn tatsächlich zur Adoption frei! Der neue Papa kommt von Ninja Theory (Heavenly Sword, Enslaved), ist Brite, heißt trotzdem Tameem Antioniades und sieht fast genauso aus wie der neue Dante. Okay, nicht porenpixeltreu im Gesicht, aber wenn man die Boots und die Klamotten des Helden (inklusive Union Jack am Ärmel) sowie die ersten Charakterdesigns betrachtet, dann scheint Mr. Antoniades den Spielauftrag sehr persönlich zu nehmen.
Dante wird moderner, bleibt aber cool
Neuer Look, alte Coolness: Capcom will die Vorgeschichte des Dämonenjägers erzählen.
Das ist per se nicht schlecht, denn die Serie braucht frischen Wind. Und die Idee, die Vorgeschichte des halbdämonischen Dämonenjägers zu erzählen, ist ebenfalls gut – nur leider gibt es dazu bisher kaum konkrete Hinweise. Fest steht, dass Dante als Charakter rückwirkend modernisiert, also visuell auf heutige Bedürfnisse angepasst wird: Die Haare kurz, das Outfit leger. Aber seine saucoole Art wird ihn dennoch über Ottonormaljustinbieber hinaus heben: In einer Szene springt der splitterfasernackte Jüngling aus dem Bett in seine bereits fliegende Jeans, während eine zufällig vorbei schwebende Pizza rechtzeitig sein Gemächt bedeckt – das geht sonst nur in einem Pepsispot.
Also keine Bange: Die coole Sau bleibt er auch ohne weißes Haar im modernen Look, zumal man in einer Szene all die tiefroten Narben auf seinem Rücken sieht. Aber was richtig neugierig macht, ist das Prinzip der überlappenden Welten. In diesem Abenteuer kann Dante in einem Moment in der Gegenwart über eine Straße laufen, aber plötzlich kann sich durch ein Ereignis die Welt der Dämonen (Limbus) öffnen und sich wie eine orangerote Hülle darüber legen – dann verändern sich zwar einige Kulissen auf höllische Art, aber während man gegen skurrile Monstren kämpft, erkennt man immer noch die Schatten der gewöhnlichen Menschen, die wie schwarze Fragmente an einem vorbei huschen; eine gute
Ereignisse aus der Anderwelt wirken sich auf die Gegenwart aus - u.a. in den Nachrichten.
Idee.
Das Artdesign wirkt im Vergleich zu früheren Abenteuern zwar bunter, fast schon farbenfroh und grell, aber dadurch nicht etwa harmloser – im Gegenteil: Die Wucht der Verwandlung fader Häuserfassaden hin zu glühenden Gassen oder die surreale Verzerrung von engen Fluren, deren Wände sich biegen und winden, sorgt für wesentlich intensivere Momente. Ninja Theory gehört ohnehin zu den kreativen Entwicklern, was die Umsetzung künstlerischer Visionen in die Spielrealität angeht. Deshalb mache ich mir stilistisch keine Sorgen. Aber wird man auch inhaltlich mehr bieten können als bisher? Vielleicht über die Wechselwirkung zwischen den Welten.