Redseliger Hausherr
Dort entzieht man sich auch der totalen Überwachung des Hausherren, der sich in seinem Labor verschanzt hat und Aktionen des Spielers immer wieder gerne kommentiert: So fordert Jindosh mich über sein Lautsprechersystem z.B. dazu auf, das Versteckspiel zu beenden oder kann sich einen sarkastischen Kommentar nicht verkneifen, wenn ich selbst unbewaffnete Menschen wie den Butler absteche. Auch weist er immer wieder gerne darauf hin, wie sehr es ihn schmerzt, wenn ich seine Clockwork Soldiers in ihre Einzelteile zerlege. Steht man ihm endlich persönlich gegenüber, fällt der „Bosskampf“ aber etwas zu einfach aus, wenn man entsprechend gewappnet ist. Insgesamt hinterlässt die KI einen recht guten Eindruck - sowohl was ihre Aufmerksamkeit als auch ihre kämpferischen Fähigkeiten angeht. Allerdings sind Skripte wie Patrouillen-Wege recht schnell durchschaut und manchmal scheinen sie ebenfalls über eine besondere Gabe zu verfügen, denn es gab die eine oder andere Situation, in der sie mich schon entdeckt hatten, bevor überhaupt ein direkter Sichtkontakt bestand.
Das Maschinenhaus ist eine unfassbare Konstruktion.
Wie im ersten Teil darf man auch hier wieder eine ganze Menge Zeugs aufsammeln und auch ausgeschaltete Gegner nach Beute durchsuchen. Dazu zählen u.a. Munition, benötigte Schlüssel oder – ganz wichtig – Tränke, mit denen man entweder seine Gesundheit oder magische Fähigkeiten durch einen kräftigen Schluck regenerieren kann. Aber so schön es auch ist, mit Corvo und Emily zwei spielbare Charaktere zu haben: Die Unterschiede halten sich sehr in Grenzen, auch wenn beide individuelle Spezialfähigkeiten haben. So ist z.B. nur Emily in der Lage, mehrere Gegner zu markieren und ihre Angriffe dadurch automatisch auf die anderen Widersacher zu übertragen. Es sieht schon klasse aus, wenn man sein Gegenüber einen Kopf kürzer macht und die anderen markierten Feine kurz darauf ebenfalls zusammensacken. Trotzdem spielen sich beide Figuren zu ähnlich und auch in den Dialogen muss man die Unterschiede mit der Lupe suchen. Bleibt zu hoffen, dass es im fertigen Spiel etwas differenzierter zugeht und manche Bereiche z.B. nur mit einem der beiden Protagonisten zugänglich sind – es würde auch den Wiederspielwert erhöhen, um die Küstenstadt Kamaca ein weiteres Mal zu erforschen und Emilys Thron in Dunwall von der wahnsinnigen Hexe zurück zu erobern.
Mäßig präsentierte Infoflut
Mit Wachleuten muss man sich ebenfalls wieder herumschlagen...oder sie clever umgehen.
Einblicke in die Story, Figuren und Spielwelt liefern nicht nur vereinzelte Zwischensequenzen, sondern eine Vielzahl an sammelbaren Dokumenten und anderen Fundstücken, in denen man förmlich mit Text erschlagen wird. Genau wie bei Quantum Break & Co habe ich auch hier das Gefühl, es ist etwas zu viel des Guten, weil diese häufigen Lesepausen den Spielfluss stören. Lässt man die Dokumente links liegen, kommt man schnell in einen tollen Flow aus Nah- und Fernkampf, kombiniert mit dem Einsatz von Fähigkeiten oder spannenden Schleichmomenten. Wer will da zwischendurch halbe Romane lesen? Hinzu kommt die billige Aufmachung dieser Textboxen, die damit im starken Kontrast zum fantastischen Artdesign stehen, welches das Auge erfreut. Wie es besser geht, zeigt z.B. Gone Home, wo Zeitungsartikel oder Briefe auch grafisch dargestellt werden. Eine solche Aufbereitung würde den aktuell noch mäßigen Lesespaß jedenfalls spürbar aufwerten und eher dazu motivieren, die Texte zu konsumieren.
(Zu) mächtige Macht?
Ein großer Kritikpunkt des Vorgängers könnte ebenfalls bestehen bleiben: Zwar war der Schwierigkeitsgrad der Demo etwas niedriger angesetzt und in manchen Situationen – insbesondere bei Auseinandersetzungen mit den unfreundlichen Blechkameraden - kam man trotzdem schon ordentlich ins Schwitzen. Trotzdem bleibt die Befürchtung, dass man angesichts der überlegenen Fähigkeiten wieder zu schnell zu mächtig werden könnte. Ob es tatsächlich so kommt, wird man freilich erst im fertigen Spiel sehen, aber erste Tendenzen zur „Übermacht“ waren bereits beim Anspielen zu erkennen. Ich bin gespannt...