Vorschau: Sea of Solitude (Adventure)

von Jörg Luibl



Sea of Solitude: Modernes Märchen in Berlin
Modernes Märchen
Entwickler:
Release:
05.07.2019
05.07.2019
04.03.2021
05.07.2019
Erhältlich: Digital (PSN, Xbox Store, Steam)
Erhältlich: Digital (PSN, Xbox Store, Steam)
Erhältlich: Digital (Nintendo eShop), Einzelhandel
Erhältlich: Digital (PSN, Xbox Store, Steam)
Spielinfo Bilder Videos
Es gibt nicht viele Spiele aus Deutschland mit einem außergewöhnlichen Konzept - Sea of Solitude gehört sicher dazu. Cornelia Geppert will in diesem Abenteuer ihre Lebensgeschichte mit allen Ängsten und Rückschlägen verarbeiten. Ihr Berliner Team von Jo-Mei präsentierte es zum ersten Mal vor drei Jahren, bevor es Teil von EA Originals wurde, einem Förderprogramm für Independent-Entwicklungen. Wir haben einen Blick auf das fast fertige Spiel geworfen, das am 5. Juli für PC, PS4 und Xbox One zum Preis von 20 Euro erscheint.


Schwarze Seele auf der Suche

Wer ist hier eigentlich das Monster? Wie ein schwarzer Schatten bewegt sich ein Mädchen durch die überflutete Stadt, während ihre Augen rot funkeln. Man erkennt bis auf einen orangen Rucksack keine Kleidung, lediglich ihre schlanke Kontur. Sie heißt Kay und ist auf der Suche. Aber nach was? Was treibt sie auf ihrem Boot oder zu Fuß durch dieses fiktive Berlin? Warum erkundet sie wie ein verirrtes Wesen die Kanäle, Brücken und Straßen?

Weil sie einsam ist. Sie ist so schrecklich einsam, dass sie sich selbst vergessen hat. Aber sie sucht Verwandlung, indem sie sich ihrer Vergangenheit mutig stellt. Denn so idyllisch dieses Berlin in seinen Pastellfarben scheint, verbergen sich hinter den
Das fiktive Berlin kann idyllisch aussehen...
Das fiktive Berlin kann idyllisch aussehen...
Fassaden mit der teilweise authentischen Architektur alle nur vorstellbaren Ängste. Und die manifestieren sich in riesigen Monstern, die plötzlich auftauchen und in ihrem Design an so manche Kreaturen der Ghibli-Zeichentrickfilme wie Chihiro erinnern. Sie zischen ihre Vorwürfe wie Dämonen heraus und wirken überaus bedrohlich.

Ghibli lässt grüßen

Ähnlich wie in den Filmen von Hayao Miyazaki wechseln sich das Idyllische und Groteske, das Gemütliche und das Beängstigende auch in der Struktur des Spieldesigns ab. Man erkundet in Schulterperspektive so lange die düsteren Abschnitte mit ihrem miesen Wetter und lauernden Monstern, bis man die Ursache der Verdunkelung gefunden hat. Dabei handelt es sich um leuchtende Kerne, die von schwarzen Nebelschwaden umhüllt werden. Diese kann man wie ein Ghostbuster in den Rucksack aufsaugen, um so etwas zu befreien - dann strahlt die Umgebung z.B. wieder in hellen Farben.
...aber es gibt auch eine dunkle Seite mit riesigen Monstern.
...aber es gibt auch eine dunkle Seite mit riesigen Monstern.
Dabei folgt sie zunächst einer mysteriösen goldenen Gestalt, mit der sie über sich und die Welt diskutiert - übrigens auf Englisch mit optionalen deutschen Untertiteln. Trotz der Berliner Wurzeln und Motive haben sich die Entwickler dazu entschlossen, das Spiel nicht komplett zu lokalisieren.

Noch bleibt abzuwarten, inwiefern die vielen Motive und Symbole zu einem erzählerischen Ganzen führen und ob der spielerische Anspruch noch steigt. Zu Beginn kann Kay im Boot herum schippern sowie an Land rennen, klettern und springen. Außerdem kann sie Licht wie eine Art Fackel werfen, um Bereiche vor sich aufzuhellen und muss auch aktiv ausweichen, sonst wird sie von so manchem Monster gefressen. Trotzdem steht dieser Titel eher in der Tradition der interaktiven Erzählspiele als jener der klassischen Action-Adventure.
 

AUSBLICK



Sea of Solitude wirkt schon im Einstieg wie ein modernes Märchen. Aber es scheint kein kitschiges à la Disney zu sein, sondern eines in der Tradition der Gebrüder Grimm, in dem die Monster ihre Zähne zeigen und Symbole für einen tieferen Sinn sorgen. Die ersten Erkundungen mit Kay wirken ästhetisch überaus souverän, so manche Wechsel zwischen Idylle und Gefahr sowie das Monsterdesign erinnern ein wenig an die Zeichentrickfilme der Ghibli Studios. Und vor allem wird erzählerische Neugier geweckt, denn jede Begegnung mit einer der Kreaturen erzählt etwas über den Kampf der Heldin gegen ihre Einsamkeit. Ein Spiel zu designen, das so offensiv mit den eigenen Ängsten und Rückschlägen umgeht, erfordert viel Mut. Titel wie Actual Sunlight, Papo & Yo oder Hellblade haben auf ganz unterschiedliche Art gezeigt, dass dieses Medium auch ernste Geschichten meistern kann. Ich bin sehr gespannt, wie sich dieses Abenteuer über die nächsten Stunden entwickelt.

Einschätzung: gut

Kommentare

lichtpunkt schrieb am
Und die Leute die gleich behaupten "Ja gerade WEGEN den vielen Touristen werden native english speaker eingestellt die kein Wort Deutsch können" sei mal gesagt: Die Städte eines Landes sind kein Freizeitpark mit Attraktionen für ausländische Gäste. Sie sind in erster Linie Orte in denen sich eine Gesellschaft zum leben und arbeiten konzentriert. Klar, dass eine kann man mit dem anderen schon Mal verwechseln. Darum gibt es ja diese irrige Annahme es wäre völlig legitim für das 100% Wohlbefinden der Touristen für ein entsprechendes Ambiente zu sorgen und sich einen Scheiß um die Bedürfnisse der tatsächlichen Einwohner zu scheren, die die Infrastruktur bereitstellen und Wohnraum bezahlen ohne die dieser Freizeitpark nicht funktionieren würde.
lichtpunkt schrieb am
Ryan2k6 hat geschrieben: ?24.06.2019 15:14 Wenn man in Berlin mal in der Friedrichstraße shoppen geht, trifft man auch VerkäuferInnen, die nur englisch sprechen, das ist da normal.
Jo, gibt es auch in manchen Cafes/Restaurants in Berlin. Ich finde dass sollte man geflissentlich ignorieren und die Leute einfach prinzipiell betont auf deutsch zutexten. Und wenn sie es nicht verstehen, lachen, abwinken und den Laden wieder verlassen. Das muss man sich mal reinziehen. In der deutschen(!) Hauptstadt(!) wird bevorzugt englisch unter Deutschen gesprochen. Den Witz daran verstehen elitäre Berliner Hipster natürlich nicht, die Verleugnung kultureller Identität wird ja gerne als "weltoffen" romantisiert. Ich sehe diese bewusste Abgrenzung als Peinlichkeit zum fremdschämen. Selbst Amerikaner, mit ihrem mit der Muttermilch aufgesogenen Patriotismus (zugegebenermaßen ist der auch überkandidelt), würden darüber den Kopf schütteln, wenn man denen das erzählt. Natürlich ist es etwas anderes sich mit Touristen(!) auf Englisch zu verständigen - die gibt es ja in Berlin zum Leidwesen vieler Anwohner zur Genüge.
Usul schrieb am
lichtpunkt hat geschrieben: ?08.07.2019 14:48Ne unheilige Mischung aus beidem. Ich bin im übrigen, nicht nur gebürtiger Berliner, sondern auch Entwickler und kenne die elitäre Ansicht vieler Kollegen, eine meiner Lieblingsaussagen (mehrfach in unterschiedlichen Variationen gehört) "Wer Englisch nicht kann, den kann man nicht ernst nehmen!"
Geil sind auch Meetings die auf Englisch abgehalten werden, obwohl 19 von 20 Teilnehmern Deutsche sind und nur EINER US Amerikaner/Brite.
Selbstverständlich sind nur wir Deutschen so derart überbescheuert höflich und müssen uns in Massen verbiegen damit einer sich nicht bequemen muss. Natürlich braucht man sich nicht fragen ob das auch umgekehrt in amerikanischen Institutionen gilt.
Weitere Beispiele?
Ich bekomme bald einen neuen Kollegen. Dieser ist schon zig Jahre in Deutschland und kann deutsch nur brockenweise. Warum? Weil an der Uni jeder mit ihm ausnahmslos Englisch gesprochen hat. Keine Frage, dass er in Deutschland sesshaft sein will und nun massive Probleme außerhalb der "elitären Bildungskreise" bekommen wird.
Schön ist auch die Arroganz der Amerikaner, wenn sie sich darüber echauffieren, wenn ein ausländischer Politiker des englischen nicht vollumfänglich mächtig ist. Als ob die meisten Amerikaner überhaupt in der Lage sind eine einzige europäische Fremdsprache auf mehr als Grundniveau zu beherrschen. Ihr führender Kopf bekommt ja nicht mal zusammenhängende Sätze aus mehr als 5 Wörtern in seiner eigenen Muttersprache raus ohne die irgendwo abzulesen.
Ja, Englisch ist notwendig. Sie ist auch mit Recht Weltsprache. Aber, meine Güte, sie ist nicht der "heilige Graal der Kommunikation" und Menschen sind nicht sozial besser oder intellektuell höher gestellt mit guten Englischkenntnissen.
Mich kotzt dieser Hype um die Sprache schon lange an, über den Leute versuchen sich zu definieren und besser zu stellen.
Und genau darum verurteile ich Leute die allen Englisch mit Gewalt überhelfen wollen. Der genaue Grund (finanzielle...
lichtpunkt schrieb am
Usul hat geschrieben: ?22.06.2019 16:21
lichtpunkt hat geschrieben: ?22.06.2019 08:46Aber BITTE das Spiel spielt nicht in London oder New York, sondern in BERLIN. Von einem deutschen Team entwickelt. Da ich selbst gebürtiger Berliner bin und dementsprechend viel Berliner Verwandtschaft und Freunde habe, bin ich mit der Einstellung vieler Berliner zu solchen Themen bestens vertraut. Ausgerechnet Englisch ist eine der langweiligsten und variationsärmsten Sprachen der Welt. Nur aus diesem Grund wird Englisch global so akzeptiert. Es ist leicht zu lernen, selbst von Maschinen lassen sich englische Texte am besten nahezu fehlerfrei analysieren. Die Leute die englisch also als schöne und wohlklingende Sprache bezeichnen, sind entweder nicht eloquent genug um ihre eigene Sprache in ihren Feinheiten zu begreifen oder sie sind wie von mir oben beschrieben.
Das sind ziemliche viele Worte, die meines Erachtens nicht viel aussagen. Deine Theorien über Berliner und die englische Sprache klingen ja toll, aber was glaubst du ist wahrscheinlicher: Daß die Entwickler cool sein wollen und daher das Spiel nur mit englischer Sprachausgabe rausbringen, aber mit deutschen Texten? Oder daß es einfach eine Kostenfrage ist?
Ne unheilige Mischung aus beidem. Ich bin im übrigen, nicht nur gebürtiger Berliner, sondern auch Entwickler und kenne die elitäre Ansicht vieler Kollegen, eine meiner Lieblingsaussagen (mehrfach in unterschiedlichen Variationen gehört) "Wer Englisch nicht kann, den kann man nicht ernst nehmen!"
Geil sind auch Meetings die auf Englisch abgehalten werden, obwohl 19 von 20 Teilnehmern Deutsche sind und nur EINER US Amerikaner/Brite.
Selbstverständlich sind nur wir Deutschen so derart überbescheuert höflich und müssen uns in Massen verbiegen damit einer sich nicht bequemen muss. Natürlich braucht man sich nicht fragen ob das auch umgekehrt in amerikanischen Institutionen gilt.
Weitere Beispiele?
Ich bekomme bald einen neuen Kollegen. Dieser ist schon zig Jahre in...
johndoe711686 schrieb am
Wenn man in Berlin mal in der Friedrichstraße shoppen geht, trifft man auch VerkäuferInnen, die nur englisch sprechen, das ist da normal.
schrieb am