Zombies kann man wiederum nur endgültig beseitigen, indem man ihnen mit einem Schlag so großen Schaden zufügt, dass sie in Einzelteile zerfallen – Granaten oder Raketen erledigen das naturgemäß am zuverlässigsten. So verfügt jeder Gegner über ein besonderes Merkmal, jede Waffe über spezielle Stärken und aus der neuen Technik, der für id Software typischen präzisen Steuerung sowie dem ebenso markanten wie aufs Wesentliche reduzierten Spieldesign entstand ein Meilenstein, der bis heute nichts von seiner einzigartigen Ausstrahlung und hervorragenden Spielbarkeit verloren hat.
Hinzu kamen Fallen sowie Verstecke, die es in der Form bis dahin nicht gegeben hatte. Schon der höchste Schwierigkeitsgrad befindet sich ja nicht hinter einem der drei normalen Eingänge; vielmehr muss man so durch ein Loch fallen, dass man auf der kleinen Ecke eines Balkens landet, von dem aus der vierte Eingang erst erreichbar ist. Nicht zuletzt gab es in jeder der vier Episoden ein komplettes Level, zu dem man nur dann Zugang erhielt, falls man ein verstecktes Portal fand. Das coolste Bonus-Level ist dabei ein Schauplatz mit so geringer Schwerkraft, dass man nach jedem Sprung sekundenlang schwebt.
Neue Welten
Die komplette erste Episode konnte man zudem kostenlos spielen, weil Quake nicht nur auf herkömmlichem Weg, sondern auch nach dem
Shareware-Prinzip vertrieben wurde. Interessanterweise enden diese ersten acht Level sogar mit einem Bosskampf, der nicht gerade spektakulär ist, aber der einzige des gesamten Spiels bleibt. Bei der abschließende Begegnung mit Shub-Niggurath muss man zwar ein kleines Rätsel lösen, abgesehen davon sind ausgerechnet die letzten Meter auf dem Weg zur Rettung der Welt allerdings kaum der Rede wert.
Im Gegenzug fand ich die offiziellen Erweiterungen Scourge of Armagon und Dissolution of Eternity richtig klasse, weil sie noch ein wenig mehr aus der Technik herauskitzelten, neue Umgebungselemente, Gegner sowie Waffen hinzufügten und mit starken Soundtracks punkteten. Besonders Scourge of Armagon hatte es mir angetan, weil es in den coolen Tech-Kulissen der Quake-Welt spielte, während man im zweiten Add-On fast nur steinerne Mauern sah.
Kein Scherz: Quake sollte mal Rollenspiel sein. Doch John Romeros Spieldesign konnte sich aus verschiedenen Gründen nicht durchsetzen, weshalb er id Software letztlich auch verließ.
Erwähnen muss man nicht zuletzt den großen Kreis an Moddern und Levelbauern, aus dem nicht nur neue Schauplätze für Solisten und Wettkampf-Ranger hevorgingen, sondern auch ganz neue Spiele, allen voran das namhafte
Team Fortress. Nicht zu vergessen außerdem die mithilfe der Quake-Engine entstanden Spiele, darunter ein kleines Abenteuer namens
Half-Life. Was id erschaffen hatte, inspirierte Spielemacher und gab ihnen ein Werkzeug in die Hand, mit dem faszinierende neue Welten entstehen würden.
Wie man sich irren kann
Nur eine Sache konnte ich damals übrigens partout nicht nachvollziehen: Erinnert ich euch an den Zweikampf mit Duke Nukem 3D, das in etwa zur gleichen Zeit erschien? Wie konnte man das dem famosen Quake nur vorziehen?!1 Nichts gegen den Duke samt seiner Anspielungen, erinnerungswürdiger Oneliner und einfallsreicher Waffen. Und ich will ja auch keine alten Wunden aufbrechen. Aber für mich war id Software der Konkurrenz in jedem wirklich wichtigen Punkt meilenweit voraus. Also ehrlich, Leute...1ELF
So reduziert das Spiel auch sein mag: Die befremdlichen Schauplätze, das herausragende Sounddesign und nicht zuletzt auch das morbide Geschehen erzeugten eine intensive, bis heute einzigartige Atmosphäre, die selbst den Nachfolgern in dieser Form fehlte.
Wobei ich mir mit Quake auch selbst einen Fauxpas erlaubt und das bei Erscheinen noch komplett auf Tastatur gespielt habe! Mehr brauchte man ja nicht, als Ego-Shooter – bis Mitte der Neunziger noch flächendeckend als „Doom-Klone“ denunziert – weitgehend zweidimensionale Angelegenheiten waren. Daher hatte ich in Anbetracht der ersten zaghaften Möglichkeiten sich frei umzusehen, also schon vor Quake, erst mal keine Anstalten gemacht, mich auf das Hantieren per Maus einzustellen. Und so stresste ich mich auch noch mit Pfeiltasten und den Tasten für „Seite rauf“ bzw. „runter“ durch den höchsten Schwierigkeitsgrad, bevor ich in den Online-Partien des Nachfolgers endlich auf die Idee kam umzudenken.
Zeitlos
Ich meine, schaut es euch an: Die meisten Tests sind kürzer als dieser Rückblick. Es waren einfach große Zeiten für Ego-Shooter. Fast jeder namhafte Vertreter verschob damals Grenzen, probierte etwas Neues oder brachte die Technik voran – doch selbst unter diesen Meilensteinen ist Quake eine Ausnahmeerscheinung. Denn als id Software den Übergang in die dritte virtuelle Dimension quasi endgültig vollzog, schuf das Studio gleich ein Meisterwerk, das audiovisuell und spielerisch Maßstäbe setzte. Quake erweckte eine fremdartige Anderswelt so eindrucksvoll zum Leben, dass es bis heute weder von Nachahmern noch seinen eigenen Fortsetzungen übertroffen wurde. Es kochte die Formel der schnellen taktischen Action auf das absolute Minimum herunter. Und fand dort eine Essenz, die in ihrer schlichten Brillanz nichts Anderes als zeitlos ist.