Popkultur
Tomb Raider ist viel mehr eine Spieleserie. Immerhin brachte der Erfolg nicht nur drei hoch dotierte Hollywoodstreifen ans Licht; Lara turnte auch durch Musikvideos, zeigte sich als Comicheldin, machte sich also auch außerhalb der vor 20 Jahren noch recht exklusiven Videospielexpertise einen Namen. Darauf wollen wir im Rahmen dieses Rückblicks aber nicht eingehen – genauso wenig wie auf die Ableger und Umsetzungen, welche zum großen Teil ohnehin "nur" den Namen der Protagonistin führten. Dazu zählen sowohl das kooperativ spielbare
Lara Croft and the Guardian of Light samt Nachfolger als auch
Lara Croft Go, zwei Titel für Game Boy Color sowie die Umsetzungen einiger großer Teile auf PSP, Nintendo DS und anderen mobilen Plattformen. Mit
Lara Croft: Relic Run gibt es sogar eine Kopie des erfolgreichen Handyspiels Temple Run, aber spätestens die weicht so stark vom Konzept der Hauptserie ab, dass sie an dieser Stelle nur genannt sein soll. Gut, das könnte man auch über The Angel of Darkness sagen... dazu später mehr.
Auf dem Kopf der Sphinx
So sah es aus, als Lara anno 1996 zum ersten Mal in der unterirdischen Stadt Vilcabamba ankam. Zwar gab es schräge Oberflächen, die Linien aller Grundrisse waren allerdings entlang eines Schachbrettmusters gezeichnet.
Fangen wir dort an, wo noch niemand den Namen Lara Croft außerhalb des britischen Studios Core Design je gehört hatte. Nachdem Serienvater Toby Gard hart dafür kämpfen musste eine damals noch seltene weibliche Hauptfigur ins Abenteuer zu schicken, erschien
Tomb Raider im Oktober 1996 zunächst für Segas Saturn, bevor es im November schließlich auf PC und PlayStation veröffentlicht wurde – zu einer Zeit, in der das Erstellen komplexer dreidimensionaler Kulissen eine technische Herausforderung war. Doch Core Design behalf sich mit einem Kniff, der lange identitätsstiftend für die Serie sein sollte: Die Wände, Mauern und Türen aller Räume wurden nicht frei gezogen, sondern entlang der Linien eines Schachbrettmusters gesetzt.
Es entstanden jene markanten viereckigen Flächen, auf denen Lara rannte und kletterte und auf denen man immer präzise abschätzen konnte, wie weit der nächste Sprung sie tragen würde. Auch das Verschieben fraugroßer Würfel, um dahinterliegende Höhen zu erreichen oder Schalter auszulösen, drängte sich durch die technische Struktur geradezu auf. Und so hangelte sich die Heldin an Felskanten entlang, zog sich auf hohe Podeste und sprang noch im Rutschen von steilen Ebenen ab, um geheime Verstecke zu erreichen.
Auch schießen musste Lara zu ihrer Premiere schon, obwohl sie im gesamten Spiel nur eine Hand voll menschliche Gegner traf. Dafür hausten in den Höhlen von Peru, einem „Kolosseum“ in Griechenland oder einer ägyptischen Sphinx ausgesprochen angriffslustige Tiere und mythische Kreaturen, die gerne unvermittelt sowie mit plötzlich einsetzendem Tadaaaa! ins Bild sprangen.
Apropos: Tomb Raider verzichtete auf durchgehende Musik. Stattdessen lauschte man situationsunabhängigen, aber ausgesprochen stimmungsvollen Geräuschen, die den abgelegenen Schauplätzen erst ihren geheimnisvollen Reiz verliehen. Spätestens in der Zisterne entstand so eine ungemein dichte Atmosphäre. Die
wundervolle Titelmelodie gehört nicht zuletzt zu den schönsten der Videospielgeschichte.