4Players: Das Geheimnis der Druiden war dein erstes Adventure, an dem du 2001 als Designer und Autor mitgearbeitet hast. Welche Erfahrungen konntest du damals gewinnen und in MOS einfließen lassen?
Martin Ganteföhr: Oh, wir alle haben damals enorm viel gelernt, in sämtlichen Produktionsbereichen, und natürlich auch inhaltlich. Ich werde nie wieder in meinem Leben einen sogenannten "As you know, Bob"-Dialog schreiben, und es gibt auch eine ganze Reihe von Design-Entscheidungen, die wir so nie wieder treffen würden.
| Viele Fragen, viele Rätsel - Das Geheimnis der Druiden überzeugte anno 2001 mit einer tollen Story. |
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Aber insgesamt waren die Druiden ein großer Erfolg – und für uns selbst auch ein ganz wichtiger Beweis, dass wir ein Projekt dieser Größenordnung stemmen können. Bei Moment of Silence konnten wir unsere Erfahrungen jetzt richtig ausspielen, und mehr Augenmerk auf Dinge legen, die wir bei den Druiden aus Zeit- und Budgetmangel schlicht nicht machen konnten. Wir haben damals doch ein wenig dem hinterhergearbeitet, was State of the Art war. Diesmal sind wir vorn.
4Players: Wenn man die Webseite von House of Tales besucht, wird man gleich von einem Zitat der verstorbenen amerikanischen Poetin Muriel Rukeyser begrüßt: "Das Universum besteht aus Geschichten, nicht aus Atomen." Ein Schlag ins Gesicht für Demokrit, aber sehr sympathisch. Warum ist die Story für dich so wichtig?
Martin Ganteföhr: Weil Story nun mal der Dreh- und Angelpunkt von jeglichem Entertainment ist. Auch in Computerspielen sieht man jetzt, wie sich Games in Richtung Story verändern. Inhalte sind das einzige Alleinstellungsmerkmal, dass sich nicht von Ingenieuren technisch reproduzieren lässt, und genau darin liegt die Größe ihrer Bedeutung. Die Zeiten der technischen Verkaufsargumente sind bald vorbei. Spätestens, wenn der Realismus Fernsehqualität erreicht hat und die Produkte ununterscheidbar aussehen, kommt es auf inhaltliche Kreativität und Dramaturgie an – und diese Zeiten brechen jetzt an.
4Players: Das Szenario weckt sowohl Erinnerungen an Orwells "1984" als auch an Deus Ex: Invisible War . Welche Spiele, Bücher oder Filme haben deine Arbeit am Verschwörungsthriller inspiriert?
Martin Ganteföhr: Orwell ist sicher ein Einfluß, auch Blade Runner und Brave New World. Aber viel Inspiration für das Spiel entstammt auch Sachbüchern und Technologieprognosen wie etwa denen von Ray Kurzweil.
| Erste Konzeptbilder des futuristischen Szenarios. Hoch hinaus will auch das Team von House of Tales. Viel Herzblut wird in eine packende Story investiert. |
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Das Thema Überwachung hat große Aktualität, und nicht nur eine technologische, sondern auch eine politische Dimension. The Moment of Silence entwirft aus der Gesamtheit dieser Quellen eine Zukunftsvision, und wirft Fragen auf, von denen ich meine, dass sie uns alle beschäftigen oder noch beschäftigen werden. Das macht aus meiner Sicht den größten Reiz des Projekts aus.
4Players: Verrätst du uns etwas über die Persönlichkeit des Protagonisten Peter Wright: Was ist er für ein Mensch?
Martin Ganteföhr: Peter ist ein ziemlich gebrochener Mann, einer, der gerade seine Familie verloren hat, der umziehen musste, der zuviel trinkt und seine Abende in virtuellen Chatrooms verbringt. Er ist Kommunikationsdesigner in einer New Yorker Werbeagentur, die sich mit der Umsetzung einer Regierungskampagne zum Thema Kryptographieverbot befasst. Peter steht dieser Kampagne eigentlich unkritisch gegenüber, es ist sein Job, an ihr zu arbeiten.
Aber als das Spiel beginnt, steht sein Leben durch seine desolate Privatsituation auf der Kippe – alles steht zur Disposition. Und als sich dann in seinem Nachbarapartment dramatische Dinge ereignen, fühlt er sich durch seine eigene Geschichte verpflichtet zu helfen. So beginnt eine lange, mysteriöse Reise, in deren Verlauf er herausfindet, wie die Welt um ihn herum in Wahrheit funktioniert – und diese Reise verändert natürlich nicht nur seine Weltwahrnehmung, sondern auch ihn selbst...