Ich steige durch ein Fenster in ein Bauernhaus und will über eine Leiter in den ersten Stock einer Scheune. Schöne Überraschung: Eine dort postierte Wache fegt mich von der Leiter, dieses stille Örtchen war also schon besetzt. Beim nächsten Anlauf – Speichern ist allzeit möglich – bin ich vorbereitet und genieße bald einen guten Blick die Landschaft. Zudem kann ich dort einen Stromgenerator per Sabotage zu einer nervigen Lärmquelle machen – das übertönt meine Schüsse und Feinde können nicht orten, von woher sie angegriffen werden. Kenner der Serie wissen natürlich, dass es dieses Feature schon seit mehreren Serienteilen gibt.
Die Killcam: Jetzt wird der Weg der Projektile durch Organe noch deutlicher dargestellt, sie können sogar an Knochen abprallen.
Auf den ersten Blick wenig Neuerungen gibt es bei der Scharfschützen-Mechanik selbst: Je nach Schwierigkeitsgrad und eingestellten Hilfen geht man unterschiedlich komplex an die Schüsse heran, in unserer Probesession spielten wir mit roter Markierung, die anzeigt, wo das Projektil einschlagen wird, wählten also einen eher arcadigen Ansatz. Die Killcam mit Röntgensicht, von Rebellion zurecht als Aushängeschild der Serie bezeichnet, ist natürlich wieder dabei. Die kann man immer noch geschmacklos finden und natürlich nutzt sich die blutige Effekthascherei nach einer Weile ab. Diesmal wird der Weg des Projektils durch die Organe des Getöteten noch deutlicher abgebildet, zudem wird die Killcam gelegentlich auch bei MG- oder Messer-Kills aktiviert. Erstaunt war ich über die noch recht häufigen Clipping-Fehler und manch spontane Dreifach-Drehung der Körper in der Luft, was dann ziemlich wie Slapstick aussah. Erstaunt deswegen, weil bis zur Veröffentlichung am 26. Mai ja nur noch vier Wochen ins Land ziehen.
Wenig Neuerungen
Beim Blick durchs Zielvisier wechselt Sniper Elite 5 wie seine Vorgänger traditionell vom Third-Person-Blick in die Egosicht.
Der grundsätzliche Mix aus Beobachten, Feinde-Markieren, sich im hohen Gras Verstecken, Laufrouten-Studieren & Co. erinnert stark an Teil 4. Das bedeutet spielerisch nichts Schlechtes, allerdings fragt man sich schon, welche Punkte Rebellion denn nun konkret verbessert hat? Auffällig wird das immerhin beim Terrain und der Beweglichkeit von Fairburne. Der Bursche kann zwar nicht jeden Hügel erklimmen, sich aber elegant über Brüstungen hängen und zu höhergelegenen Fenstern kraxeln. Beim Einstieg in das von Nazis besetzte Schloss erwies sich das denn auch als der Königsweg. Außerdem ist das Gelände, zumindest in dieser Mission, hügeliger und einfach etwas natürlicher angelegt als in den Vorgängern; dazu gibt es viele höhergelegene Punkte, die mir einen guten Überblick verschaffen und es den Feinden schwer machen, Orte zu finden, wo sie vor meinen Kugeln sicher sind.
Vielfältiger sind die Optionen außerhalb der Missionen: Mit erspielter Erfahrung über die Kampagne und den Koop-Modus hinweg, verbessere ich Fairburne in vielen Kategorien. Länger die Luft anhalten, mehr Verbände oder Granaten mitnehmen oder sogar ein Medikit einwerfen, wenn man niedergeschossen wurde. Klingt gut, muss sich aber beweisen – in Sniper Elite 4 erwies sich das Upgrade-System letztlich als fast überflüssig. Klar erweitert im Vergleich zum Vorgänger sind Möglichkeiten, die Waffen zu konfigurieren: Ähnlich wie bei Call of Duty & Co. kann man von der Mündung über das Magazin bis hin zu den Griffen allerlei Einzelteile anschrauben und verändern. Ich bin gespannt, ob das vielleicht auch an Werkbänken innerhalb der Levels möglich sein wird – das fände ich gerade bei einem Schleichspiel praktisch, wenn ich so meine Ausrüstung an die Gegebenheiten anpassen kann, die ich im Feld vorfinde.
Rebellion hat viele Orte in die Sandbox-Levels gepackt, wo Agent Fairburne eine gute Übersicht und trotzdem einen Hauch von Deckung hat.
Grafisch ist Teil 5 auf den ersten (und zweiten) Blick ordentlich detailliert, aber auch bieder – ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie deutlich die Verbesserungen zum Vorgänger ausfallen. Da möchte ich aber die finale Fassung auf meinem 65-Zoll-4K-TV spielen, anstatt das Spiel nach einem gestreamten Anspieltermin schon als olle Grafikkamelle zu verdammen. Im Test gibt es dann auch Eindrücke vom Versus-Modus für bis zu 16 Scharfschützen und den Horde-Scharmützeln gegen anrückende Feindeswellen. Spannend klingt auch das Versprechen einer Invade-Option: Lässt man das zu, kann es sein, dass ein menschlicher Spieler als Scharfschütze der Achsenmächte in die Kampagnenlevels geworfen wird und Jagd auf Fairburne macht; vor allem, wenn man das Spiel kooperativ durchzockt (was wie in Teil 4 möglich ist), stelle ich mir das spannend vor.