Die Hölle unter dem Herrenhaus
Der Fall des Hauses Usher war ja schon ein unheimlicher. Aber was die Red Hook Studios unter ihrem verfluchten Herrenhaus veranstalten, nimmt schnell höllische Züge an: Denn kaum hat man im heroischen Eifer die Gewölbe unter dem uralten Familiensitz betreten, wird man von Fallen, Skeletten, Dämonen & Co attackiert. Okay, das kennt man. Aber was man in gewöhnlichen Dungeon-Crawlern mal eben mit Schwert und Magie in die Schranken weist, sorgt hier schon in den ersten Gefechten für miese Blutungen, Nahtoderfahrungen oder gar Wahnsinn in zig Formen.
Links die eigene Gruppe, rechts die Monster.
Dabei laufen die rundenbasierten Gefechte zunächst sehr simpel ab: Links die eigene vierköpfige Gruppe mit klassischen Rollen vom Heiler über den Schurken bis zum Paladin, rechts die Monster. Je nach Initiative darf man dann diverse Hiebe, Schüsse, Bomben oder Zauber wirken, die eigene Helden stärken oder zig Effekte von der Blendung bis zur Vergiftung verursachen. So weit, so gewöhnlich in schlichter 2D-Kulisse. Aber schon die Inszenierung sorgt dank des markanten Artdesigns für morbide Dark-Fantasy-Atmosphäre. Und die lebt vor allem vom charismatischen Sprecher, der mal mit pathetischen, mal süffisanten Kommentaren fast wie ein Dungeon Master für Stimmung sorgt.
Erst Stress, dann Wahnsinn
Der "Plague Doctor" und sein Charakterschirm. Es gibt zehn Klassen in Darkest Dungeon, vom "Highwayman" über den "Jester" bis zum "Bounty Hunter".
Auch das Licht spielt eine Rolle: Je dunkler es in einem Raum ist, desto härter sind die Feinde, was theoretisch fettere Beute, aber praktisch mehr Probleme verspricht. Wer dem etwas vorbeugen will, kann Fackeln einsetzen.
Noch wichtiger als die Helligkeit ist die Psyche: In Darkest Dungeon geht es nicht nur um Lebenspunkte und Schaden, sondern auch um die geistige Verfassung. Endlich gibt es mal ein Spiel, in dem Charaktere auf ihre Umwelt reagieren! Dazu gehören subtile Kommentare wie etwa ein Genervtes "Muss ich schon wieder in den Dungeon?", aber auch regelrechte Ausraster.
Immer dann, wenn der Stresslevel eines Helden zu hoch ist, dargestellt durch eine helle Leiste, brechen seine Psychosen aus - das kann z.B. Untotenangst, Kleptomanie, Satanophobie oder Paranoia sein, so dass ein Kämpfer seinen eigenen Leuten nicht mehr traut. Jede Figur in der vierköpfigen Party hat teilweise mehrere Macken wie Gier, Sadismus oder Alkoholismus, die in der Charakterkarte aufgelistet werden und die
In der Stadtansicht kann man weitere Gebäude freischalten und ausbauen.
sich je nach Situation negativ auswirken. Vom Angriff auf eigene Leute bis hin zur totalen Lethargie - oder, noch cooler: Sie nerven die eigenen Leute, so dass deren Stresslevel steigt. Schmeißt man sie raus oder hält man das bis zum Ausgang aus? Manche Charaktere können auch nur schlecht zusammen kämpfen, weil sie sich einfach nicht leiden können.
Das Fatale ist: Wer stirbt, ist im wahrsten Sinne auf ewig verloren - denn tote Helden landen auf dem Friedhof. Will man seinen über drei Dungeons hochgezüchteten Kreuzritter wirklich verlieren? Mit dieser Gnadenlosigkeit sorgt ein kritischer Treffer im letzten Raum natürlich für wesentlich mehr Nervenkitzel. Also ist man sehr bemüht, sich um die Ausrüstung und Gesundheit seiner Gruppe zu kümmern. Hier kommt neben dem Kampf das Aufbauen von Infrastruktur hinzu, denn man kann in der Stadtansicht nicht nur einkaufen, sondern auch in den Erholungsaspekt von Tavernen oder Abteien investieren - dort können geplagte Helden dann ihren Stress abbauen.