Mehr Simulation als Adventure
Welcher Streifenwagen gehört mir?
Egal ob Leisure Suit Larry, Space Quest oder Zak McKracken: Adventurespiele waren in erster Linie unterhaltsam bis lustig, trotz mancher anspruchsvoller Rätsel. Auf den ersten Blick wirkte Police Quest wie jeder andere Titel aus dem Hause Sierra, denn statt eines komfortablen Point & Click-Systems, wie es Lucasfilm Games mit Maniac Mansion einführte, musste man sich hier noch im Stil von King’s Quest oder Larry mit einem Parser herumplagen und gewünschte Aktionen wie „Open locker“ oder „Shoot gun“ auf der Tastatur eintippen. Erst 1992 wurde das Spiel in einem VGA-Remake modernisiert und die Polizeiarbeit ging neben dem grafischen Fortschritt per Maus deutlich komfortabler von der Hand. Doch einen Vorteil hatte die ganze Geschichte mit der Tipperei: Dank Police Quest vergrößerte sich mein Englischvokabular massiv, denn entweder musste ich ständig Wörter nachschlagen oder führte selbst meine Englischlehrerin mit Fragen wie „Was heißt denn Nightstick auf Deutsch?“ an ihre Wissensgrenzen.
"Ich will Polizist werden"
Wer Police Quest heute spielen möchte, wird auf Gog.com fündig: Dort bekommt man für knapp zehn Euro gleich die komplette Kollektion mit den Teilen 1-4. Die erste Episode ist jedoch nur in der VGA-Version enthalten.
Adventurespiele sind witzig? Ja, aber das galt für Police Quest (und die Nachfolger) nur eingeschränkt, denn zum einen war die Jagd auf den Drogenboss und Mörder Jessie Banes bis auf wenige eingestreute Gags thematisch sehr ernst und zum anderen stand das korrekte Procedere im Dienst ganz oben auf der Liste, wenn man den Fall lösen wollte. Da galt es u.a. staubtrocken Formulare auszufüllen und wer seine Waffe vor dem Gang ins Gefängnis nicht regelgerecht im Schließfach deponierte, bekam das Fehlverhalten mit einem Game Over-Bildschirm quittiert - aber zumindest meist kreativ. So griff der Häftling noch vor seinem Verhör Sonnys Pistole und erschoss ihn. Auch Verkehrskontrollen mussten Schritt für Schritt nach Lehrbuch ausgeführt werden - in der Anleitung fand sich sogar eine Liste mit echten Polizei-Codes, damit man den originalgetreuen (& codeverseuchten) Funkverkehr kapiert. Nein, Police Quest war für mich nie ein klassisches Adventure - es war echte Arbeit und ich würde es aufgrund seiner Komplexität sogar als Polizeisimulation bezeichnen. Tatsächlich wurde das Spiel wegen seines hohen Realismusgrades in der Ausbildung von echten Cops eingesetzt, um Fehler zu vermeiden und deren Konsequenzen vor Augen geführt zu bekommen. Die Detailverliebtheit überrascht nicht, denn Jim Walls - der Mann hinter Police Quest - war vorher selbst jahrelang als Polizist im Einsatz.
Lytton Vice
Das VGA-Remake sieht nicht nur besser aus, sondern lässt sich auch komfortabler steuern.
Ich glaube, ich bin 1000 Tode gestorben - Möglichkeiten für Fehler gab es mehr als genug. Ein weiteres Problem war der Parser, der meine Eingaben oft nicht verstehen konnte oder wollte. Auf der anderen Seite konnte man herrlich experimentieren, was zwischendurch immer wieder für Lacher und bizarre Situationen sorgte, wenn man z.B. die attraktive Raserin anbaggerte. Trotz seines hohen Frustpotenzials hinsichtlich Fehlern und Verständigungsproblemen hat mich Police Quest als eines meiner ersten „richtigen“ Computerspiele unglaublich gereizt. Da war zum einen die Faszination, einen so präzisen Einblick in den Beruf eines Polizisten und all seine Facetten zu bekommen. Wer wollte als kleiner Junge nicht mal ein Cop werden? Und zum anderen war da dieser spannende Krimi im Hintergrund, bei dem man selbst die Hauptrolle spielte - wenn auch nur als kleines Pixelmännchen, bei dem man zusammen mit der groben Kulisse schon viel Fantasie aufbringen musste, um in der Welt zu versinken. War man z.B. im Streifenwagen unterwegs, wurde dieser in der Draufsicht nur als ein kleiner Strich dargestellt. Doch all das wurde zweitrangig, wenn man mit hohen Puls einen Verdächtigen auf dem Highway verfolgte und aufpassen musste, weder mit der Mauer noch mit anderen Vekehrsteilnehmern zu kollidieren.
Gerade am Anfang ist man viel hinter dem Steuer unterwegs, denn Sonny Bonds verdient seine Brötchen zunächst als einfacher Streifenpolizist in der fiktiven kalifornischen Kleinstadt Lytton, die für ihre Größe eine ungewöhnlich hohe Kriminalitätsrate aufweist. Ein Autounfall, der sich als Mordanschlag entpuppt, sowie ein gestohlenes Auto bringen die Handlung langsam in Fahrt: Anstatt weiter Strafzettel zu verteilen, findet man sich plötzlich mitten in einem Drogenkrieg, in den auch die abhängige Tochter eines Kollegen verwickelt zu sein scheint.