Hauen und Stechen
Warum landet Dungeon Lords dann nicht sofort in der Tonne? Warum rettet sich der Titel vom Totalverriss in den gerade noch unterhaltsamen Bereich? Es ist schon komisch, aber irgendwie verzeiht man diesem Spiel tatsächlich einige dieser fatalen Schwächen, wenn man sich wieder unter Tage gegen Ratten, Echsen, kopflose Hünen oder Untote behauptet. Trotz
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Viel Text, aber wenig Leben: Die NPCs wirken ohne Mimik und Gestik wie Statisten einer vergangenen Grafikepoche. |
der Echtzeit-Action erlaubt die Pausefunktion die ruhige Einnahme von einschlägigen Anabolika gegen Energieverlust, während alle Angreifer innehalten - das sieht komisch aus, rettet aber die Spielbalance. Und sobald die Axt wieder tanzt, kommt Spielspaß auf. Im Gegensatz zu den erbärmlichen Texturen und der kargen Innenarchitektur ist das Monsterdesign tatsächlich gelungen: die kleinen Goblins sehen cool aus, lachen dreckig, weichen aus und schlagen tückisch zu; Zombies schlurfen heran und greifen plötzlich nach euch.
Auch die Animationen können sich durchaus sehen lassen: Wenn euch die kleinen grünen Quälgeister mit einer Ballista beschießen, fliegt ihr meterweit nach hinten; der faulige Atem von Monstern lässt euch innehalten und keuchen; Pfeile bleiben in Armen, Kopf und Torso stecken. Es gibt zwar kein echtes Physiksystem, das euch Fässer rollen oder Bretter umhauen lässt, aber diese Szenen sorgen für etwas Salz in der Suppe. Und man spürt, dass man mit der Erfahrung an Kampfkraft und Fähigkeiten gewinnt, dass man plötzlich elegant ausweichen und tödlich zuschlagen, dass man immer tiefer in die düsteren Labyrinthe abtauchen kann. Wenn man dann noch kleine Schalter-, Hebe- oder Logikrätsel findet, kommt tatsächlich etwas Stimmung auf. Selbst das Schlossknacksystem kann unterhalten, denn es setzt auf einen Mix aus Reaktionsvermögen, Dietrich-Hilfe und Fähigkeiten.
Deutliche Defizite
Aber man wird immer wieder von klaren Schwächen zurückgeworfen, immer wieder ernüchtert. Wer nicht gerade Kundschafter ist, irrt teilweise wie Odysseus durch die leblose Gegend, weil man noch nicht mal Städtekarten kaufen kann. Automapping? Gibt's nicht von Beginn an. Erst, wenn man die Mondsteine findet, kann man endlich die Portale nutzen und das langwierige Umherirren zwischen den Ländern der Menschen, Elfen und Demigoten etwas abkürzen. Dann wären da die üblen Clipping- und Grafikfehler, die Pfeile und Eisstrahlen durch Wände rauschen und Feinde einen Meter in der Luft laufen lassen. Da wäre trotz aller Spannung die üble Monotonie, die einen nach einem Kampf gegen zwölf Ratten wieder zehn Goblins, dann acht Untote, dann wieder zehn Ratten serviert - man kommt teilweise kaum vorwärts und konsumiert Heiltränke im Sekundentakt. Zwar kann man das Auftauchen der Zufallsgegner in drei Stufen regeln, aber man vermisst eine bessere Dramaturgie: weniger, aber dafür spannender inszenierte Kämpfe. Ganz zu schweigen von der KI, die einfach nicht existiert: Da jagt mich ein vierbeiniges Monstrum Räume und kapituliert dann strunzdumm vor einer Empore - ich steige hinauf, zücke den Bogen und schieße 38 Pfeile in das Fleisch des Ungeheuers, während es mich blöde anbrüllt. Ach ja: Pfeile gibt's im Endlosköcher.
Nicht nur im Metzelalltag, auch im Management von Quests, Ausrüstung und Tränken zeigt Dungeon Lords Schattenseiten. Wo ist bitte ein ausführliches Tagebuch, das mich auf dem Laufenden hält und wichtige Texte nachlesen lässt? Man kann sich lediglich eine knappe Questanweisung ansehen. Und warum kann ich z.B. nur Zutaten wie Fledermausflügel in der Masse
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Immerhin gibt es ein paar gelungene Quests und Endgegner: Hier gilt es, die schwebenden Kerzen zu erhaschen... |
verkaufen, aber nicht Dolche, Schwerter und Helme? Wenn man sich durch 134 Monster geschlitzt und fleißig alles eingesammelt hat, muss man beim Händler tatsächlich jeden blöden verrosteten Dolch einzeln (!) verkaufen - Komfort sieht anders aus. Und damit nicht genug, wird einem bei jedem Verkauf auch noch dieselbe Sprachbestätigung des nuschelnden Händlers aufgetischt - arrgh! Warum muss man die Spieler mit diesen akustischen Endlosschleifen geißeln?
Hektischer Multiplayermodus
Im Multiplayer hätte kurzfristig kooperativer Spaß aufkommen können, denn ihr dürft über LAN, Direct-IP oder GameSpy mit bis zu acht Abenteurern gemeinsam losziehen. Allerdings sind die Server nicht ohne Grund verwaist: Zwar kann man die Story gemeinsam erleben, sogar seinen Offline-Charakter laden, aber ein wichtiges Feature der Spielbalance fällt weg: die Pausefunktion beim Einnehmen von Tränken. Damit arten die Kämpfe sehr schnell in unübersichtliche Hektik aus. Hinzu kommt, dass es kein vernünftiges Menü für den Itemtausch gibt - man muss die Axt für den Partner erst auf den Boden legen, damit er sie aufheben kann.