Augapfel gegen Plug-in?
Irgendwo auf dem Mars im Jahr 2160. Die Erde ist bereits nuklearer Sternenstaub. Treffen sich ein Hacker und ein Cyborg. Sagt der Hacker: "Interessantes Plug-In, das du hast. Kann ich es haben?" RobM60 fixiert die freche Biomasse mit seinem Stahlblick und erwidert: "Interessanter Augapfel den du hast. Kann ich den haben?"
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Alles fängt so beschaulich an: An den freien Stellen des Hauptquartiers könnt ihr eure Gebäude bauen - eine Art Legoprinzip. |
Ich hab geschmunzelt. Und das nicht nur ein mal, sondern fast immer, wenn mein Feldzug vom witzigen Smalltalk der NPCs aufgelockert wurde. Moment - NPCs? Keine Angst: Wir befinden uns nicht in einem Rollen-, sondern immer noch in einem Aufbaustrategiespiel, und die diskutierenden Herrschaften nennen sich genau genommen "virtuelle Agenten". Sie werden Anfang Juni als animierte Porträts Kontakt mit euch aufnehmen. Zwar nicht immer ganz lippensynchron, aber dafür mit überzeugenden deutschen Stimmen - die Lokalisierung hinterließ einen sehr guten Eindruck.
Natürlich geht es auch in Earth 2160 um das klassische Dreigestirn aus Rohstoffabbau, Basisbau und Kampf. Und natürlich besteht der Alltag hauptsächlich darin, genug Wasser, Erz oder Kristalle zu sammeln, um den Machtbereich der Eurasian Dynasty (ED), der United Civilized States (UCS), der Lunar Corporation (LC) oder der geheimnisvollen Aliens durch kluge Eroberungen zu erweitern. Aber diese neuen käuflichen Helfer verleihen dem Spiel fast schon so etwas wie eine lebendige Partyinteraktion à la
Star Wars: Knights of the Old Republic . Und so ganz hinkt der Rollenspielvergleich nicht, denn euer Hauptheld besitzt ein Inventar, kann Waffen und Rüstungen wechseln sowie Bomben legen und Heilpakte nutzen. Sowohl in der Kampagne als auch im Skirmish könnt ihr dann bis zu drei von insgesamt zwölf skurrilen Agenten gleichzeitig unter Vertrag nehmen - darunter Mediziner, Killer, Söldner, Spione, Wissenschaftler und sogar Priester.
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Schlacht im Canyon: Während unsere Raketenwerfern von hinten feuern, versucht die Infanterie vorne ihr Glück. |
Zicken und Protzer
Untereinander wird dann nicht nur herrlich offen gezickt, geflirtet und gestichelt, sondern eure Werte bekommen einen effektiven Schub: Es gibt Agenten, die eure Ernte- und Forschungszeit spürbar beschleunigen; es gibt welche, die gezielt feindliche Agenten abwerben; es gibt welche, die eure Truppen heilen oder auch welche, die einen mächtigen Panzer oder ein UFO ins Feld führen oder jene, die komplett den Basisbau bzw. die technologische Entwicklung für euch übernehmen. Und da sich die Völker in Earth 2160 ohnehin sehr unterschiedlich spielen, was Rohstoffbedarf, Basisbau und Kampf angeht, kann man ausgiebig experimentieren. Nur als Spieler der Aliens wird man auf die virtuellen Agenten verzichten müssen.
Für alle anderen könnte sich folgende Situation ergeben: Ihr schickt die Truppen in den Kampf, während die Basis komfortabel von einem Agenten verwaltet wird - ihr verschwendet für das Mikromanagement keine Sekunde mehr! Allerdings tauchen diese Agenten wie Spielkarten zufällig auf und ihr könnt sie euch nicht einfach aussuchen. Wen nehmt ihr an? Wen lehnt ihr ab? Gerade Multiplayerschlachten werden damit um eine ungewisse Note bereichert - zumal die Söldner nach dem Vertragsende frech nachfragen, ob ihr ihre Hilfe weiter in Anspruch nehmen wollt. Wer auf die Agenten keine Lust hat, kann sich allerdings auch ohne sie auf den 16 Karten austoben. Im Skirmish stehen vier Siegbedingungen zur Wahl: alle Gebäude zerstören, einen Helden töten, friedfertiger Beginn mit Countdown zum Krieg sowie Onkel Sam - ein Modus, in welchem ihr ständig Rohstoffnachschub bekommt.
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Zwischensequenzen werden alle in Spielgrafik inszeniert - und die kann sich sehen lassen. |
Prächtiger Mars
Aber nicht nur bei den Agenten zeigt sich, dass das polnische Team sehr viel Innovation und Herzblut in den Nachfolger des mittlerweile knapp fünf Jahre alten Kultspiels gepumpt hat. Schon der erste Blick auf die Kulisse offenbart eine Pracht, die derzeit seinesgleichen sucht und Titel wie
Perimeter oder
Ground Control 2 locker in den Schatten stellt: Der rote Planet wird mal von sanften Höhenzügen, mal von tiefen Schluchten zerfurcht, während Wolken über den Himmel rasen.
Sandstürme rauben euch die Sicht und der fließende Tag- und Nachtwechsel taucht die Landschaft mal in gleißend helle, mal in schattig kühle Farben. Es gibt sowohl natürlichen Nebel als auch eine Art Elektrosmog, der den Nebel des Krieges darstellt. Und die Echtzeitschatten wandern mit dem Sonnenstand um Objekte herum. Kurzum: Der Mars sieht schon friedlich fantastisch aus. Wenn dann erst Laser und Raketen loslegen, gibt`s eine silvesterreife Partikelparty mit sternförmigen Rauchfontänen…