Einladend wie Haltestelle im Niemandsland

So würde man sich sein Bahnnetz irgendwann wünschen. Allein es bleibt beim Wunsch...
Was will man als Erstes erleben, wenn man ein Spiel wie Bahngigant erworben hat? Ich möchte intuitiv das Spielprinzip kennen lernen, nebenbei die 3D-Landschaft erforschen und vielleicht gleich eine erste Bahnstrecke eröffnen, wie man es früher bei den Transportsims tun konnte! Doch der Einstieg fällt mehr als schwer und holprig aus. Und das, obwohl ich schon alles von Railroad Tycoon bis Cities in Motion zum Thema gespielt habe. Hier gibt‘s weder ein Tutorial noch wird man in einer Mission selbst an die Hand genommen. Klickt man noch hoffnungsfroh zu Beginn auf das freundliche Gesicht der Beraterin, antwortet sie schlicht: Mehr Häuser bauen. Ach, wirklich? Toller Tipp.
Mehr Spielfreude entfaltet sich auch nicht, wenn man einfach mal übers reichlich unbelebte Gelände streift. Normalerweise geht das problemlos, indem man mit der Maus an Rand des Bildschirms nagt – seit Sim City ist das sozusagen ein ungeschriebenes, höchst intuitives Gesetz der Wirtschaftsspiele in dritter Dimension. Handelt es sich um eine weniger komfortable Sim, muss man vielleicht mal die Pfeiltasten bemühen. Bei Bahngigant darf man so gar nicht scrollen, da hier die WASD-Tasten nur schräg nach oben bzw. unten führen. Pfeiltasten? Gehen nicht. Und auch per Maus ist das Scrollen nicht möglich. Stattdessen muss man mit einer reichlich umständlichen 360-Grad-Anzeige umher stolpern, die noch nicht mal sauber funktioniert. Man findet also gar nicht so einfach die bereits bestehenden Gebäude, da man sie nicht direkt etwa anklicken, sondern eine Liste durchklicken muss.
Misslungene Mixtur

Bahngigant schafft weder im Kleinen noch im Großen eine ordentliche Simulation des Geschehens.
Grundsätzlich bietet Bahngigant einen Mix aus Transport- und Wirtschaftssimulation, der allerdings nicht hält, was er verspricht. Man kann 15 Missionen spielen, bei denen man kleine bis große Städte und sogar ganze Länder managt. Hört sich komplex an, ist aber wie das ganz Spiel zu oberflächlich, wenig einleuchtend und kaum durchdacht. Der Ausbau der Städte und Bahnlinien ist noch am weitesten gediehen, aber auch hier ist trotz teils großer Bauvorhaben wenig Fortschritt zu sehen. Bei Spielen wie Sim City wird viel mehr geboten, da man schön sehen kann, wie die eigene Metropole wächst. Hier kann man noch nicht mal alles von oben anschauen, da die Ansicht fehlt und alles über zwei Kilometer Höhe im Nebel verschwimmt. Vielleicht besser so, da die flach geratenen Bauten ohnehin nicht zum Hingucken einladen.
Im größeren Rahmen überzeugt das Spiel auch nicht, da man nicht viel managen kann. Man kauft Aktien auf gut Glück und wartet darauf, dass sie steigen. Leider weiß man nicht viel über die Betriebe dahinter, weshalb der Aktienhandel zum reinen Vabanquespiel wird. So macht man eigentlich immer dasselbe, egal ob das Land nun klein oder groß ist oder man in fernen Ländern etwas aufbaut. Man hat für keine Sekunde wirklich den Eindruck, in Japan zu sein, obgleich es asiatische Häuser und Züge gibt. Vom fernöstlichen Gewimmel ist allerdings wenig zu merken, da die Straßen stets leergefegt sind. Immerhin kann man selbst neue Karten erstellen, indem man den Editor benutzt.
Wenig baumeisterlich

Es gibt allerhand mehr oder minder schicke Bauten, jedoch scheitert man meist an der Platzierung.
Zwar gibt es allerhand Gebäude, die vom einfachen Flachbau bis zum hypermodernen Hochhaus, die sogar verschiedene Funktionen wie Schule oder Wohnung haben, aber als Städtebausim taugt das Spiel nur sehr bedingt. Das Hauptproblem liegt in der Platzierung der Häuser, die ebenso missraten ist wie die Stadtübersicht. Man kann die Bauten zwar drehen, wie man das kennt, aber es ist fast unmöglich, ein Haus dort zu bauen, wo man möchte. Was bei Bauspielen sonst flutscht, einfach ein Haus an der Straße hinzustellen, wird bei Bahngigant zum unüberwindlichen Hindernis. Kaum besser geht’s, wenn man das Haus im Grünen baut und die Straße erst dann anlegt. Irgendwie passt das Platzieren hinten und vorne nicht zusammen.
Ein Gutes hat der Bau-Modus, denn ab und zu muss man für Materialen sorgen, um loslegen zu können - eine von wenigen authentischen Momenten des sonst unglaubwürdigen Aufbauspiels. Geld allein reicht also nicht, um den Eiffelturm hochzuziehen. Man muss ein Lager und eine Fabrik für Baumaterial haben, bevor man endlich bauen kann. Dann muss man warten, wobei sich die Zeit lobenswerterweise beschleunigen lässt. Zudem muss man für ein paar Laster oder Züge sorgen, die das Material transportieren. Da jedes Lager nur eine bestimmte Reichweite hat, sollte man eins in der Nähe haben.