I feel the need...
Vollgaaaaaaaaaaas: Bleifuss war bunt, chaotisch, intelligent designt - und vor allem wahnwitzig schnell!
Schnelle Arcade-Racer gibt es schon fast so lange wie die Menschheit interaktive Unterhaltung zu schätzen weiß. Aber aus dem Meer der Raserei tauchen immer wieder Ausnahmetitel auf, die wie keine anderen das Genre für immer verändern - Spiele wie Ridge Racer. Das sorgte nicht nur in der Spielhalle, sondern vor allem auch als Starttitel für die PlayStation für ungläubige Blicke und kaum kontrollierbare Sabberfluten.
Ähnliche Reflexe sollen laut Graffiti-Chef Antonio Farina dafür gesorgt haben, dass der Name ihres neuen Rennspiels im Original »Screamer« lautete - jeder, der die rasend schnelle 3D-Grafik in Bewegung sah, soll vor Begeisterung geschrien haben. Ob das jetzt die Wahrheit oder eine der gern herumerzählten Spieleentwickler-Räuberpistolen ist, sei mal dahingestellt. Denn Recht hatte der Mann trotzdem: Optisch ist Bleifuss (so der aus heutiger Sicht grammatikalisch fragwürdige, aber thematisch den Nagel punktgenau auf den Kopf treffende deutsche Titel) ein Knaller!
Die sechs Levels boten jede Menge thematischer Abwechslung und durften später auch spiegelverkehrt befahren werden.
Okay, mittlerweile vielleicht nicht mehr ganz so durchschlagend wie einst, aber wenn man bedenkt, welche Grafikstandards 1995 herrschten, dann war es verständlich, dass die Konkurrenz beim Anblick der wahnwitzigen SVGA-Bilder der Italiener verzweifelt
»Mamma Mia!« schrie: Kunterbunte, detaillierte, hügelige und sehr abwechslungsreiche Strecken (von der Bergtour durch italienische Städtchen, an der Meeresküste vorbei und durch mächtige Canyons hindurch; später auch spiegelverkehrt) luden zum Staunen ein. Ganz besonders dadurch, dass es Ridge-Racer-typisch jede Menge Hintergrundaktivität gab - Flugzeuge und Helikopter sausten durchs Bild, Video-Leinwände lenkten mit hektischen Bildern ab. Simples Environmental Mapping sorgte für Spiegelungen des Himmels auf den Autoscheiben. Und die Packung log nicht:
»BLEIFUSS ist schnell, sehr schnell!« steht da. Kein Widerspruch meinerseits. Das Ding lief und läuft auch heute noch mit irrsinniger Geschwindigkeit.
Kann das wirklich wahr sein?
Arcade pur: Kurven wollten mit einem männlichen Drift genommen werden.
Natürlich nur, wenn die Hardware mitspielte: Ende 1995 kamen Pentium-Prozessoren gerade in Mode, Bleifuss nutzte diese Extra-Power für den optionalen SVGA-Modus. Da dieses Spiel noch im reinen Software-Modus ohne 3D-Beschleunigung lief (3D-Karten waren noch größtenteils unbekannt; erst die beiden Nachfolger erhielten im Nachhinein Glide-Patches. Na, wer kennt noch Glide?), musste ein wirklich dicker Prozessor her, um die volle 640x480-Pracht darstellen zu können. Die Investition lohnte sich: Im Gegensatz zu der zeitgleich erschienenen EA-Konkurrenz »The Need for Speed«, die auf Pseudo-Realismus setzt, fuhren Graffiti voll auf der Arcade-Schiene: Bunt und verspielt sollte alles sein, damit der Spieler auch bitte ordnungsgemäß aus den Socken hüpfen konnte. Bei mir hat’s geklappt.
»Unterstützt das Thrustmaster-Lenkrad für ultra-realistisches Fahrgefühl« meint die Packung mysteriöserweise. Ja, nee, is klar...