Test: Shadwen (Action-Adventure)

von Benjamin Schmädig



Entwickler:
Publisher: Frozenbyte
Release:
17.05.2016
17.05.2016
17.05.2016
17.05.2016
Erhältlich: Digital (Steam, GOG)
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Aber genau da liegt ein großes Problem: Spannung kommt so doch nie auf. Stattdessen habe ich unterm Strich ein paar Stunden damit verbracht, das Hampeln am Seil, die teils störrische Kamera sowie physikalische "Besonderheiten" durch häufiges Vor, Zurück, Vor, Zurück, Vor... auszugleichen. Das Manipulieren der Zeit wirkt nicht wie eine coole Fähigkeit, sondern der Cheat-Code eines Programmierers zum schnellen Testen einzelner Mechaniken. Spaß hatte ich damit jedenfalls kaum.

Gestörtes Raum-Zeit-Gefüge

Und das ist nicht die einzige temporale Schwäche. Das automatische Anhalten der Zeit verursacht nämlich seine ganz eigene Form eines schlechten Zeitgefühls. Tatsächlich bleibt der Ablauf sofort stehen, wenn man keine Taste drückt: Das sieht schick aus und erlaubt das ruhige Bedenken des nächsten Schritts. Es wirkt aber auch ausgesprochen
Tatsächlich sieht Shadwen an allen Ecken nahezu gleich aus...
Tatsächlich sieht Shadwen an allen Ecken ebenso hübsch wie nahezu gleich aus...
verstörend, dass das Geschehen ständig auf unnatürliche Art unterbrochen wird. Für mein Empfinden haben die Entwickler hier die Idee über das Spielgefühl gestellt und ich habe irgendwann fast durchgehend die Taste zum manuellen Weiterlaufen der Zeit festgehalten, was sicherlich nicht im Sinne der Erfinder war.

Game Over statt Spannung

Die haben es sich ohnehin sehr einfach gemacht – mit einem Spiel, das sofort "Game Over!" ruft, sobald eine Wache Alarm auslöst oder Shadwen angreift. Sprich, es gibt weder den Kampf noch Alarmphasen, in denen die Soldaten nach mehr als einem Geräusch suchen. Das typische Katz-und-Maus-Spiel der Stealth-Action beschränkt sich also auf ein kurzzeitiges Ablenken der Gegner und das ist mir auf Dauer zu wenig.

Der Spaß hört spätestens dort auf, wo die Gegner nicht einmal in Heuhaufen nach Shadwen suchen, nachdem sie vor ihren Augen dort hineingekrochen ist. Wenn sich die Attentäterin buchstäblich an ihren Rücken schwingt, auf dass der Angerempelte die Aktion weder mit einer Animation noch einem Kommentar registriert, zeigt sich das Spiel sogar von seiner hässlichen Seite.

Das Ellie-Syndrom

Im Kern funktioniert das einfache Konzept des Schleichens und Schwingens ja. Zumal geräuschvolle Maschinen, Giftpfeile und andere Werkzeuge eine hilfreiche Ergänzung sind, für deren Herstellung die Attentäterin Gegenstände
... und wird von ärgerlichen spielerischen Schwachen geplagt.
... und wird von ärgerlichen Schwächen geplagt. Diese Wache wird Shadwen etwa nie finden.
benötigt, die sie in versteckten Kisten findet. Das sorgfältige Erkunden der Umgebung wird also belohnt.

Shadwen muss zudem nicht nur selbst ans Ziel gelangen, sondern die Wachen auch so ablenken oder beseitigen, dass ihr die kleine Lily unbehelligt folgen kann: Das Mädchen läuft immer dann zum nächsten Heuhaufen oder Busch, sobald der Weg dorthin frei scheint. Die zwei Damen reden zwar fast nur während der Ladepausen und reagieren beim Spielen nicht direkt aufeinander. Dennoch entsteht durch das indirekte Führen ein ganz eigener Rhythmus abseits dessen, an das man durch Metal Gear, Splinter Cell und Dishonored gewöhnt ist.

Doch dann springt Lily einem Gegner mal wieder direkt vor der Nase herum – was der "selbstverständlich" komplett übersieht. Und so reiht sich auch dieser Baustein in die Reihe der vielen guten Ideen ein, welche die Trine-Macher unter einem großen Berg konzeptioneller und technischer Probleme begraben.

Kommentare

Ash Evil Dead schrieb am
Wirklich sehr schade. Bei der Ankündigung war ich noch sehr interessiert, weil mich persönlich erstmal alles was mit Stealth zu tun hat mein Interesse weckt :D
Zuletzt gab es ja schon eine Demo, die ich gespielt habe. Leider ist das Spiel danach von meiner Liste wieder verschwunden. Von daher überrascht mich die Wertung nich wirklich. Dabei können es die Entwickler doch, aber die Kurve zeigt steil nach unten.
4P|Benjamin schrieb am
NewRaven hat geschrieben:
4P|T@xtchef hat geschrieben: Nö, das verkorkste Spieldesign ist das Problem. Ich hatte auch Lust auf dieses Spiel, aber es ist ein unausgegorenes Experiment.
Dem will und kann ich nicht mal wirklich widersprechen. Ich weiß aber nicht, ob es in dem Fall so gut ist, die Messlatte eines Stealth-Action-Games anzulegen.
Na ja, zum einen nennen sie's halt selbst genau so und zum anderen ist das, was da im Spiel passiert ganz typisch Stealth-Action.
Es ist unterm Strich auch völlig unerheblich, wie man oder die Entwickler es nennen: Die Messlatte ist das, was das Spiel aus sich selbst heraus erreichen will. Und das Entscheidende ist, dass mir und uns das einfach keinen Spaß gemacht hat - und das alleine zählt für den Test.
NewRaven schrieb am
4P|T@xtchef hat geschrieben: Nö, das verkorkste Spieldesign ist das Problem. Ich hatte auch Lust auf dieses Spiel, aber es ist ein unausgegorenes Experiment.
Dem will und kann ich nicht mal wirklich widersprechen. Ich weiß aber nicht, ob es in dem Fall so gut ist, die Messlatte eines Stealth-Action-Games anzulegen.
4P|T@xtchef hat geschrieben: Außerdem versteht Frozen Byte elementares Handwerk nicht. Die mistige Steuerung während der Zeitmanipulation ist ein Graus. Und dass sich Shadwen dann noch deutlich an Stealth-Action orientiert, aber nicht mehr als simples Katz und Maus gegen 08/15-KI inszeniert, zieht es noch weiter runter als die sterile Spielwelt, die Mittelalterfassaden aus dem Editor aufbaut. Da fügt sich nix zusammen. Ein Puzzler? Ja, für die Entwickler, die wahrscheinlich immer noch rätseln, wohin der Zauber von Trine geflüchtet ist.
Ich weiß ehrlich gesagt, auch wenn ich selbst nur 3 1/2 Stunden gespielt habe, nicht, wo ihr die Action in dem "Stealth-Action"-Spiel seht. Und spielerische Parallelen zu Trine seh ich in dem Spiel auch 0, daran sollte es sich also ebenso wenig messen lassen müssen. Man kann das Spiel durchaus wegen einiger Dinge problemlos kritisieren. Ich habe zum Beispiel einen Controller-Bug, der dafür sorgt, dass Eingaben erst 2 Sekunden später im Spiel ankommen. Ich habe Lautstärkeschwankungen, ich konnte schon durch mehrere Wände laufen. Das Spiel hat ein hübsches, aber recht monotones Artdesign. Das Spiel ist recht einfach und die Story dient zumindest bisher auch nicht wirklich als Motivation weiter zu spielen. Das die AI hingegen berechenbar - und ja, möglicherweise je nach eigenem Anspruch auch dumm - ist, gehört wohl durchaus zum Konzept. Bei euch im Test klingt es nämlich so, als wäre die - zugegeben idiotisch zu steuernde - Zeitmanipulation einfach nur eine Alternative zum Laden des letzten Checkpoints in einem schlechten, genretypischen Stealth-Action-Game... und das sehe ich halt völlig anders - auch wenn ich mir von...
Veldrin schrieb am
FInde ich echt schade. Trine 1 und 2 haben mir sehr Spaß gemacht und den dritten Teil habe ich mir auch besorgt. Wäre sehr schade, wenn Frozenbyte daran untergehen würde. Sie wollten wohl einfach zu viel. Manchmal ist es besser wenn man nur wenig verändert und das alte Rezept nimmt, auch wenn es nur Pommes mit Mayo und dann mit Ketchup ist. Es hatte immerhin funktioniert.
Jörg Luibl schrieb am
NewRaven hat geschrieben:Ich glaub, hier ist mal wieder die Diskrepanz zwischen Erwartung und Realität das Problem.
Nö, das verkorkste Spieldesign ist das Problem. Ich hatte auch Lust auf dieses Spiel, aber es ist ein unausgegorenes Experiment. Außerdem versteht Frozen Byte elementares Handwerk nicht. Die mistige Steuerung während der Zeitmanipulation ist ein Graus. Und dass sich Shadwen dann noch deutlich an Stealth-Action orientiert, aber nicht mehr als simples Katz und Maus gegen 08/15-KI inszeniert, zieht es noch weiter runter als die sterile Spielwelt, die Mittelalterfassaden aus dem Editor aufbaut. Da fügt sich nix zusammen. Ein Puzzler? Ja, für die Entwickler, die wahrscheinlich immer noch rätseln, wohin der Zauber von Trine geflüchtet ist.
schrieb am