Special: Bad Day L.A. (Action-Adventure)

von Jörg Luibl



Bad Day L.A.
Entwickler:
Release:
24.08.2006
08.2006
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ab 3,75€
Spielinfo Bilder Videos
Bad Day L.A. will euch im August ins politisch höchst inkorrekte Chaos stürzen: Los Angeles wird nicht nur von Meteoriten und Erdbeben bedroht, sondern auch von Biowaffen, Terroristen und spanischen Separatisten. Zwischendurch gibt's ein Best of der dümmsten Bush-Sprüche und jede Menge Action mit Pumpgun, Molotows & Co. Wir hatten auch jede Menge Fragen an Designer American McGee.

4Players: Deutschland erlebt während der WM nicht nur einen Fußballrausch, sondern auch ein unverkrampftes Nationalgefühl. Was denken Sie über Patriotismus?

Frisch auf der Europatour: Wir konnten American McGee im Hamburger Elysee-Hotel interviewen. Er hat übrigens einen interessanten Blog... 
American McGee:
Es ist keine schlechte Sache. Aber in der heutigen Zeit kann es auch gefährlich sein. Ich finde es ist okay innerhalb der Familie, der Freunde, der Stadt oder wenn es auf ein Team bezogen ist. Eine gewisse Form von Loyalität und Bezug zu den eigenen Traditionen ist wichtig. Aber man sollte im Hinterkopf behalten, dass wir in dieser modernen Welt alle Nachbarn sind.

4Players: Schwarz-Rot-Gold dominiert trotz der Niederlage des deutschen Teams immer noch die Straßen. Wie empfinden Sie als Amerikaner diese Euphorie hierzulande?

American McGee: Ich habe mitbekommen, dass diese WM den Deutschen wieder einen Grund gibt, stolz zu sein. Ich finde das cool. Es gibt Momente, da tut es einfach gut, stolz auf oder glücklich über sein Land zu sein - egal ob Olympiade oder WM. Dann soll man feiern und Spaß haben. Eine ganz andere Sache ist es allerdings, wenn dieser nationale Gedanke plötzlich deinen Lebensstil oder deine Weltanschauung prägt.

4Players: Böse Bush-Zitate, Terroristen aus Frankreich, Mexikaner wollen LA zurückerobern - Bad Day L.A. ist ein Spiel mit politischen Botschaften und Karikaturen. Denken Sie, dass wir mehr politische Spiele brauchen?

American McGee: Ja. Ich denke, dass diese Welt mehr davon vertragen könnte. Politische Botschaften werden im Film, in der Musik, in der Literatur, ja sogar in Comics übertragen - einfach überall. Spiele sollten davon nicht ausgenommen werden.

4Players: Bisher konnte man vor allem das konservative politische Establishment in Spielen finden - also einen Spiegel der aktuellen Machtlage: Man denke an Full Spectrum Warrior , America's Army oder andere.

American McGee: Ja, richtig. Und genau diese Spiele transportieren den Hardcore-Patriotismus, den ich nicht mag. Ich wundere mich, dass Firmen wie EA oder Sony Titel finanzieren, die in ihrem Kern im Grunde das Töten von Arabern simulieren. Und dann wundert sich die amerikanische Öffentlichkeit darüber, dass Al Qaida & Co diese Spiele wiederum dafür nutzen, ihre Soldaten zu trainieren. In diesen Spielen geht es doch bloß um sinnlose Zerstörung.

Blutig und bizarr: Die Comicwelt von Los Angeles versinkt im Chaos.
4Players: Der Comicstil erinnert uns an Tim & Struppi (The Adventures of Tintin) - die runden Knopfaugen, die klaren Striche. Warum habt ihr euch für diesen freundlich wirkenden Stil entschieden?


American McGee: Der Stil kommt von einem Grafiker-Team in LA namens Kozyndan. Die beiden sind bekannt für ihren lockeren Comic-Look. Außerdem fand ich es sehr interessant, dass ihre Figuren in etwa denen entsprechen, die man in den Notfall-Anweisungen der Flugzeuge findet. Aber entscheidend für die Zusammenarbeit war, dass ihr Stil die Ernsthaftigkeit des Desasters etwas abschwächt. Ich will mit Bad Day in LA nicht schockieren, es soll immer noch Spaß machen zuzusehen, es soll trotz brennender Menschen und viel Gewalt noch eine Comedy sein. Man soll über den Wahnsinn lachen können.

4Players: Bluten, furzen, kotzen schreien- das Spiel ist voller Extremitäten und Gewalt. Aber was ist mit Amerikas Staatsfeind Nummer 1: Wo bleibt der Sex? Immerhin kann man auch Pornos als Goodies aufsammeln...

American McGee: Das konnten wir einfach nicht ins Spiel einbringen. Es würde sofort verboten werden.

4Players: War das auch eine Design-Entscheidung oder gar nicht erst geplant?

American McGee: Nun, das war eher eine Survival-Entscheidung. Mit Sex kein Spiel - das ist typisch amerikanisch. Es gibt da eine passende Southpark-Episode, als ein Kind einen Wurfstern ins Auge bekommt und blutend, aber nackt auf die Bühne geht. Aufgeregt hat man sich im Publikum nur über Letzteres. Was lernt man daraus? Eltern stören sich nicht an expliziter Gewalt, so lange sie von einem Hauch von Sex abgelenkt werden.
         
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Kommentare

Jörg Luibl schrieb am
saxxon.de hat geschrieben: Meinst Du nicht vielleicht Michael Moore, oder steh ich auf dem Schlauch?
Oh verdammt! So was Blödes. Wie kann man Microsoft-Peter und Columbine-Michael verwechseln!? Arrrgh - sorry. Du hast natürlich Recht. Aber gestern wars verdammt heiß. Ich brauch Urlaub...
saxxon.de schrieb am
4P|T@xtchef hat geschrieben: Vielleicht braucht diese Spielwelt mit ihren konservativen Szenarien, die einfach nur den geopolitischen Status quo zur Faszination erheben, endlich einen Peter Moore...
Meinst Du nicht vielleicht Michael Moore, oder steh ich auf dem Schlauch?
Akill schrieb am
Auch ich finde sehr interressant was McGee sagt. Ich würde gerne mehr politische Games sehen, die eine wirkliche Aussage haben. Die Spielerindustrie muss es auf Dauer schaffen auch Gehirnzellen fernab von taktischen Überlegungen anzusprechen. Das geschieht bisher selten (Fallout fand ich sehr gut in der Beziehung). Ich bin jedenfalls sehr gespannt darauf, was bei dem Spiel raus kommt. Vorallem da ich die Kriegsverherrlichenden Allerweltsshooter absolut nichtmehr spielen kann.
Provokation um das Denken anzuregen ist jedenfalls immer ein gutes Mittel.
Methadonmann schrieb am
Schade, hätte mich - zur Vervollständigung des "Gesamtkonzepts" - schon auf eine Integration von Sex im Spiel gefreut. Aber das wäre wirtschaftlicher Selbstmord, und wahrscheinlich hätte Mr. McGee noch zig Morddrohungen von irgendwelchen überfrommen Christen in Amerika bekommen. Wird noch lange dauern, bis man in Amerika darüber offen diskutieren kann.
Alles in allem ein sehr interessantes Interview. Hoffentlich findet das Spiel die gesellschaftliche Resonanz, die sich der Entwickler wünscht.
schrieb am