Test: Age of Empires 3 (Taktik & Strategie)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Microsoft
Release:
04.11.2005
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ab 4,99€
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Knapp an Waterloo vorbei

Die erste Mission sowie das unbefriedigenden Truppen-Management haben mich gewaltig geärgert. Und es hätte ein Waterloo für die Ensemble Studios sein können: Wäre es bei peinlichen Belagerungsmissionen und Formationsschwächen
In der Heimatstadtansicht verwaltet ihr eure Kartendecks.
geblieben, hätte ich dem Spiel selbst als großer Age-Fan nicht mal 75% gegeben. Es ist einfach unverständlich, dass man hier keine einheitliche Linie zeigt: Auf der einen Seite prächtiger Kanonenbeschuss, auf der anderen Seite peinliche Physikfehler und eingeschränkte Funktionen.

Trotzdem spiele ich AoEIII jetzt schon seit Tagen. Trotzdem unterhält mich das Spiel auf gutem Niveau. Woran liegt das? An vier wesentlichen Punkten. Fangen wir mit dem schwächsten an: Der Mauer- und Festungsbau ist erstens nicht der Kern des Spiels. Es geht eher um die zügige Sicherung von Schatz-, Handels- und Verbündeten-Punkten auf der Karte sowie um relativ offene Feld- bzw. Seeschlachten, in denen die automatisierte Aufstellung von Nahkämpfern vorne und Fernkämpfern hinten vor allem nach dem ersten Patch auch in gemischten Verbänden sehr gut funktioniert. Zweitens legt die KI in den freien Gefechten zu: In den Skirmish-Duellen zeigt sie ein klügeres und vor allem aggressiveres Verhalten, schleppt Kanonen herbei und beharkt gezielt eure Verbündeten. Allerdings enttäuscht sie auf der dritten Stufe noch mit erschreckender Passivität. Man sollte für spannende Erlebnisse mindestens auf der vierten Stufe spielen, denn der normale Schwierigkeitsgrad bietet für Kenner der Serie absolut keine Herausforderung. Drittens sieht das Spiel natürlich verdammt gut aus.

Schöne Neue Welt

In Neuengland taucht man in ein herbstliches Farbenmeer aus sattem Bordeauxrot, Rostbraun und Orange. Laub rieselt von schlanken Birken und Vögel jagen in Formation über den Himmel. Man scrollt sich durch eine herrlich belebte Landschaft, die mit natürlichen Höhenzügen, grasenden Hirschen und Biberhöhlen lockt. Ihr seid Wasserfetischisten? Schaltet alle Details auf Maximum und zoomt zum Strand: Die Brandung, der Sand, die Spiegelungen, die Wale, die Fische - da will man Urlaub machen.

Flora und Fauna des amerikanischen Kontinents werden exzellent und vielfältig abgebildet.
Und das Beste ist: Der zweite Eindruck ist auch wunderbar. Denn das war nur Neuengland. Es gibt noch Amazonien mit Dschungelflair, das schroffsandige Texas sowie ein Dutzend andere Karten mit eigener Flora und Fauna. Hinzu kommen erstklassige Animationen beim Stopfen der Musketen, beim Säbelhieb oder selbst dem Zusammenbrechen eines Pferdes - die Bewegungen bestechen sowohl beim Kampf als auch bei zivilen Arbeiten wie dem Holz hacken mit beeindruckender Natürlichkeit.

Wer befürchtet hat, dass das Spiel mit der dritten Dimension steriler aussehen könnte, darf also aufatmen: Die Designer haben ausgezeichnete Arbeit geleistet und ein überaus idyllisches Amerika gezaubert, das in all seinen geografischen Facetten sowie seiner Vielfalt im Tierreich auftrumpft. Das optische Highlight sind natürlich die Auswirkungen der neuen Physik-Engine, die Dächer und Mauern bröckeln und Soldaten wie Spielzeugpuppen durch die Luft fliegen lässt. Hobbyhistoriker müssen aufgrund des fehlenden Bereich- bzw. Kollateralschadens allerdings beide Augen zudrücken.
   
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Kommentare

johndoe755007 schrieb am
Kajetan hat geschrieben: Kennst Du die Heroes of Might & Magic-Serie? Mit jedem neuen Teil wurde die Serie besser, bis hin zum bis heute immer noch unerreichten dritten Teil. Für Teil Vier hat man das Konzept auseinandergenommen, neu zusammengesetzt, viele sinnvolle und an für sich gute Neuerungen eingeführt, doch muss man abschliessend der Frau des Projektleiters Recht geben, die angeblich nur meinte: "You broke my game!".
Aye, allerdings habe ich nur Teil 5 und 6 gespielt und habe daher keinen Bezug zu den Legenden, die sich um Teil 3 ranken. Teil 5 hielt ich für ein Großartiges Spiel. Alles passte meines Erachtens wunderbar zusammen und als sie mit den AddOns die Rekrutierungs-Klickerei stark verbessert haben, war ich doch sehr angetan. Dann kam Teil 6 und es war eine herbe Enttäuschung. Teil 5 war zwar schon sehr bunt und verziert, aber hielt das alles irgendwie im Rahmen während Teil 6 aussah, als hätte man einen Malkasten drübergekippt. Das Wegschneiden des Initiative-System, dass ich ziemlich cool fand, sowie das Zusammenstutzen der Resourcen und Weglassen der epischen Stadt-Bildschirme konnte ich ja alles noch verkraften, aber was die sich mit diesem UPlay-Schwachsinn erlaubt haben, war der totale Horror. Und der Offline-Modus dazu noch eine echte Farce, wurde man doch an jeder Ecke daran erinnert, dass der Offline-Modus das nicht kann und dies nicht geht.
Also so gesehen: was du mit Teil 3 und 4 erlebt hast, hab ich mit Teil 5 und 6 erlebt. Auf den 7. kann ich gerne verzichten zumal sie von ihrer UPlay-Pest immer noch nicht abgerückt sind. Meine Hoffnungen ruhen auf Age of Wonders 3.
Kajetan hat geschrieben: Ensemble haben mit AoE3 keine schlechte Arbeit abgeliefert, man hat sich da schon Gedanken gemacht ... aber es irgendwie "kaputt". Schief. Krumm zusammengebaut. Komisch.
Geschmack ist wirklich was Grauenhaftes. Auch wenn ich gleich gesteinigt werde, aber mit AoE2 (zwei) bin ich nie warm geworden. Es war so steril und trocken und es fehlten die...
Kajetan schrieb am
ceiphren hat geschrieben: Mit "Mikromanagement" hab ich dir 'ne Vorlage gegeben. Per se schlecht ist das ja nicht. Wie bereits erwähnt funktioniert das in Starcraft 1 und 2 sowie Warcraft 3 hervorragend. Ich würde im Nachhinein für AoE3 den Satz auf "Man ist quasi ständig dabei, zu korrigieren." beschränken. Es ist wie das Sammler-Problem in CnC. Ständig muss man schauen, dass die eigenen Einheiten keinen Blödsinn machen und gerade in Großschlachten mit mehreren hundert beteiligten Einheiten erwarte ich von der KI einfach, dass sie zwischen einem Zivilisten und einem Kanonenturm unterscheiden kann. Das das möglich ist, haben schon einige Titel vor AoE3 gezeigt. Aber wie im obigen Kommentar von mir geschildert hat die KI noch eine ganze Latte weiterer Probleme. Das Schlimme ist, dass das meißte davon Kleinigkeiten sind. Aber die Menge ist einfach schwer zu ertragen.
Ich sollte noch erwähnen, dass ich damals von AoE 3 tief enttäuscht war. Ich habe bis heute die Kampagne nicht zu Ende gespielt. Die von Dir angesprochenen Probleme kenne ich, waren aber für mich nur ein minderwichtiger Störfaktor. Mich an AoE3 das Spielgefühl gestört. Als ob man die sichere Hit-Formel der ersten beiden Teile inkl. Age of Mythology auseinandergenommen, neu zusammengesetzt und die dann übriggebliebenen Teile weggeworfen hat, weil das neue Spiel ja offensichtlich startet und seinen Zweck erfüllt. Nichts, was ich an AoE3 konkret kritisieren kann, ist alleine Grund genug das Spiel nicht zu mögen. Aber wenn solche Mini-Gründe en masse auftreten und man sich ständig fragt, was hier denn eigentlich kaputt ist ...
Kennst Du die Heroes of Might & Magic-Serie? Mit jedem neuen Teil wurde die Serie besser, bis hin zum bis heute immer noch unerreichten dritten Teil. Für Teil Vier hat man das Konzept auseinandergenommen, neu zusammengesetzt, viele sinnvolle und an für sich gute Neuerungen eingeführt, doch muss man abschliessend der Frau des Projektleiters Recht geben, die angeblich nur meinte: "You...
johndoe755007 schrieb am
Kajetan, du Urgestein dieses Forums! Wenn das hier irgendeiner ernsthaft kommentieren würde, konnte es ja nur du sein. : P
Okay, zur Sache:
Kajetan hat geschrieben:...Zum einen kann man bei Einheiten zwischen aggressiv, defensiv und passives Verhalten wechseln. Da können dann noch so viele gegnerische Bauern umherlaufen, Deine Truppen kümmert das nur marginal, wenn Du ihnen das jeweils zur Situation passende Verhalten befiehlst. Zum anderen, viel wichtiger, anstatt dass man alle Truppen in einen großen Klumpen steckt, verpasst man jedem Truppentyp eine eigene Gruppe. Meelee bekommt z.B. 1, Fernkämpfer 2, Kavallerie 3, Heiler 4 und die Artillerie 5. So kann man schnell zwischen den Einheitentypen umschalten und diese präzise auch im dicksten Gefechtsgetümmel steuern.
Das ist richtig und nutzte ich auch, wenn auch nicht in der Präzision wenn du es schilderst. Aber eine noch höhere Präzision wäre eben gewesen, wenn es tatsächlich Trupps von 5-10 Mann gewesen wären. Paradebeispiel ist in dieser Disziplin Dawn of War, dessen Spielmechanik zwar andere Macken hatte aber in Sachen Armeeführung meines Erachtens wegweisend war (und sogar noch ein Jahr älter ist als AoE3). Man musste die Trupps nicht selbst zusammenstellen. Es waren bereits welche (und trotzdem hoch individualisierbar) und dazu hochintelligente. die Klick-Orgie nahm an dieser Stelle stark ab und man hatte mehr Zeit zum taktieren (zum Klick-Irrsinn unten mehr). Denn mal im Ernst. Gerade in Spielen mit größeren Gefechten zählt doch der einzelne Soldat so gut wie nie. Man braucht immer Trupps. Warum dann nicht gleich das zur Grundlage der Mechanik machen?
Ein großer Haken der oben genannten Gruppierung ist: es ist umständlich. Die Leute müssen erstmal alle ausgewählt, dann einer Zahl zugewiesen und dann gemerkt werden. Sicher hat man schnell ein Pattern raus. (1: Frontlinie, 2 Kavallerie, 3 Support, etc.) aber was ist bei einer zweiten Armee? Jetzt muss man sich das ganze für die auch noch merken (4,5 und 6)....
Kajetan schrieb am
ceiphren hat geschrieben:Aber wie Jörg bereits sagte: das Truppenmanagement auf dem Schlachtfeld ist grauenhaft. Eine der für mich größten Unarten des RTS-Genres ist, dass ich als Kommandant von Armeen mit über 100 Mann ernsthaft jeden Soldaten einzeln befehlige (Gruppieren mit STRG zählt nicht. Die Jungs sind trotzdem einzeln steuerbar und achten nicht auf ihren Trupp (gibt ja keinen)).
Und hier ist auch Dein Problem. Zum einen kann man bei Einheiten zwischen aggressiv, defensiv und passives Verhalten wechseln. Da können dann noch so viele gegnerische Bauern umherlaufen, Deine Truppen kümmert das nur marginal, wenn Du ihnen das jeweils zur Situation passende Verhalten befiehlst. Zum anderen, viel wichtiger, anstatt dass man alle Truppen in einen großen Klumpen steckt, verpasst man jedem Truppentyp eine eigene Gruppe. Meelee bekommt z.B. 1, Fernkämpfer 2, Kavallerie 3, Heiler 4 und die Artillerie 5. So kann man schnell zwischen den Einheitentypen umschalten und diese präzise auch im dicksten Gefechtsgetümmel steuern. Wenn's ganz arg hektisch wird, kann man mit Tastaturkürzeln noch schneller und effektiver Befehle erteilen. Und dann muss man auch noch begreifen, wann man Attack-Move macht und wann ein Trupp (ja, Trupp, nicht einzelne Soldaten :) ) stehen bleibt und nur aus der Stellung heraus feuert und wann man direkt ein spezifisches Ziel verfolgt und attackiert.
Aus Deiner Schilderung entnehme ich, dass Du wahrscheinlich viel TotalWar spielst. RTS wie Age of Empires spielen sich da deutlich anders. Ganz anderer Charakter. Schneller, actionreicher und direkter. Weniger indirekter Feldherrnhügel, mehr direkte Befehlserteilung vor Ort. Wobei AoE immer noch zu den zahmen und Teil 3 fast schon zu den ziemlich trägen RTS zählt.
Man ist quasi ständig dabei, zu korrigieren und Mikromanagement zu betreiben.
:)
Das ist genau das, was ein typisches RTS von der Art eines AoE oder Starcraft auszeichnet, was dieses Genre geprägt hat. Mikromanagement! Bei Starcraft gibt es...
johndoe755007 schrieb am
Später Kommentar, aber dennoch:
Hab grad' Age Of Empires 3 für mich entdeckt. Die Grafik ist selbst für heutige Verhältnisse äußerst ansehnlich (was irgendwie auch zeigt, wie wenig sich in dem Genre getan hat) und spielenswert ist es auf jeden Fall.
Aber wie Jörg bereits sagte: das Truppenmanagement auf dem Schlachtfeld ist grauenhaft. Eine der für mich größten Unarten des RTS-Genres ist, dass ich als Kommandant von Armeen mit über 100 Mann ernsthaft jeden Soldaten einzeln befehlige (Gruppieren mit STRG zählt nicht. Die Jungs sind trotzdem einzeln steuerbar und achten nicht auf ihren Trupp (gibt ja keinen)). Ich will keine Soldaten einzeln ausbilden. Ich brauche Trupps (Total War machte es damals schon vor, wie es geht). Für einen General besteht eine Armee nicht aus 1000 Mann, sondern aus Trupps und Schwadronen. Ich habe mich darum zu kümmern, was wo angegriffen wird und wer verteidigt und die Stellung hält. Das diese Befehle von jedem Soldaten einzeln und dadurch auch oft recht individuell gelöst werden, nervt extrem. Würde man Trupps nutzen können, würden die Jungs zusammen halten und das Mikromanagement auf Einheitenebene würde entfallen. Zudem würden die Jungs dann nicht einzeln dem nächstbesten Gegner hinterher rennen und dann gegebenenfalls von sehr wenigen Gegnern platt gemacht werden.
Da wären wir beim nächsten Problem: Die Soldaten haben einen ausgesprochen hohen Doofheitswert.
Folgende Situation. Infanterie ist in Linie aufgestellt. Artillerie positioniert, die Kavallerie kann über die Flanke angreifen und Reserven stehen in 3. Linie bereit.
Da läuft auf einmal ein einzelner, unglücklicher Bauer des Gegners an der Armee vorbei. Spontan verlassen 10 Mann die Positionen und rennen dem Bauern hinterher (Stellung-halten-Befehl gibt es unverständlicherweise nicht) mitten in die gegnerische Armee rein und werden zusammengeschossen.Die Überlebenen kriegt man aus dem Massaker grad noch so raus und holt sie in die eigenen Reihen zurück. Schnell den Priester...
schrieb am