Böser Fehler
Im Gegensatz zum Fan-Projekt War for the Overworld hat man bei Dungeons 2 tatsächlich die Gelegenheit, seine Höhle zu verlassen und den vermaledeiten Helden auch in "ihrem" Reich den Kampf anzusagen. Zudem kann man von dort auch den Einstieg in fremde Höhlen finden, die u.a. von einer dämonischen Entität bewohnt werden. Später kann man auch abseits der Standard-Mehrspielergefechte die Dämonen in einer Mini-Kampagne übernehmen, die sich allerdings unter dem Strich relativ ähnlich spielt. Doch dessen ungeachtet ist die Idee des direkten Angriffs auf die Gutmenschen statt der klassischen reaktiven Verteidigungsrolle hoch interessant. Man muss seine Truppen noch genauer planen und ggf. gut aufteilen. Denn natürlich unternehmen die Oberflächler weiterhin Angriffe auf den unterirdischen Standort des Bösen. Dass man zusätzlich ein (aufrüstbares) Einheitenlimit beachten muss, kann die taktische Komponente zusätzlich verstärken. Zumindest theoretisch.
Irgendwo müssen doch noch Gegner sein, die ich mit meiner Truppenwalze überrollen kann...
Denn in der Praxis entpuppen sich die Ausflüge nach oben als zwar ansehnliche, aber mechanisch maue "Echtzeitstrategie Light". Zwar kann man durch einen Doppelklick z.B. alle Orks markieren und man darf auch über Schnelltasten Gruppen definieren. Aber das ist auch das Mindeste. Das Problem: Mehr gibt es hier auch nicht. Es gibt keine Formationen. Keine einheitliche Marschgeschwindigkeit. Und trotz Optimierungen (getestet wurde die Version 1.1.4) hakt die Wegfindung manchmal. Zudem kann man für jede Spezialisierungsform auch Sonderfähigkeiten wie z.B. Tarnung beim Goblin-Schurken oder das Stationieren und damit Nutzung der Artillerie-Fähigkeit bei den Steinwurf-Trollen aktivieren. Allerdings benötigt man den Aktions-Schnickschnack nur selten. Im Endeffekt reicht es, sich auf eine Materialschlacht vorzubereiten, seine Truppen in einem riesigen Pulk vorzuschicken und die Gegner einen nach dem anderen in dem entstehenden Chaos auszuradieren. Das erinnert an die Frühzeit der Echtzeit-Strategie und hat in dieser puristischen Form im Jahr 2015 eigentlich wenig zu suchen.
Scheitern unmöglich
Dank aufgestellter Schatztruhen-Fallen stellen selbst die sporadischen Helden-Überfälle keine Gefahr dar.
Zumal man unter dem Strich kaum scheitern kann. Hat man entsprechende Forschung betrieben, können alle Figuren wiederbelebt werden. Und auch die doppelte Bedrohung durch einfallende Heldengruppen hat man schnell unter Kontrolle, wenn man eine Fallenreihe aufstellt, die verhindert, dass die Gegner auch nur ansatzweise in den Thronsaal kommen und einem gefährlich werden können – selbst wenn sie einen Spion dabei haben, der die Fallen temporär entschärfen kann. Ja: Von Zeit zu Zeit hat man mit Goldproblemen zu kämpfen, die dann im Gegenzug dafür sorgen, dass beim Zahltag leer ausgehende Diener protestieren und ihre Arbeit niederlegen. Doch es hätte nicht geschadet, wenn das Anforderungs-Niveau nicht nur auf weitgehend problemloses Durchkommen angelegt wäre. Ich könnte dies mehr oder minder nachvollziehen, wenn hinter Dungeons 2 eine üppige Geschichte stecken würde. Oder wenn die Erzählung tatsächlich irgendetwas außer plattem Schenkelklopfer-Humor böte, so dass es eine Schande wäre, falls der Spieler es nicht zu Gesicht bekäme.
Auch Dämonen stehen als spielbare Fraktion zur Verfügung.
Für mich gehören zu Höhlenausbau genau wie zur Strategie auch Situationen, in denen ich extrem gefordert werde. An denen ich zu verzweifeln drohe. Die mich dazu treiben, Stunde um Stunde zu investieren, bis ich das strategische Rätsel des jeweiligen Abschnitts gelöst habe - so wie es früher bei Dungeon Keeper und vor kurzem in Ansätzen auch bei War for the Overworld war. Doch hier wirkt alles zu geschmeidig, zu sehr darauf fixiert, den Spieler durch die ansehnliche Kulisse zu lotsen und ihn mit flachen Witzen zuzudröhnen. Es sei denn, man rechnet die mitunter merkwürdigen Verhaltensmuster seiner Diener dem Schwierigkeitsgrad zu. Doch Figuren, die mitten im Gefecht das Kampfgebiet verlassen, um ihre Bedürfnisse wie Gold oder Bier zu erfüllen, sind ein nerviges Ärgernis - eines, das nicht sein muss. Letztlich wird der eigentlich gelungene Dungeon-Ausbau mitsamt seinem überraschend tiefen Ressourcen-Management zu einer unterirdischen Command&Conquer-Basis, von der aus man seine Truppen losschickt, um z.B. den Halbgott Krötos zu erledigen. Dieses Konzept kann aufgehen, was Dungeons 2 auch in Ansätzen zeigt. Doch viel häufiger zeigt der vermeintliche Höhlenmanager, dass diese gut gemeinte Verknüpfung in dieser Form den erforderlichen Spagat nicht einmal ansatzweise meistert.