Vorschau: Final Fantasy 16 (Rollenspiel)

von Boris Connemann



Final Fantasy 16: Kampf der Titanen
Kampf der Titanen
Entwickler:
Publisher: Square Enix
Release:
2023
22.06.2023
Jetzt kaufen
ab 39,07€
Spielinfo Bilder Videos
Im Rahmen einer einstündigen Hands-On-Präsentation lud Entwickler Square Enix nach London ein, um erste Spieleindrücke des kommenden Rollenspiels Final Fantasy 16 zu vermitteln. Auf der PlayStation 5, für die das Epos exklusiv erscheint, konnten wir eine Runde mit der neuen Hauptfigur drehen, Teile seiner Geschichte erfahren und erstmals Zeuge der fulminant-explosiven Eikons-Schlägereien werden.

Final 15 spaltet die Fans


Final Fantasy 15 war das erste Haupt-Spiel der Reihe, das die rundenbasierten Scharmützel mit Gegnern über den Haufen warf und stattdessen auf ein Echtzeitkampfsystem setzte. Das Experiment ist allerdings nur halb aufgegangen – zu hektisch, stellenweise schlecht steuerbar und wahllos gerieten die Kloppereien der ganz in schwarz gekleideten Boyband-Abziehbilder. Etliche Fans waren verstimmt, die Echtzeit-Kämpfe standen nicht selten im Zentrum der Kritik, auch Setting und Spielwelt waren der Meinung einiger nach nicht genug "Final Fantasy". Die Entwickler von Square Enix haben diese Kritik zur Kenntnis und sich teilweise auch zu Herzen genommen. Aber wer in diesem riesigen Entwickler-Pool, der den Japanern zur Verfügung steht, wäre in der Lage, das Beste aus beiden Welten in einem neuen Spiel der Reihe zusammenzubringen?

Clive Rosfield und sein treuer Begleiter Torgal.
Clive Rosfield und sein treuer Begleiter Torgal.
Also erstens das Echtzeitkampfsystem beibehalten und zweitens wieder die heißgeliebte, mystische Atmosphäre und das epische Ausmaß der erzählten Geschichte erschaffen? Die Antwort lag nach der Wiedergeburt von Final Fantasy 14 durch Produzent Naoki Yoshida auf der Hand: Der Mann atmet und versteht die Marke wie kaum ein Zweiter und wurde nicht zuletzt aus diesem Grund damit beauftragt, die Produktion von Final Fantasy 16 zu steuern und zu überwachen. Für die Glättung und absolute Perfektionierung des Echtzeitkampfsystems wurde kurzerhand Ryota Suzuki von Capcom abgeworben, er war zuletzt für die Balgereien in Devil May Cry 5 hauptverantwortlich. Sechseinhalb Jahre später wartet der Anspiel-Termin...

Die Apokalypse naht


Die Welt von Valisthea sieht sich am Abgrund. Aufgeteilt in fünf Reiche mit eigener Herrschaft, verlassen sich Obrigkeit und Bewohner auf die Kraft riesiger Kristalle, die nahe der zentralen Gebäude unwirklich aus der Tiefe gen Himmel wachsen. Dank ihrer Kraft können sich die Menschen in Sicherheit wiegen und ein Leben in Wohlstand genießen. Doch die Macht der Kristalle schwindet, als sich eine bedrohliche Dunkelheit über die Reiche legt. Langsam, aber sicher macht sich unter den lange als Einheit agierenden Reichen Neid und Missgunst breit, denn natürlich will keiner der letzte sein, wenn es darum geht, den verbleibenden Segen der Kristalle für sich zu beanspruchen. Doch welches Königreich kann den Kampf gewinnen? Da wäre das Herzogtum von Rosaria, das heilige Reich Sanbreque, die Dalmekhanische Republik, das Eiserne Königreich oder das isolierte Königreich Waloed. Jeder Herrscher einer jeden Enklave verfügt über die einzigartige Fähigkeit, Eikons im Kampf herbeizurufen.

Das sind gigantische, extrem mächtige Wesen, welche die Größe, Stellung und den Erfolg des eigenen Königreichs sichern sollen. Nach einem feigen Angriff auf die friedlichen Rosarianer durch ein erbarmungsloses Heer blutdürstiger Soldaten, fällt der noch junge Königssohn. Nun liegt es an seinem älteren Bruder Clive, den sinnlosen Tod zu rächen. Noch ahnt er nicht, dass der einzige Ausweg sein wird, die Königreiche wieder zu einen, denn er hat genug mit sich selbst zu tun. Der Grund: Er ist nun der einzige Herrscher, der eben nicht in der Lage ist, einen titanischen Helfer zu beschwören.

Am Anfang war die Rache


Die Ausgangslage des Szenarios von Final Fantasy 16 könnte kaum düsterer sein und kaum mehr an Game of Thrones erinnern, was auch vom mittelalterlichen Setting des neuen Spiels unterstrichen wird. Hauptfigur Clive bewegt sich dabei in einer halboffenen Spielwelt, jedes Königreich ist ein großes Gebiet mit teils atemberaubenden Ausblicken auf die verschiedenen Landstriche, Bauten, Dörfer und Städte. Hier kann der Spieler frei umherstreifen und wird dabei zu Entdeckungstouren und Kämpfen eingeladen. Immer an der Seite des jungen, auf Rache sinnenden Helden ist Hund Torgal, der auch im Kampf die Zähne sprechen lässt und seinem Herrchen auf Knopfdruck zur Seite springt. In der Anspielversion gab es zwei verschiedene Spiel-Szenarien: Besonders überraschend ist die Tatsache, dass die normalen Keilereien mit Soldaten und vielen aus der Serie bekannten Monstern ganz klar von den epischen Schlachten der Eikons untereinander getrennt sind, was zunächst befremdlich, dann aber sehr logisch und durchdacht wirkt.

Clive kann zwar selber keine Superbiester herbeirufen, er verfügt aber über die Gabe, sich das Element ihrer
Clive kann im Kampf auf verschiedene Zauber zurückgreifen.
Clive kann im Kampf auf verschiedene Zauber zurückgreifen.
Attacken zu eigen zu machen. In der gezeigten Preview-Version hat der Thronfolger bereits mehrere Talente gelernt und kann diese im Kampf ganz einfach zwischen die verschiedenen Attacken per Schwert einflechten. Ein Druck auf L2 genügt, ein dann eingeblendetes Menü zeigt an, auf welchem Face-Button Blitz-, Eis-, Feuer- und Erdmagie warten, um dem Gegner einen krachenden Zauber einzuschenken. Die ersten Schritte standen in einem von Soldaten und Magiern überrannten Schloss bei Nacht auf dem Plan: An der Seite eines treuen Freundes zeigt Clive hier eindrucksvoll, was das Kampfsystem zu bieten hat – und es erinnert von Optik, Ablauf und Geschwindigkeit wirklich sehr an Devil May Cry 5, ohne dabei zu vergessen, dass es sich hier um ein Final Fantasy handelt.

Keinen Bock auf Stress?


Neben dem Austeilen steht natürlich auch das (Nicht-) Einstecken ganz oben auf der Agenda des jungen Helden: Einfach den Angriff des Gegners lesen und dann blitzschnell in der richtigen Sekunde parieren. Zack! Schon bekommt der Aggressor noch eine zusätzliche Schelle, wenn der Parry-Move geklappt hat. Doch den Entwicklern ist klar, dass diese und weitere Mechaniken so manchen Spielern, die nicht mit insektenartigen Reflexen gesegnet sind, ziemlich sauer aufstoßen und ihnen das Spiel vermiesen könnten. Aus diesem Grund wurden fünf verschiedene Ringe in den Spielablauf implementiert, jeder bietet beim Anlegen die Möglichkeit, bestimmte Manöver maximal zu entschärfen. Da wäre zum Beispiel der Ring, der den blitzschnellen Konter in ein Mini-Quick-Event verwandelt, das dem Spieler deutlich weniger Reaktionsgeschwindigkeit abverlangt.

So entsteht auch für ungeübte im Kampf ein schöner Flow, der Erfolgserlebnisse einfacher greifbar macht. Überhaupt ist die stark cineastische Inszenierung der Kämpfe zwar sicher Geschmackssache, schick anzusehen, ist sie in jedem Fall. Schnelle Schnitte und veränderte Kameraperspektiven mit sehr beeindruckend dargestellten, filmreifen Kontern, Angriffen und Blocks machen aus jedem Kampf faszinierend choreografiertes Blitzlichtgewitter, ohne dem Spieler das Gefühl zu geben, nur eine Sequenz abzuspulen, auf die man wenig Einfluss hat. Weitere Ringe, die im Spielverlauf angelegt werden können, sorgen unter anderem für einen automatisch eingestreuten Angriff des treuen Vierbeiners und weitere Annehmlichkeiten. Die Entwickler betonen allerdings, dass der Spieler auch komplett auf den Einsatz der Hilfsringe verzichten kann – der Schwierigkeitsgrad ist also für jeden stufenlos anpassbar.

Wehe, wenn sie losgelassen…


Wenn Ifrit mit Garuda den Boden aufwischt, droht der Bildschirm zu bersten.
Wenn Ifrit mit Garuda den Boden aufwischt, droht der Bildschirm zu bersten.
Sind die Kämpfe Mann gegen Monster schon eine befriedigende Erfahrung, wird es richtig spannend, wenn es um die Inszenierung der epischen Eikon-Schlachten geht. Wie erwähnt, sind diese getrennt vom eigentlichen Kampfgeschehen und dermaßen sorgfältig durchchoreografiert, dass man sich ungläubig mit der flachen Hand auf die Oberschenkel klatscht. Im Spielverlauf gibt es über zwanzig dieser Kaiju-Fights, die unweigerlich an Filme und Serien wie Pacific Rim, Godzilla, Dragon Ball Z oder Naruto erinnern. Der Spieler kontrolliert dabei ein Monster, wie etwa Ifrit oder Shiva, und tritt im gezeigten Fall gegen Odin oder Titan an. Die Angriffs-Manöver aus dem normalen Kampf kommen mit dem Einsatz eines leichten oder schweren Schlags oder eines Zaubers hier ebenfalls zum Einsatz.

Da die Eikons aber über derart unfassbare Kraft und Macht verfügen, gibt das eine oder andere, geschickt eingestreute Quick-Time-Event den Entwicklern die Möglichkeit, die Wucht dieser mystischen Riesenmonster eindrucksvoll unter Beweis zu stellen. Die Feuerkugel von Ifrit säbelt im Anflug auf den Gegner mal eben den kompletten Schwarzwald weg, beim Aufschlag wirft es den Titanen mit solch einer Wucht nach hinten, dass sich auch die, in tausend Felsbrocken zerspringende, Zugspitze gleich mit verabschieden darf. Der Auftritt der Summons war noch niemals spannender und zugleich krachender und wütender. Die Trennung dieser Kämpfe und den normalen Kämpfen mit der Spielfigur passt sehr gut in den Spielverlauf und gibt den riesigen Ungetümen endlich die Bühne, die sie schon lange verdient haben.
 

AUSBLICK



Natürlich war die knappe Stunde, die wir von Final Fantasy 16 kosten durften, in keinem Fall ausreichend, um eine vollwertige Einschätzung abgeben zu können. Was absolut klasse funktioniert, sind die Echtzeit-Kämpfe, die nun endlich gut kontrollierbar, die Fähigkeiten gezielt einsetzbar sind. Besonders die bildschirmfüllenden Riesen-Monster-Fights hat man zumindest in dieser Form noch niemals gesehen. Wie viel Abwechslung im gesamten Spielverlauf dabei letztlich herauskommt, ist anhand der Preview-Version schwer zu beurteilen. Das gilt auch für die Optik: Klar, die Figuren sind fein und detailreich gezeichnet, ein in nächtliches Licht getauchtes Schloss gibt allerdings wenig Spielraum, um alle Aspekte des Sich-Bewegens in der offenen Welt zu beurteilen. Die Partikel- und Lichteffekte sind hübsch und zahlreich, auch die Zwischensequenzen, die sich nahtlos in den Spielverlauf einfügen, zeugen von hoher optischer Güte und lassen endlich wieder die typische Stimmung aufkommen, die ein Spiel der Reihe maßgeblich trägt. Ein wenig Sorge bereitet mir der Umstand, dass mit Final Fantasy 16 eben nicht nur langjährige Fans, sondern auch Neueinsteiger so gut es geht abgeholt und zum Kauf animiert werden möchten. Das unrühmliche Everybody’s-Darling-Syndrom zeigt ein Final Fantasy, das einfach so vielen Spielern wie möglich gefallen und sie ans Gamepad fesseln soll. In der gezeigten Stunde hat das hervorragend funktioniert, ob man auch nach 50 Stunden und mehr die gleiche Begeisterung empfindet, klärt sich am 22. Juni. Dann erscheint Final Fantasy 16 exklusiv für die PlayStation 5. Ob sich die Anschaffung für euch lohnt, lest ihr mindestens einen Tag vorher bei uns im großen Test.

Einschätzung:
gut
Final Fantasy 16 ab 39,07€ bei kaufen
Final Fantasy 16 ab 39,07€ bei kaufen

Kommentare

BMTH93 schrieb am
Rabidgames hat geschrieben: ?02.03.2023 08:24
BMTH93 hat geschrieben: ?01.03.2023 22:01 Schade, dass sich FF immer mehr in Richtung Action-Adventure entwickelt. Was würde ich für dafür geben ein rundenbasiertes Rollenspiel mit heutiger Technik und einer guten Story spielen zu können. Vermisse die Zeiten wo man erst mal 10 Minuten drüber nachgedacht hat mit was die Gruppe ausgerüstet wird und ob die Fähigkeiten reichen den nächsten Kampf zu gewinnen.
Wirklich schade welche Richtung FF eingeschlagen hat. Das kommt davon wenn man sich den Mainstream anbiedert und seine Spiele nur nach deren Interessen entwickelt. FromSoftware hat Gott sei Dank das Gegenteil geschafft und den Mainstream dazu ?gezwungen? sich ans Spiel anzupassen.
Chained Echoes schon gespielt?
Grafisch eine andere Hausnummer, klar, aber spielerisch top.
Ja, tolles Spiel. Gameplay und Story von Chained Echos und dazu die Grafik von FF16 wäre zu schön um wahr zu sein.
BMTH93 schrieb am
NoBoJoe hat geschrieben: ?02.03.2023 07:54
BMTH93 hat geschrieben: ?01.03.2023 22:01 Schade, dass sich FF immer mehr in Richtung Action-Adventure entwickelt. Was würde ich für dafür geben ein rundenbasiertes Rollenspiel mit heutiger Technik und einer guten Story spielen zu können. Vermisse die Zeiten wo man erst mal 10 Minuten drüber nachgedacht hat mit was die Gruppe ausgerüstet wird und ob die Fähigkeiten reichen den nächsten Kampf zu gewinnen.
Ich finde, das macht Octopath Traveler 2 ziemlich gut alles. Ist halt "nur" Isoperspektive, finde es aber ein echt gelungenes (J)RPG. Und mit 60 Euro für PS5 fair bepreist, mMn.
Sieht vielversprechend aus. Werde ich mir die Tage mal anschauen. Danke für den Tipp.
AnonymousPHPBB3 schrieb am
Ihr könnt auch mal Sea of Stars anspielen. Gibt zumindest auf der Switch eine Demo und macht einen hervorragenden Eindruck. Erscheint auf für Steam und die Playsi.
NoBoJoe schrieb am
Hab mir das Skillup Video mal angesehen. Und ich gebe zu, die Veränderungen gefallen mir richtig gut.
Ich hab Bock drauf.
Rabidgames schrieb am
BMTH93 hat geschrieben: ?01.03.2023 22:01 Schade, dass sich FF immer mehr in Richtung Action-Adventure entwickelt. Was würde ich für dafür geben ein rundenbasiertes Rollenspiel mit heutiger Technik und einer guten Story spielen zu können. Vermisse die Zeiten wo man erst mal 10 Minuten drüber nachgedacht hat mit was die Gruppe ausgerüstet wird und ob die Fähigkeiten reichen den nächsten Kampf zu gewinnen.
Wirklich schade welche Richtung FF eingeschlagen hat. Das kommt davon wenn man sich den Mainstream anbiedert und seine Spiele nur nach deren Interessen entwickelt. FromSoftware hat Gott sei Dank das Gegenteil geschafft und den Mainstream dazu ?gezwungen? sich ans Spiel anzupassen.
Chained Echoes schon gespielt?
Grafisch eine andere Hausnummer, klar, aber spielerisch top.
schrieb am