Test: Star Trek: Encounters (Simulation)

von Benjamin Schmädig



Star Trek: Encounters
Entwickler:
Publisher: Ubisoft
Release:
30.11.2006
Spielinfo Bilder  
"It's a long road, getting from there to here..." Den Titelsong aus Enterprise hört ihr zwar nicht, sein Text ist aber zutreffender denn je. Denn in Star Trek: Encounters seid ihr gleich sechsmal der Kapitän eures eigenen Raumschiffs - einmal in jeder Epoche der Serie. Mit diplomatischen Herausforderungen hat Ubisofts Lizenz-Titel dabei wenig am Hut; stattdessen pulverisiert ihr einen Gegner nach dem nächsten aus den Weiten des Weltalls. Knallige Science Fiction-Action trotz untypischer Prämisse?

Alibi Trek

Abgesehen davon, dass das Prinzip "Herumfliegen und Schießen" mit Star Trek den Namen gemein hat, werden sich Fans der Serie in den Chefsesseln der sechs Raumschiffe kaum zuhause fühlen. Dabei lösen die Zeichen auf dem Papier diesen wohligen "Muss ich haben!"-Reflex aus: Ihr taucht in jede Ära der bekanntesten Science Fiction-Serie aller Zeiten ab und fliegt anders als auf DS und PSP sogar mit Raumschiffen, die so klangvolle Namen wie Enterprise, Defiant oder Voyager tragen. Zusätzlich spendieren die
Keine Frage: Die bekannten Schiffe sehen gut aus.
Entwickler eine Episode namens Sovereign. Zur Erinnerung: So heißt die Raumschiff-Klasse, zu der die Enterprise-E gehört. Mit ihr waren Picard und Co. Auf ihren letzten drei Sternenreisen unterwegs.

Im Gegensatz zum Handheld-Gegenstück Tactical Assault  seid ihr hier sogar mit den aus dem Pantoffelkino bekannten Charakteren unterwegs. Ehrlich gesagt hätten die Entwickler aber genau so gut darauf verzichten können, denn sie sprechen kein Wort, ihr lest nichts über sie und sie treten nicht in Zwischensequenzen auf - wie auch, es gibt ja keine. Kurze Kamerafahrten über den aktuellen Schauplatz sind der Höhepunkt der Inszenierung. Zugegeben, da ist ein William Shatner, der euch jede Einsatzbeschreibung vorliest. Aber Himmel, Bill: Dermaßen monotone Ansagen werden deiner schauspielerischen Erfahrung beileibe nicht gerecht! Eine Synchronisation fehlt leider, dafür lest ihr durchgehend deutsche Texte. Ansonsten bleibt Encounters bis auf Effekte und Kulisse tatsächlich stumm, Jason Graves und Rod Abernethy haben allerdings wie auch für die anderen Star Trek-Titel von Ubisoft einen Soundtrack geschrieben, der die Werke von Jerry Goldsmith zitiert.

Somit fliegt ihr zu orchestraler Musik durch farbenfrohe Sternennebel, an Wrackteilen vorbei und lasst in zweidimensionalen Schlachten das Phaserfeuer tanzen. Zweidimensional? Das muss ein Fehler sein! Nein, ist es nicht. Denn ihr dürft zwar durch einen Druck auf L1 bzw. L2 eine Etage steigen oder sinken, seid ansonsten aber auf eine festgesetzte Ebene gebunden. Das allein zerstört allerdings nicht die Illusion, den Weltraum zu durchkreuzen. Dafür sorgt vielmehr das an den Haaren herbei gezogene Flugverhalten der Raumschiffe. Die sind nämlich so wendig wie Schnellboote der Marke Micro Machines, was im völligen Gegensatz zu ihren Vorbildern steht. Schließlich kann ein Kreuzer der Galaxy-Klasse nicht stehenden Fußes die Richtung wechseln!

Uuuund Action?

Warum sich die Entwickler für diese Steuerung entscheiden haben ist klar: Der PS2-Ausflug ist ein Actionspiel, bei dem es hauptsächlich um heiße Gefechte geht. In diesen wählt ihr eure Waffe (Photonentorpedo, Phaser oder Annäherungsmine), richtet mit dem rechten Stick die Sensoren aus und feuert anschließend in diese Richtung. Drückt ihr vorher R2, schaltet euer Raumschiff die Zielerfassung auf, so dass ihr gezielter schießen und verschiedene Systeme wie Waffen, Schilde oder Antrieb anvisieren könnt. Allerdings ist das Ergebnis ernüchternd: Meist zerstört ihr die Gegner sowieso kurz nachdem ihr das gewünschte System lahm gelegt habt, eine durchdachte Taktik wird dadurch überflüssig. Außerdem dürft ihr nicht direkt wählen, welchen Punkt ihr treffen wollt - die Systeme werden vielmehr automatisch nacheinander durchgeschaltet. In der Hitze des Gefechts ist gezieltes Schießen somit fast unmöglich.

Mitunter müsst ihr allerdings darauf achten, ein feindliches Schiff nur zum Stillstand zu bringen, um es zu entern oder per Traktorstrahl ins Gebiet der Föderation zu schleppen. Was eine Vielzahl an Gegnern meist verhindern will. Das ist besonders unangenehm, wenn das Ziel hinter einem Asteroidengürtel oder Wrackteilen liegt. Ob die Gesteinsbrocken euren Weg blockieren oder ob sich Gegner über bzw. unter eurer Position befinden, seht ihr allerdings nur an dünnen blauen Höhenlinien.
Heiße Action im Star Trek-Universum? Die Gefechte sind zwar unterhaltsam, machen die zähen Aufträge aber auch nicht spannender.
Sobald es richtig zur Sache geht, verabschiedet sich die Übersichtlichkeit sogar vollständig, da ihr dann kaum noch erkennt, wohin ihr fliegen und zielen sollt. Für flotte Action wäre das aber ein Muss gewesen.

All-gegenwärtige Trägheit

Abgesehen davon gibt euch Encounters nicht viel zu tun: Größere Schlachten bieten zwar viel Action und machen für kurze Zeit Laune, aber zwischen den Gefechten verfolgt ihr müßig Warp-Signaturen (eine Spur, die Raumschiffe im Star Trek-All hinterlassen), wobei ihr keinen durchgehenden Faden seht, sondern sporadisch aufblitzende Fährten sucht. Mitunter müsst ihr euch durch feindliches Gebiet "schleichen" - was ihr am besten in den Nebeln tut, wo euch feindliche Schiffe nicht entdecken können. Wenn ihr Glück habt, findet ihr außerdem Crew-Karten, welche die Geschwindigkeit oder Feuerkraft eures Schiffs erhöhen und im Weltraum verstreute Extras stocken euren Munitionsvorrat oder die Energieleiste auf. Damit erübrigt sich euer Tätigkeitsfeld allerdings schon. Wer von den Schlachten nicht genug bekommen kann, darf noch gegen einen Freund oder vom Spiel gesteuerte Widersacher antreten. Auch das gemeinsame Durchpflügen endloser Gegnerwellen ist möglich. Beides hat mich nicht länger als ein paar Minuten bei der Stange gehalten.

Dafür habe ich lange, nein: ewig an den Einsätzen gesessen, denn die mickrigen zwei bis vier Aufträge pro Star Trek-Ära bieten kaum Abwechslung, ziehen sich aber wie Kaugummi. Abspeichern könnt ihr natürlich nur am Ende einer Mission. Wenn es wenigstens eine spannende Geschichte gäbe! Aber zwischen den wenigen Abschnitten wird in kurzen Texten lediglich eine spannungsarme Handlung erzählt, die sich nur lose an den aus Serien und Filmen bekannten Storys orientiert. Apropos: In der Galerie findet ihr nicht einmal Filmszenen oder interessante Hintergrundinformationen. Charakterportraits sowie eine Auflistung der Raumschiffe sind die einzigen Extras. Schade: Star Trek: Encounters funktioniert weder als Auffrischung bekannter Science Fiction-Kost noch als motivierendes Actionspiel.

   

Kommentare

4P|Benjamin schrieb am
shaokahn6 hat geschrieben:Warum zum Teufel denken alle Leute immer, dass Star Trek träge und langsam sein muss? Noch nie Deep Space Nine gesehen? :lol:
Na ja, im Vergleich zu anderen SciFi-Sachen ist selbst die Defiant ne lahme Schnecke. ;-)
Ben
johndoe-freename-72134 schrieb am
Also von den drei Star Trek games Encounters, Tactical Assault und Legacy ist Legacy das beste Game, definitiv. Ich habs für die 360 und das game ist für jeden Trekkie ein Muss. Da haben sich Bethesda Mühe gemacht. Obwohl es auch hier des Öfteren Frust momente gibt...
Warum zum Teufel denken alle Leute immer, dass Star Trek träge und langsam sein muss? Noch nie Deep Space Nine gesehen? :lol:
S-Markt schrieb am
Ich habe es gekauft, weil ich eigentlich ein Spiel im Stil von Heroes of the Pacific erwartet hatte oder eine aufgemotzte Form von Star Trek Shattered Univers erwartet hatte. Mein erster Impuls, als ich das Spiel angeworfen hatte, war zurück damit zum Laden und das Geld wiederholen. Ging aber leider nicht, entgegen meiner Überzeugung hatte ich das Spiel nämlich nicht beim Mediamarkt gekauft (von wegen billig, aber wenigstens nehmen die Spiele zurück, die einem nicht gefallen) sondern bei Medimax. Und wenn die erstmal Dein Geld haben und die Folie ist aufgerissen, ist das Geld futsch.
Die Amis mußten nur 20 Euro dafür hinblättern, ich weiß aber nicht, ob das nicht auch noch zu teuer ist.
Es gibt bessere Spiele für das Geld. Ne Menge!
schrieb am