Test: March of the Eagles - Napoleons Kriege (Taktik & Strategie)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Release:
18.02.2013
Erhältlich: Digital (Steam, Gamersgate)
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Diplomatisches Geschick

Es gibt nur sehr dezent eingestreute historische Ereignisse.
Es gibt je nach Nation nur sehr dezent eingestreute historische Ereignisse.
Also gilt es frühzeitig, sinnvolle Allianzen zu bilden bzw. sich diplomatisch vorzubereiten. Man kann jede Nation anklicken und den Status der aktuellen Beziehungen einsehen, der zwischen minus und plus Hundert plus X liegen kann. Dann hat man elf Optionen in den Verhandlungen, die ohne direkte Diskussionen oder gar 3D-Portraits der Herrscher einfach über Klicks bzw. Depeschen ablaufen: Da geht es um Kriegserklärungen oder Frieden (man kann auch einen „Weißen Frieden“ schließen, also den territorialen Status quo vor dem Krieg unangetastet lassen), Bündnisse, Militärzugänge sowie Kriegssubventionen. Wer die Beziehung langsam verbessern will, damit sie monatlich steigt, kann z.B. sein Prestige investieren.

Interessant ist, dass man auch Kriege provozieren kann, indem man Beleidigungen versendet (um nicht als Aggressor zu gelten oder gezielt die Beziehung zu schwächen, damit man ein anderes Bündnis eingehen kann) und dass man andere Beziehungen sabotieren kann. Allerdings wirken die Entscheidungen der Diplomatie-KI manchmal fragwürdig bis unsinnig: Warum verbündet sich gerade Großbritannien mit seinem Erzfeind Frankreich gegen Preußen, obwohl unsere Beziehungen laut Infofenster nicht besser sein könnten? Ein Bug? Unverständlich ist auch, dass man Nationen mit mehr als 50 Provinzen nicht komplett annektieren kann, obwohl man vielleicht 45 erobert hat. Sehr gut funktioniert hingegen das Vasallensystem: Ich kann z.B. die mir untergebenen Sachsen auffordern, mir die direkte Kontrolle über ein Expeditions-Korps zu überlassen; außerdem bewegt die KI der Sachsen die anderen Truppen automatisch ins Feindesland, um zu helfen.

Ansehnliche Karte Europas

Man muss seine Armeen meist so einsetzen, dass man in der klaren Überzahl ist.
Man muss seine Armeen meist so einsetzen, dass man in der klaren Überzahl ist. Leider ist das Beladen von Schiffen fummelig.
Es macht Spaß, mit der ansehnlichen dreidimensionalen Karte herum zu spielen: Man kann nicht nur drehen und zoomen, sondern zwischen zehn Ansichten wählen. Neben dem Geländeblick inklusive verschneiter Wälder und rauschender Flüsse gibt es politische, diplomatische und kulturelle Perspektiven. Hinzu kommen Ansichten über potenzielle Aufstände, den Festungslevel sowie, ganz wichtig, die Anzeige der Länder, die man für den Gewinn des Spiels auf jeden Fall erobern muss. Wer sich einen strategischen Überblick verschaffen will, braucht diese Karte unbedingt als Hilfsmittel. Nur die Auswahl der Truppen auf der Karte ist bei mehreren Armeen, die z.B. in Schiffe transportiert werden sollen überaus gewöhnungsbedürftig; außerdem muss man bei Landarmeen auf einem Fleck quasi per Klick durchschalten und bekommt die Gesamtstärke lediglich, wenn man per Lasso alle umrandet – das hätte man intuitiver lösen können.

Nach dem Tutorial sollte man zwar mit der Steuerung sowie den grundlegenden Spielmechanismen vertraut sein, zumal es überall erklärende Hinweise gibt. Aber March of the Eagles wirft Einsteiger direkt in ein umkämpftes Europa, so dass man erstmal eine bis zwei Stunden investieren sollte, um die geostrategische Lage einzuordnen - es sei denn man kommt direkt aus dem militärhistorischen Hauptseminar. Das Spiel bleibt leider auch später in vielen Bereichen undurchsichtig, weil das Prinzip der Ideen, des Prestige sowie der Wirtschaft nicht nachvollziehbar genug ineinander greift - man fühlt sich immer an einer Stelle ausgebremst und konzentriert sich auf Karteneroberung an der Oberfläche. Zudem fehlt der Feinschliff in der Menügestaltung sowie Benutzerführung, so dass man manchmal im Zahlenwust versinkt. Die Rechtschreibfehler („belibig“, „Interval“) sind da weniger schlimm, aber so mancher Mouseover-Text verschwindet zu schnell und wenn Angaben wie z.B. der Wert eines Friedensangebotes unleserlich im Buchstabensalat enden oder Menüs von zu viel Schrift gesprengt werden, ist das ärgerlich. Schade ist auch, dass man sich all die Truppentypen von Infanterie bis Kavallerie nur in recht kleiner Form ansehen kann – gerade das Regimentfenster ist viel zu fragmentiert. Dafür gibt es hilfreiche Filter, mit denen man gezielt Truppentypen suchen kann.

Kommentare

Eisenherz schrieb am
@Cp6uH
Besser hätte ich es nicht formulieren können! Hearts of Iron II hat sich trotz Komplexität irgendwie "fluffig" gespielt. Der dritte Teil hat mich aber schlicht unter 10.000 Provinzen und einem Berg an völlig überfrachteten Aufgaben begraben! Sowas macht dem Ottonormalparadoxer irgendwann keinen Spaß mehr! Zu viel Hardcore macht ein Spiel schlicht unspielbar!
Cp6uH schrieb am
LP 90 hat geschrieben:
Eisenherz hat geschrieben:Du hättest mal sehen sollen was nach der Ankündigung von dem Sunset Invasion DLC für CK2 da im Forum los war :roll: .#
Absolut richtig erkannt :mrgreen:
Ich bin ja selber bekennender Paradox-Fan und vor allem Hearts of Iron 2 habe ich gefühlte 100 x durchgespielt.
Aber Paradox ist leider mit der Zeit ein wenig Opfer seiner eigenen Fans geworden. Klar - es sprich durchaus für Paradox, dass sie sich die Wünsche ihrer Fans derart zu Herzen nehmen. Doch bei Hearts of Iron III - dem großen Griff in die Kloschüssel - hat man gesehen was passieren kann, wenn man versucht es allen recht zu machen. Ein Grand Strategy Game hört dann auf Spass zu machen, wenn ich einen richtigen Generalstab benötige, um es zu spielen. 10.000 Provinzen, völlig überfrachtete Forschung, so gut wie keine Events, eine Truppenvielfalt, welche selbst Manstein überfordert hätte ... das war einfach zu viel des Guten.
Und ich wollte HoI3 wirklich wirklich eine Chance geben ... aber alleine die rote Armee umzustrukturieren bei Spielanfang hat 2 Spieltage in Anspruch genommen. Verschlimmbesserung pur :D
Eisenherz schrieb am
Hier muss ich Jörg mal zustimmen. Testweise hab ich mir die Demo runtergeladen, und sofort, nachdem ich im Spiel war und den Pausemodus beendete, kam die Meldung, dass sich Frankreich und England verbündet haben! :D
Also nee ...
Jörg Luibl schrieb am
Das Pochen auf historische Genauigkeiten bei späteren Bündnissen wäre in diesem fiktiven Spiel tatsächlich fehl am Platze - schließlich will man ja die Geschichte ja umschreiben, sonst macht der Kram keinen Spaß.
Aber in diesem Fall geht es eher Richtung nerviger Bug, denn England und Frankreich sind sich (historisch korrekter Weise) zu Beginn spinnefeind, wobei Preußen und England gleichzeitig ein tolles Verhältnis im Spiel haben. Dadurch wirkt das Bündnis zwischen Frankreich und England gegen Preußen weder historisch noch in der Spielumgebung authentisch. Das war ärgerlich, aber auch nicht der entscheidende Kritikpunkt an March of the Eagles. Und nix mit Determinismus. :wink:
Pyoro-2 schrieb am
4P|T@xtchef hat geschrieben:Und wenn man mit Preußen plötzlich nach zwei Runden (!) ohne politische Anlässe einem Englisch-Französischen Bündnis gegenüber steht, ...
Urgh, fängt diese historische Determinismus Diskussion jezz auch schon bei den reviews an? Gibt's echt zu jedem PI game bis zum Erbrechen und ist jedesmal total sinnlos. Es ist alternate history, und ab und zu gibt's eben komplett bescheuerte historische Situationen. Solang das nid in der Hälfte der playthroughs passiert, ist doch alles iO ...
schrieb am