Vorschau: Scarlet Nexus (Rollenspiel)

von Matthias Schmid



Scarlet Nexus: Cyberpunk in Neo Tokio; Demo veröffentlicht
Cyberpunk in Neo Tokio
Release:
25.06.2021
25.06.2021
25.06.2021
25.06.2021
25.06.2021
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In gut vier Wochen erscheint Namcos nächster Streich: Scarlet Nexus. Wir konnten das Action-Rollenspiel bereits ausgiebig Probe spielen - und sind nach dem Griff zum Controller eine ganze Spur zurückhaltender als noch beim Anblick der Trailer. Warum das so ist, soll Thema dieser Vorschau sein.

Anspiel-Zeit!

Schon in wenigen Tagen dürfen Xbox-Spieler mittels einer Demo in die Welt von Scarlet Nexus abtauchen, eine Woche später sind auch PlayStation-Besitzer dran. Ich hatte bereits das Vergnügen, mehrere Stunden habe ich die PC-Fassung über den Streaming-Dienst Shadow gespielt - und nun einen deutlich tieferen Einblick gewonnen als noch bei meiner letzten Vorschau im August 2020. Und was soll ich sagen? Meine Vorfreude auf den Titel hat einen Dämpfer erhalten. Meine Begeisterung für das Design der Others genannten Bestien, für den eigentümlichen Grafikstil der Welt und die Idee, dass es eine Art Wettervorhersage dafür gibt, wo als demnächst Monster auftauchen, ist ungebrochen - doch das Kämpfen selbst und die Präsentation der Geschichte erwiesen sich in den ersten Stunden weniger vielversprechend als ich erhofft hatte. Doch der Reihe nach…

Die Geschichte wird mithilfe solcher Standbild-Dialoge vorangetrieben - das wirkt etwas, als hätte das Budget nicht für "echte Sequenzen" gereicht.
Die Geschichte wird mit solchen Standbild-Dialogen vorangetrieben - das wirkt, als hätte das Budget nicht für echte Sequenzen gereicht.
Ich entscheide mich zum Spielstart für die Kadettin Randall Kasane, die ihre Karriere in den OSF-Streitkräften beginnt - das sind die Truppen, die sich dem Kampf gegen die Others verschworen haben, damit der Rest der Bevölkerung im Land New Himuka einigermaßen unbesorgt leben kann. Schon der Ersteindruck beim Schlendern durch die Metropole Yuoh City ist ambivalent: Die Stadt sieht cool aus, der Grafikstil vor allem der Hintergründe schwankt zwischen Pastell-Tönen und Cel-Shading, überall aus den Betonfassaden ragen Kabel, die Kulissen vereinen elegantes Sci-Fi mit schmuddeligem Cyberpunk. Gleichzeitig darf ich mich aber nur auf wenigen Gehwegen und Gassen frei bewegen, Gespräche mit Passanten laufen in schnöden Textboxen ab. Meine Spielfigur Kasane finde ich ganz sympathisch, ihre ältere Schwester Naomi, die ebenfalls bei der OSF anfängt, hat aber Nerv-Potenzial: Mit ihrer Piepsstimme wirkt sie wie ein laufendes Anime-Klischee - und dann himmelt sie auch noch schamvoll den männlichen Musterkadetten an, während sie natürlich nicht merkt, dass sein etwas weniger cooler Kumpel voll auf sie steht. Auch der Rest der Truppe wirkt auf den ersten Blick nicht sehr geistreich: Da sind zum Beispiel der überhebliche Mister Oberschlau, der für meine Figur nur Verachtung übrig hat, oder die latent scharfe Ausbilderin in ihrer viel zu engen Uniform...

Die Macht der Gedanken

Das Design der Welt und der Kreaturen ist cool - aber rein technisch wirkt Scarlet Nexus nur wie ein ordentliche Xbox-One bzw. PS4-Spiel.
Das Design der Welt und der Kreaturen ist cool - aber rein technisch wirkt Scarlet Nexus nur wie ein ordentliches Xbox-One- bzw. PS4-Spiel.
Nach einem knappen Tutorial gehen die ersten Kämpfe locker von der Hand, verleiten aber auch nicht zu Begeisterungsstümren: Man haut mit zweierlei Nahkampfattacken zu, die Wucht und Trefferfeedback eklatant vermissen lassen. Dazu gesellen sich simple Knopfkombos, die meine Telekinese-Leiste schneller füllen. Mit der Kraft der Gedanken ziehe ich dann Gegenstände wie Müllcontainer oder Autos aus der Umgebung heran und schleudere sie auf Feinde. Ein perfekt getimtes Ausweichmanöver sorgt für Unverwundbarkeit, die aber extrem kurz anhält und mir in den bisherigen Fights nur wenig genutzt hat. Etwas besser, dynamischer und druckvoller werden die Auseinandersetzugen, als nach zwei, drei Stunden eine „Charge Attack“ oder der „Enemy Crush Gauge“ für besonders kräftige Finisher dazukommen. Außerdem erleichert ein Telekinese-Feld das Werfen von mehreren Dinge gleichzeitig, alternativ mache ich mich kurzfristig unverwundbar, um dickere Brocken zu umkurven und ihnen dann in den Rücken zu fallen. Reizvoll ist die Option, Spezialfähigkeiten meiner Party-Mitglieder zu nutzen - und so z.B. die Wucht meiner Attacken zu verdoppeln; nach einer kurzen Cooldown-Zeit kann ich derlei Sachen erneut auslösen.

Dass Scarlet Nexus deutlich mehr in Richtung Rollenspiel als Action-Adventure tendiert, zeigen nicht nur die vielen Dialoge und das Auswählen von Party-Mitgliedern vor dem nächsten Einsatz: Es gibt auch spezielle Missionen, mit denen man die Bande zu einem bestimmten Mitglied verbessern kann, und einen Team-Treffpunkt, wo ich mich mit meinen Kollegen plaudere, Geschenke verteile und nebenbei meine HP-Leiste wieder fülle. Im stylischen Menü sehe ich nicht nur Lebenenergie, Kampfkraft, Psycho-Fähigkeiten & Co., sondern kann auch Outfits ändern oder die bei Levelaufstieg erworbenen Brain-Punkte verwenden, um meine Statuswerte zu verbessern. Wieder zurück in der Action kämpfe ich mich mit einem Kollegen durch Industrieruinen und eine Baustelle - die räumlich überschaubaren Areale mit so manchen Treppen und engen Gängen erinnern mich in puncto Aufbau an NieR Automata. Beim Boss beiße ich ein, zwei Mal ins Gras bis ich den Dreh raus habe, wie ich einen mächtigen Stahlträger mit Geisteskraft aus der Verankerung reiße und auf die Rübe des schrägen Monsters krachen lasse. Auch diese Auseinandersetzung geht in Ordnung, so richtig Lust aufs Kämpfen oder Ausprobieren diverser Taktiken macht das aber alles noch nicht.

Die Kämpfe gegen größere Brocken gehören inszenatorisch bisher zu den Highlights -
Die Kämpfe gegen größere Brocken gehören inszenatorisch bisher zu den Highlights.
Spannender finde ich am Ende meines Probespiels die Figurenkonstellation und den Weltentwurf - was ich am Anfang tatsächlich noch nicht gedacht hatte. Die Persönlichkeit von Kasanes Schwester hat nicht nur nervige Aspekte und ich bin gespannt wie sich die Beziehung zu den anderen Teammitgliedern plus den schon verdienten OSF-Generälen entwickelt. Außerdem möchte ich wissen, was wirklich in der Welt passiert: Ständig umschwirren mich Mediendrohnen bei meinen Einsätzen und Kämpfen, die der Bevölkerung in Nachrichtensendungen dann zeigen, wie toll die OSF ihr Leben schützt. Wie funktioniert dieser Staat, welche Rolle spielt die OSF-Armee mit ihren Kadetten, die vielfach aus verdienten Adelsfamilien kommen? Und sind diese schrägen Others-Kreaturen wirklich unbeseelte Monster, deren Auftauchen sich wie ein aufziehendes Gewitter auf einer Wetterkarte vorhersagen lässt?
 

AUSBLICK



Spannend finde ich Scarlet Nexus noch immer - das Beziehungsgeflecht der Kadetten in der seltsamen OSF-Armee weckt mein Interesse, ebenso der politische Hintergrund in der Welt von New Himuka. Auch das Design der Städte und Monster hat es mir angetan: die schmuddeligen Kulissen pendeln zwischen dem Beton-Brutalismus einer Ostblock-Metropole und einem Cyber-Tokio. Leider finde ich das Kämpfen gegen die coolen Others-Wesen bisher unbefriedigend. Mir fehlt eine wuchtige Rückmeldung meiner Angriffe, auch empfinde ich das Zusammenspiel von Nahkampfattacken und Telekinese-Würfen als wenig intuitiv und flüssig. Die fortgeschrittenen Techniken, die am Ende meines Probespiels dazukamen, lassen mir allerdings die Hoffnung, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist. Die Story-Präsentation und ich werden jedoch wohl keine großen Freunde mehr: Ich finde es schwach, dass die meisten Gespräche in zwar stylischen, aber doch viel zu statischen Standbild-Sequenzen ablaufen, dazu kommen unbelebte NPC-Ölgötzen in den Straßen der Stadt, die nur in Dialogboxen mit mir plaudern wollen.

Einschätzung: befriedigend  
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Kommentare

Swar schrieb am
Nach der Xbox Series Version, habe ich vorhin die PS5 Fassung gespielt und sie unter 30 Minuten geschafft, mein guter Ersteindruck, hat sich jetzt verfestigt, ich denke ein Releasekauf ist drinnen.
Todesglubsch hat geschrieben: ?28.05.2021 12:50 - Grafisch isses ja ganz hübsch.
Ich würde mal sagen zweckmäßig, aber die aufploppenden Details bei der PS5 und Series Version fallen schon ins Auge.
Todesglubsch hat geschrieben: ?28.05.2021 12:50 - Im Kampf fehlt mir noch komplett die Übersicht, bzw. hab ne Reizüberflutung. Schätze da kann man sich aber noch reinfriemeln, bzw. es ist sicherlich nicht hilfreich, dass man in der Demo hier direkt mit nem kompletten Trupp reingeworfen wird.
Ist mir beim ersten Mal auch so ergangen, aber die Demo kann man ja, so oft spielen wie man will (Hallo Village) und nach ein paar Runden, hat man den Dreh raus.
Todesglubsch hat geschrieben: ?28.05.2021 12:50 - Die Karten sind leider die üblichen Schlauchwege mit Arenen-Knubbeln. Kann sein, dass das in der Vollversion anders ist, aber hinsichtlich der anderen Spiele von dem Team würde ich nicht davon ausgehen. Mapdesign war noch nie Bamcos Stärke.
Ich denke diese Schlauchlevels werden in der Vollversion nicht anders aussehen, ich persönlich finde das nicht schlimm, besser als eine tote Open World.
Todesglubsch hat geschrieben: ?28.05.2021 12:50 - Bei der Telekinese hätte ich ne Steuerung wie in Control bevorzugt, also R2 um was hochzuheben und dann loslassen um es zu werfen. So wie's aktuell ist, drückt man ja einmal R2 und der anvisierte Gegner bekommt was auf die Omme.
Wenn man die R2 Taste voll drückt, schmeißt Kasane automatisch etwas auf die Feinde, beim kurzen Tastendruck, hebt sie ein Objekt nur an und lässt es wieder fallen. Außerderm kann man, die Steuerung im Hauptmenü individuell anpassen, ich habe mich aber bisher nicht so stark damit beschäftigt.
Todesglubsch schrieb am
So, jetzt kann ich auch mal meinen Ketchup dazu beitragen:
- Grafisch isses ja ganz hübsch.
- Im Kampf fehlt mir noch komplett die Übersicht, bzw. hab ne Reizüberflutung. Schätze da kann man sich aber noch reinfriemeln, bzw. es ist sicherlich nicht hilfreich, dass man in der Demo hier direkt mit nem kompletten Trupp reingeworfen wird.
- Das Trefferfeedback ist gerade noch so in Ordnung, aber ja, etwas mehr reagieren könnten die Gegner schon.
Gleiches gilt für meinen Charakter: Gegner im Fokus werden irgendwie nur halbherzig angegriffen und ich schlag schonmal ins Leere, bis sich mein Char bequemt sich umzudrehen. Betrifft mehr den Herren als die Dame.
- Die Karten sind leider die üblichen Schlauchwege mit Arenen-Knubbeln. Kann sein, dass das in der Vollversion anders ist, aber hinsichtlich der anderen Spiele von dem Team würde ich nicht davon ausgehen. Mapdesign war noch nie Bamcos Stärke.
- Die Präsentation der Zwischensequenzen, aka der sinnlosen Labereien, tja. Könnte besser sein. Könnte schlechter sein. Für JRPG-Verhältnisse kann man es als stylisch bezeichnen, für allgemeine Verhältnisse hingegen altbacken. Sucht euch was aus.
- Bei der Telekinese hätte ich ne Steuerung wie in Control bevorzugt, also R2 um was hochzuheben und dann loslassen um es zu werfen. So wie's aktuell ist, drückt man ja einmal R2 und der anvisierte Gegner bekommt was auf die Omme.
Befürchtungen die ich habe:
> Eventuell kaum Abwechslung bezüglich der Gebiete (Häuserschlucht, Häuserschlucht, obligatorische Steinschlucht, blaue Häuserschlucht, Code Vein lässt grüßen)
> Kampfsystem schnell aus der Puste
> Bamco-typischer Grind für optionale Inhalte / Platin-Trophäe
> Story bei der merklich was rausgeschnitten wurde (Code Vein und Zestiria lässt grüßen)
> Zu viele Nebencharaktere, sodass sie im Grunde nur wandelnde Zahlenwerte sind und keine Charaktere (die Demo hatte ja schon 9?)
> Das obligatorische Bikini-Kostüm gibt's nur gegen Echtgeldzahlung
Psycake schrieb am
Hamurator hat geschrieben: ?25.05.2021 17:51 Klingt plausibel, ist aber dennoch schade. Vor allem, wenn man NieR Automata daneben stellt, das trotz eines eher kleinen Budgets viel runder wirkt. Ja, das Level Design ist darin trockener, aber es funktioniert für mich dennoch besser als das, was ich bislang von Scarlet Nexus gesehen habe.
Ja, das kann ich verstehen und Inszenierung ist natürlich für viele auch ein wichtiger Faktor. Ich hoffe, dass mein vorigen Kommentare dir ne Vorstellung geben konnten, warum ich mich trotzdem auf das Spiel freue.
Noch mehr hoffe ich aber, dass dich das Spiel auf andere Weise überzeugen kann. Vielleicht das Kampfsystem, vielleicht die Charaktere oder einfach das Setting.
Falls du die Möglichkeit hast, probiere doch mal die Demo aus. Vielleicht findest du ja trotzdem etwas, dass dich dann hookt. ^^
Hamurator schrieb am
Psycake hat geschrieben: ?24.05.2021 18:28
Ich glaube, in diesem Fall ist es tatsächlich so, dass Bamco vermutlich eher Budget in Tales of Arise steckt als in Scarlet Nexus. Und ich schätze mal, es liegt ohnehin mehr Fokus auf den westlichen Titeln oder jenen, die dem westlichen Geschmack entsprechen. Ist halt nen Teufelskreis. Japanische Nischenspiele haben weniger Aufmerksamkeit, daher kriegen sie weniger Budget, die Inszenierung ist nicht auf dem neuesten Standard, daher bekommen sie weniger Aufmerskamkeit und so weiter.
Klingt plausibel, ist aber dennoch schade. Vor allem, wenn man NieR Automata daneben stellt, das trotz eines eher kleinen Budgets viel runder wirkt. Ja, das Level Design ist darin trockener, aber es funktioniert für mich dennoch besser als das, was ich bislang von Scarlet Nexus gesehen habe.
Psycake schrieb am
Todesglubsch hat geschrieben: ?25.05.2021 00:55
Swar hat geschrieben: ?24.05.2021 23:19 Diese kurzen animierten Unterhaltungen erinnern mich an ein Visual Novel.
Und die finde ich ja schrecklich, u.a. wegen der Gummiband-Unterhaltung, ich nenn das einfach mal so.
Dummes konstruiertes Beispiel:
"Oh Mann, ich liebe Kartoffeln!"
- "Ach, ist ja toll!"
-- "Essen ist fertig! Es gibt Kartoffeln!"
"Juchuh!!!!"
- (innerer Monolog) "Hm?! Warum freut er sich denn so? Ach ja!"
(Rückblende) "Oh Mann, ich liebe Kartoffeln!"
- "Stimmt ja! Er liebt Kartoffeln!"
Und schwupps, schon sind drei Mangaalben und zwei Anime-Staffeln fertig, ohne, dass irgendwas passiert ist, weil alles in die Länge gezogen und drölfzig mal erklärt wird. :D
In Tales kommt sowas nicht so extrem vor, dafür hatten wir in Berseria Löffellore. Sprich: Dinge wurden immer erst dann eingeführt, wenn sie für den Plot relevant waren. z.B. das wichtige Schiffswrack das vor der Küste gesunken ist - von dem erzählen die NPCs "zufälligerweise" erst fünf Minuten bevor wir ebenso zufällig die Überreste an Deck angeln.
Ich glaube, ich habe einfach schon zu viele JRPGs gezockt und Anime gesehen, denn sowas fällt mir entweder nicht auf oder stört mich null. Ist einfach zu sehr in meiner DNA drin. Anders sieht es bei mir z.B. mit Musicalnummern aus. Ich kann mir absolut keinen alten Disneyfilm mehr anfangen, denn sobald jemand dort zu plärren anfängt, bin ich raus. Ich meine, einige der Songs sind echte Ohrwürmer, aber bei der Tatsache, dass eine halbe Stadt plötzlich den Text eines LIedes im Kopf hat und dann im Einklang singt und tanzt, kann ich mir nicht geben. Cringe hoch zehn.
Die "Löffellore" kann ich Berseria verzeihen, da es ansonsten eine fantastische Rachegeschichte erzählt.
Und apropos Rachestory: Mir fällt da eine aus westlichen Gefilden ein, bei der sich die Charaktere auch in einigen Situationen gerade so verhalten haben, dass auf Gedeih und Verderb eine Geschichte zustande kam. ^^
schrieb am