Test: Neverwinter Nights 2 (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Neverwinter Nights 2
Publisher: Atari
Release:
31.10.2006
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ab 29,99€
Spielinfo Bilder Videos
Der Winter naht, das trübe Wetter ist schon da und die Tage werden kürzer. Hurra, es ist Rollenspielzeit! Auch wenn sich der Jubel angesichts der mageren Auswahl und der letzten Pleiten in Grenzen halten dürfte, sollte man die Hoffnung auf ein Winterepos nicht aufgeben. Mit Neverwinter Nights 2 meldet sich immerhin ein Klassiker mit komplexem Regelwerk und echtem Partyleben zurück. Hat er den Zauber alter Schule im Gepäck?

D&D-Nostalgie

Melfs Säurepfeil, ein Langeschwert +1 und ein Unsichtbarkeitstrank. Dazu eine Gruppe zickiger Helden, die Schwertküste
Ein Halb-Ork soll es sein? Mit mächtigem Brustkorb und einem Hang zur Zerstörung?
voraus und einen Sack voller Quests auf dem Buckel. Wie lange ist das her? Waren das herrliche Abenteuer! Neverwinter Nights 2 (NN2) weckt gerade zu Beginn all die nostalgischen Gefühle, die Veteranen schnell in die Zeit von Baldur's Gate 1 und 2 (BG1,2), Eiswindtal und wie sie alle heißen zurückversetzen. Sobald das edle Hauptmenü strahlt und die ersten epischen Akkorde aus den Boxen schallen, sieht man sich schon wieder knietief und schwer beladen durch finstere Katakomben waten.

Allerdings nutzte sich das Phänomen der D&D-Fantasy schon damals mit der Zeit ab. Dem Premierenfeuer von BG1 folgte eine regelrechte Flut an Abenteuern, die Schwertküste mutierte innerhalb weniger Jahre zum Mallorca der isometrischen Rollenspielwelt. Die inflationäre Flut an Items, Klischees und ewig gleichen Quests sorgte für eine Übersättigung. Den Tiefpunkt des Genres markierten auch Spiele aus anderen Universen wie Lionheart  oder kürzlich Dungeon Lords

Aber zurück zu den Forgotten Realms: Im Juli 2002 leitete BioWare mit Neverwinter Nights (NN) die Verschmelzung zweier großer Traditionen ein: Pen&Paper-
Schon im Tutorial lernt hier ansehnliche Zauber wie die Vergrößerung kennen: Euer Kumpel wächst gen Himmel.
traf endlich auf PC-Rollenspiel. In einer 3D-Kulisse konnte man entweder dem vorgefertigten Abenteuer der Kanadier folgen oder ganz eigene entwickeln, tauschen und mit Freunden spielen. Nach dem ersten Add-On Neverwinter Nights: Der Schatten von Undernzit (2003), das atmosphärisch und erzählerisch selbst das Original schlug, setzte Neverwinter Nights: Hordes of the Underdark (2004) schon Staub an - schwache Cutscenes, schwache Story, nervige Automatismen.

Charakter nach Maß

Aber all das ist lang her. Als Rollenspieler will man sich gerne von NN2 neu verzaubern lassen. Am Anfang steht die Charaktererschaffung, mit der versierte Kenner und unentschlossene Freaks wie ich schon Stunden zubringen können. Ihr dürft zwar keine ganze Gruppe aus dem Boden stampfen, was unheimlich schade ist, aber später kommen zahlreiche Nebenfiguren hinzu, so dass ihr inklusive beschworener Tiere schon mal mit einem halben Dutzend unterwegs seid. Für
Trotz komplett deutscher Vertonung: Die Zwischenseqeunzen können nicht mit guter Mimik oder Gestik überzeugen.
euren Held bzw. die Heldin könnt ihr zunächst aus dem Vollen des D&D-Genpools schöpfen: Egal ob Zwerg, Halbork, Elf oder Berührter - es gibt genug Auswahl, darunter erstmals Abstufungen wie Goldelfen, Grauzwerge oder Tiefengnome. Von der einfachen Klasse des Kämpfers oder Magiers bis zur Prestigeklasse der Marke "Arkaner Bogenschütze" habt ihr alle Möglichkeiten einen Allrounder oder Spezialisten nach Maß zu schnitzen. Neu dabei sind u.a. der "Schattendieb von Amn" oder der "Duellant".

Wer keine Lust auf das Studium der Attribute, Talente, Fähigkeiten und Boni hat, die auch das aktuelle D&D-Regelwerk 3.5 füllen, darf sich auch mit ein paar Klicks auf die Empfehlungen automatisch ausstatten lassen - diesen Komfort werdet ihr auch später zu schätzen wissen, wenn eure Helden aufsteigen und eine Lawine an Möglichkeiten herabrollt. Übrigens haben sich inhaltlich nur Details verändert: Barden und Hexer dürfen jetzt ohne Malus ein Kettenhemd tragen; die Art der Waffe ist für die Durchschlagskraft entscheidender - alles andere fällt kaum ins Gewicht. Wer mal ein D&D-Abenteuer gespielt hat, wird sich schnell zurechtfinden.

Allerdings solltet ihr spätestens bei den aktiven Talenten wie Spezialschläge der Marke "Kernschuss" oder "heftiger Angriff" sowie den Zaubern selbst eingreifen, denn dort wird manchmal eine unsinnige Auswahl getroffen, die vielleicht im Pen&Paper auf dem Tisch interessant ist, aber in der virtuellen Welt von Maus&Monitor nutzlos verpufft. Festzuhalten bleibt, dass der Reiz der Charakterentwicklung aufgrund des komplexen Geflechts aus Eigenschaften wesentlich größer ist als bei Gothic & Co. Hier kann man sich richtig reinwühlen, bei jedem Aufstieg brüten und die Karriere gezielt planen. Und ihr dürft auch euer Aussehen von der Augenbraue über die Frisur bis hin zur Bartfarbe bestimmen; nur die Statur lässt sich nicht anpassen.
           
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Kommentare

TheLaughingMan schrieb am
Die Mainquest sowie das erste Add-on von NWN 1 waren auch nicht der Teil der mich geflasht hat, sondern die Fan Module. Da waren teilweise richtig gute Sachen dabei. Silberwald - der Ring des Schicksals (was ja leider mit HodU nicht mehr ging), der Bastard von Kosigan, a Dance with Rogues usw...
Von der Originalität und der Story her haben einige von den Modulen so manches Profi Game in die Tasche gesteckt.
Brakiri schrieb am
Shrike hat geschrieben:Mir war das alles lieber als DA 1+2, ja die Teile hatten ihre Macken, aber nichts gravierendes.
Nur das ewige auf und ab hat genervt.
Da gibt es 2 Hauptspiele + 4 Addons und jedes mal wird etwas verbessert, verändert, rausgeworfen, eingebaut und verschlechtert. ^^
Alle 6 haben vollkommen andere Pro und Contras.
In NWN 1 hat mich aber besonders die fehlende Gruppe angekotzt, 1 jämmerlicher Begleiter... =/
Das stimmt, da gabs doch im Laufe der Zeit viele Veränderungen. Manche gut, macnhe weniger gut.
NWN1 hat mich ehrlich gesagt nicht soo gefesselt. Am spannenste fand ich das Addon Hordes of the Underdark für den ersten Teil, und RPG-technisch war Mask of the Betrayer für NWN2 eine schöne Idee. Auch das mal Rashemen als Spielort gewählt wurde fand ich toll, konnte die Schwertküste nicht mehr sehen. ;)
Ich finde grade im Vergleich zu DA merkt man hier sehr stark wie wichtig ein gutes Regelwerk ist. Ja sicher, in der P&P-Welt gibt es bessere Regelwerke als D&D, aber im Vergleich zum platten, schlecht gebalancten und im Kampf völlig unbrauchbaren "Regelwerk" von DA ist D&D ein regeltechnisches Wunderwerk.
Shrike schrieb am
Mir war das alles lieber als DA 1+2, ja die Teile hatten ihre Macken, aber nichts gravierendes.
Nur das ewige auf und ab hat genervt.
Da gibt es 2 Hauptspiele + 4 Addons und jedes mal wird etwas verbessert, verändert, rausgeworfen, eingebaut und verschlechtert. ^^
Alle 6 haben vollkommen andere Pro und Contras.
In NWN 1 hat mich aber besonders die fehlende Gruppe angekotzt, 1 jämmerlicher Begleiter... =/
TheLaughingMan schrieb am
FuerstderSchatten hat geschrieben:
TheLaughingMan hat geschrieben:Für mich war NWN 2 damals eine Riesen Enttäuschung, vermutlich weil ich etwas ähnliche wie Teil 1 erwartet habe. Dazu kamen die abgehackten Animationen, der Riesen Fail mit den Sprachdateien und das sehr umständliche Handling.
Weiß jemand ob es inzwischen ein Modul bzw. einen Hack gibt der die Sachen halbwegs richtet? Dann würde ich eventuell wieder aufspielen, Story und Chars waren nämlich gar nicht so übel...
was für ein riesen Fail mit den Sprachdateien? Das Handling ist eigentlich genau dasselbe wie in NWN 1, nur die Kamera kann man noch freier schwenken.
In Teil 1 war vom Management her alles perfekt mit dem Ringmenü gelöst. Aus irgendeinem Grund wurde das in Teil 2 abgeschafft und mit einer für mich undurchsichtigen Variante ausgetauscht.
Und ich erinnere mich noch (Tag 1 Käufer, habe Teil 1 wirklich gerne gemocht) das die Sprachdateien bei der Character Erschaffung Kraut und Rüben waren. Alles durcheinander. Da schwante mich schon übles. Dazu kamen dann die ziemlich hässlichen Kampfanimationen und eben wie gesagt das beschißene Gruppenmanagement. Wer ist überhaupt auf die Idee gekommen das schöne große Inventar aus dem Vorgänger gegen die Variante mit den winzigen Symbolen einzutauschen? DAS hat mich glaube ich am allermeisten gestört.
Brakiri schrieb am
Naja, Storm of Zehir war ein zweischneidiges Schwert.
Auf der einen Seite war der sehr interessante Handelsansatz, der eigendlich am meisten Spass gemacht hat.
Auf der anderen Seite war die völlig uninteressante Story, die extremen Ladezeiten und viele andere kleine Ärgernisse, die mich manchmal zur Weissglut getrieben haben.
Darunter gehören z.B. das man in einer Ruine die man grade befriedet hat nicht schlafen kann, einen unterwegs ständig Monster angreifen, Loot ist teilweise so schlecht gelegt, dass man garnicht drankommt, ein ganzer Raum ist voller Goldstücke und was kann man aufheben? 20 Gold, einen unmagischen Goldring und 2 kg Lumpen. Darüber hinaus kann man faktisch für das Geld nix kaufen. Es gibt kaum gute Gegenstände und auch den Kram den man findet, der was wert ist einem aber nix bringt, kann man nirgendwo verkaufen. Es gibt viel zu wenig Verkaufsmöglichkeiten und diese haben extrem wenig Geld.
Nach 1 Mio Goldstücken verliert auch der Handelsteil seinen Reiz und das ganze Addon ist eher ein Testballon wie der Handel ankommt, als wirklich ein Rollenspiel-Zusatz.
schrieb am