Special: Der große Fußballvergleich (Sport)

von Jörg Luibl



Der große Fußballvergleich


Der große Fußballvergleich: PES 2017 vs. FIFA 17

In drei Teilen werden wir den virtuellen Fußball
von Konami und EA vergleichen. Wir starten mit
Präsentation & Atmosphäre, es folgen Figurenverhalten
sowie Umfang und wir finalisieren den Vergleich
mit der wichtigen Spielmechanik.

Teil 1: PRÄSENTATION & ATMOSPHÄRE (PES : FIFA)
Spieler-Animationen

PES 2017 sieht deutlich harmonischer aus als letztes Jahr - vor allem in den Zweikämpfen: Egal ob Gerempel oder Vollkontakt über Grätschen, gibt es kaum noch Brüche oder Clippings, sondern sehr natürlich wirkende Kollisionen. Hinzu kommen viele neue Abschluss- und vor allem hervorragende Torwartanimationen, so dass es richtig Spaß macht, sich die besser choreografierten Zeitlupen anzusehen. Manche Dribblings wie der Regenbogenschnipser wirken aber immer noch übertrieben zirkusreif und einige Bewegungen zu künstlich. Stichwort: Oberschenkelanimationen beim normalen Gehen.

FIFA 17 sah schon letztes Jahr mit seinen vielen feinen Bewegungs- und Abschlussaktionen richtig gut aus, zumal es harmonischere Übergänge in den Zweikämpfen vom Rempeln bis hin zum Trikotzupfer gab, den man quasi in kleinen Etappen bis zum Foul beobachten kann. Dieses Jahr fällt vor allem der Körperkontakt deutlicher auf: Das neue Abschirmen und Annehmen des Balles (auch aus der Luft sieht das elegant aus!) wird inklusive des Haltens und Schiebens gut inszeniert, aber wirkt manchmal noch etwas statisch. Hinzu kommen ebenfalls einige künstlich wirkende Verrenkungen bei Abschlüssen.

Fangesänge

PES 2017 stagniert im Singsang. Auch wenn man seit PES 2015 ein solides Niveau hinsichtlich der Fangesänge erreicht hat, vermisst man mehr Vielfalt und vor allem mehr dynamisch ans Spielgeschehen angepasste Reaktionen. Auch die Atmosphäre bei den offiziellen Partnern wie Barcelona, Liverpool und Dortmund müsste deutlich markanter sein, was Fangesänge betrifft. Kommt es zu einem Derby im Ruhrgebiet, gibt es  akustisch keine Unterschiede - das darf nicht sein. Schade: Man kann erneut keine Audiodateien importieren; nur auf PS3 ist das möglich.

FIFA 17 stagniert ebenfalls, aber liegt immer noch vorne, was Vielfalt und Masse an Gesang angeht, zumal man hier eben auch die erste und zweite Bundesliga singen hört. Die Stimmung in den Stadien ist richtig gut und auch bei Derbys deutlich spürbar. Und auch ohne offizielle Partnerschaft hört man z.B. mehr Fangesänge beim BVB. Allerdings könnten es vom HSV bis S04 auch mehr Schlachtgesänge sein und die Abstimmung auf die Spielsituation ist nicht immer optimal. Man kann auch hier keine Fangesänge importieren.

Soundeffekte

Eine akustische Stärke ist auch in PES 2017 das Pfeifen, Raunen oder Mitgehen der Zuschauer in heiklen Situationen von Foul bis Tempowechsel. Schön auch, das typische Spanische "Olé" bei Barcelona, wenn man hoch führt und den Ball in Camp Nou laufen lässt. Allerdings entspricht diese Emotion nicht immer dem Spielstand und die Schüsse klingen vor allem im Training alle gleich blechern.

Auch in FIFA 17 klingt das Drumherum gut: Man hört ab und zu das Reinrufen von der Seitenlinie, das Publikum geht auch abseits der Fangesänge in den Situationen mit, so dass sich die Spannung vom Rasen auch akustisch überträgt. Auch Schüsse, Lattentreffer & Co klingen gut. Trotzdem gibt es auch hier einige unpassende oder ganz ausbleibende Zuschauer-Reaktionen, so dass noch Luft nach oben ist.

Spielergesichter

Welcher Aubameyang, Iniesta oder Coutinho sieht realistischer aus? Die in PES 2017. Aber selbst wenn Konami en detail hohe Wiedererkennungswerte vor allem in den Kadern der offiziellen Partner bietet, gibt es auch beim BVB, Liverpool und Barcelona einige Lücken und immer noch lippenasynchrones Singen.

FIFA 17 trifft einige Profis und erstmals auch Trainer wie Klopp, Mourinho & Co sehr gut, obwohl man Arsène Wenger z.B. fast gar nicht erkenn. Trotz neuer Frostbite-Engine wirken die Gesichter insg. zu wachsig, glatt und faltenfrei. Und trotz offizieller Bundesliga-Lizenz erkennt man z.B. beim HSV, Schalke oder Gladbach kaum einen Profi. Unterm Strich zieht FIFA aber aufgrund seiner Vielfalt gleich.

Stadien & Platzdesign

In PES 2017 sieht der Rasen auch in Wiederholungen endlich gut aus! Ich kann erneut drei Längen einstellen, es gibt dynamisch einsetzenden Regen, der sich spürbar auswirkt. Außerdem sehen die Kamerafahrten aus der Vogelperpsektive ins exklusive, nur in PES verfügbare Camp Nou richtig gut aus. Aber trotz einer Aufstockung auf 14 reale und 14 fiktive Stadien, darunter auch Meazza, San Siro und einige südamerikanische Arenen wie das Maracana, vermisst man zum Start noch die beiden Tempel von Liverpool und Dortmund - dass gerade Anfield und Westfalenstadion nicht dabei sind, ist angesichts der offiziellen Partnerschaft sehr ärgerlich; die 30 Stadien werden also erst mit einem Update voll gemacht.

FIFA 17 bietet mehr Wettereffekte wie diesig, neblig, bewölkt und eine bessere Rasenabnutzung. Außerdem wirken die Fans und das Drumherum an der Seite des Platzes lebendiger. Hinzu kommen erneut an die 80 offizielle Stadien aus aller Welt, darunter auch ohne offizielle Partnerschaft z.B. der Signal Iduna Park, dazu die Veltins Arena etc.

Kommentare

Die Kommentare in PES 2017 sind schrecklich schwach. Hansi Küpper kann mit seiner markanten Stimme manchmal für Akzente sorgen, Marco Hagemann fällt mit seinen meist trockenen Beiträgen aber deutlicher ab. Sätze wie "Er haut das Ding vor!" haben schon letztes Jahr genervt, zumal sich beide viel zu oft mit Sprüchen über "die Gasse" wiederholen, kaum Ankdoten zu Teams anbieten. Ein Derby zwischen dem BVB und S04 wird wie kommentiert? Gar nicht. Immerhin kann man auch auf das bessere englische Duo schalten. Auch akustisch müsste Konami seine offizielle "Partnerschaft" über mehr Informationen rund um Spieler sowie Verein hörbar machen.

FIFA 17 hat mit Frank "Buschi" Buschmann und Wolff-Christoph Fuss in allen Bereichen deutlich mehr zu bieten: Auch wenn einiges wiederholt wird, gibt es trotz Phrasendrescherei erstens mehr Vielfalt in der Tonalität der beiden und zweitens interessante Anekdoten zur Vereinshistorie oder Spielern. Zudem werden verblüffend oft auch kleine Spielsituationen gut besprochen, so dass "Live-Charakter" entsteht. Sehr schön: Auch die neue Karriere wird auf Deutsch kommentiert! Sehr ärgerlich: Die beiden vertun sich in "The Journey" schonmal beim Spielstand und sprechen beim Unentschieden von einer Führung.

Menüdesign & Benutzerführung

PES 2017 sieht im Menü etwas fade aus, behält ansonsten sein Kachel-Layout, aber wiederholt alte Fehler: Wer spezielle Dribblings üben will, muss im freien Training zig mal pausieren und klicken, bevor man endlich die Kombo sieht - Komfort ist anders. Sehr schön ist, dass bei den Taktiken kleine animierte Schautafeln die Effekte zeigen.

FIFA 17 wirkt stylischer, lässt sich intuitiv navigieren, aber im freien Training kann man gar nichts an Tricks & Co einblenden. Sehr nützlich ist die neue Rückspielfunktion z.B. bei Freundschaftsspielen, die sofort Stadion & Co wechselt. Und während beide auf den Anpfiff warten, können sie neue kooperative Trainingsübungen absolvieren - gute Idee! Die taktischen Einstellungen sind hier nicht ganz so verschachtelt und unterm Strich wirkt die Benutzeroberfläche mit integrierten Videos, Submenünavigation per Analogstick & Co moderner.

Zwischenstand
 18
     23

Kommentare

Gemini:26 schrieb am
Das mit den Orgasmen solltest du nochmal nachlesen. Der erste wärst du definitiv nicht gewesen. :mrgreen:
billy coen 80 schrieb am
AkaSuzaku hat geschrieben:Der Krieg der Fanlager ist trotzdem unnötig, da beide Spiele auf ihre Weise gut, wenn auch vielleicht nicht herausragend sind.
Jup, absolut unnötiger Kindergarten.
Ob FIFA oder PES sehe ich völlig emotionslos. Vielmehr blicke ich zurück, wie es zu Zeiten ausgesehen hat, als ich mit dem ersten ISS für SNES zum aktiven Konsolenfußballer wurde (hähä, aktiv und Konsolenfußballer...; was ne paradoxe Wortverbindung). Das waren damals die Zeiten der Klinsmänner und Häßlers; die Zeiten, in denen besagte Spieler dafür gesorgt haben, dass dann 96 der Fußball WIRKLICH nach Hause gekommen ist (hrhrhr!!! :wink: ). Wenn mir da einer gezeigt hätte, in was für einer Qualität und in welchem (verglichen mit damals) Realismus ich das alles mal an Konsolen nachspielen können werde, egal bei welcher der beiden großen Serien, wäre ich wohl der erste Mann gewesen, der einen multiplen Orgasmus bekommen hätte.
Und das, was Fußball ausmacht, bieten mir beide Spielereihen in doch recht guter Umsetzung: Mitfiebern, sich aufregen über Schiedsrichterentscheidungen (ob berechtigt oder nicht spielt, wie im echten Fußball, eine untergeordnete Rolle) und natürlich das Bejubeln von Torerfolgen.
In den Neunzigern war ich noch Stammkunde bei Konami. EA bekam zwar auch die eine oder andere Mark von mir, aber ich war halt im Besitz eines N64 und da hatte FIFA neben den, in der Konsolengeneration übergreifend, überragend guten ISS-Fassungen einfach nicht wirklich was zu melden.
Dann zog ich ne Weile FIFA vor, weil mir das Gesamtpaket vom Umfang her eher zusagte. Da ich aber eher jemand bin der Offline spielt und auch sehr viel im SP, hat mich FIFA dann ab FIFA 12 ein wenig verloren. Ab da gefiel mir das Gefühl beim Spiel gegen die CPU nicht mehr so. Es fühlte sich einfach zu deutlich danach an, gegen einen Computer zu spielen, der sich in stoischer Ruhe und kalter Berechnung den Ball hin und herschiebt, kaum mal Fehler dabei macht und so jegliche Energie aus den Partien...
AkaSuzaku schrieb am
Erdbeermännchen hat geschrieben: Ich spiele eigentlich ausschließlich die offline Modi und da bietet mir FIFA einfach das bessere Gesamtpaket. :-)
Geht mir ähnlich. Ich spiele sonst noch Ultimate Team (natürlich ohne Echtgeld), das meiner Meinung nach nur mit vielen Lizenzen wirklich Sinn macht.
Der Krieg der Fanlager ist trotzdem unnötig, da beide Spiele auf ihre Weise gut, wenn auch vielleicht nicht herausragend sind.
Dennis4022 schrieb am
RVN0516 hat geschrieben:
AkaSuzaku hat geschrieben: Ist jetzt auch wirklich schon das x-te Mal in Folge, dass aus dem Duell kein eindeutiger Sieger hervorgeht.
PES finden dabei i.d.R. immer die besser, die eine "was zählt ist auf'm Platz"-Mentalität habeen.
FIFA jene, denen die Spielmodi mindestens genau so wichtig, wie das eigentliche Gameplay sind.
Es beides ja auch keine schlechten Spiele. Da hat jedes seine Stärken und schwächen.
Ich spiele FIFA schon fast seit dem ersten Teil und habe mich auch an PES versucht, kam damit aber überhaupt nicht klar.
Ich habe eher ein paar FIFA übersprungen als zuwechslen.
Eine erfrischend nüchternde Ansicht, am Ende ist es nämlich tatsächlich so, dass es keine allgemein gültige Aussage zu dem Thema gibt. Wenn jemand mit Fifa mehr Spaß hat, dann ist dagegen überhaupt nichts zu sagen. Beide Spiele haben ihren eigenen Charakter und nicht jeder kommt mit beiden klar.
Ich bin für mich froh, dass ich einfach jedes Jahr beide Demos spielen kann und dann einfach zu dem greife, dass mir am besten gefällt. Aber auch das funktioniert nicht für jeden.
Am Ende sollten wir alle froh sein, dass wir zumindest beim Fußball die Wahl haben. Ist ja in anderen Sportarten leider nicht (mehr) der Fall.
Jörg Luibl schrieb am
Okay, aber ehrlich gesagt haben wir uns bei dieser Kategorie auch nicht auf die KI in Standarsituationen konzentriert, sondern eher auf die Möglichkeiten der Hereingabe etc. Hätten wir vielleicht unter Defensiv-KI mit unterbringen müssen...
schrieb am