Test: The Descendant (Adventure)

von Jan Wöbbeking



The Descendant (Adventure) von Gaming Corps
Postnuklearer Neuanfang
Entwickler:
Publisher: Gaming Corps
Release:
24.03.2016
Erhältlich: Digital (Steam)
Jetzt kaufen
ab 12,74€
Spielinfo Bilder Videos
Ein Endzeit-Adventure im Telltale-Stil ermöglicht der Menschheit einen Neuanfang: In The Descendant von Entwickler Gaming Corps AB begeben sich zwei Überlebende nach dem Nuklearkrieg in einen verschlossenen Bunker, der mysteriöse Überraschungen bereithält. Ein spannender Trip für Freunde von Multiple-Choice-Entscheidungen?

Dreidimensionaler Comic-Thriller unter der Erde

Eigentlich ist die Situation weit weniger dramatisch als es den Anschein haben mag: Jahrhunderte nach einem verheerenden Klimawandel und einem gnadenlosen Atomkrieg erleben Protagonist Donnie und sein nervender Partner - der ehemalige Senator Randolph Jefferson – nur die Nachwirkungen der Katastrophe. Die nur 4000 auserwählten Überlebenden scheinen die Verstrahlung und andere Gefahren zumindest halbwegs im Griff zu haben, die Welt entspricht visuell trotzdem der typischen postapokalyptischen Wüste, wie man sie aus zahlreichen Konkurrenztiteln kennt. Der dreidimensionale Comic-Stil erinnert an Telltale, das Ergebnis wirkt allerdings etwas detailärmer und die Animationen weniger geschliffen. Auch beim Spieldesign orientieren sich die Entwickler am Vorbild: Es gibt nur wenige Rätsel und im Gegenzug viel filmisch inszenierte Handlung mit dramatischen Entscheidungen unter Zeitdruck.

Die zahlreichen Einstellungswechsel sorgen für eine gelungene filmische Inszenierung, die allerdings nicht ideal auf die Interaktion mit der Umgebung abgestimmt wurde.
Die zahlreichen Einstellungswechsel sorgen für eine gelungene filmische Inszenierung, die allerdings nicht ideal auf die Interaktion mit der Umgebung abgestimmt wurde.
Als das Duo zur Untersuchung des letzten Bunkers mit im Cryo-Schlaf befindlichen Menschen aufbricht, schlägt ihre zu Beginn nur genervte Grundstimmung schnell in Besorgnis um. Warum ist der Bunker so verwüstet und warum spielt die Technik auf derart seltsame Weise verrückt? Während der Spieler diesem Rätsel auf den Grund geht, schaltet die Regie immer wieder in die Zeit vor dem großen Knall um. Dort schlüpft man in die Rolle von Mia, eine Art Hausmeisterin des Bunkers Ark-01. Während draußen die Bomben detonieren, muss sie ebenfalls mit einem Partner zusammenarbeiten, um in der noch nicht komplett fertiggestellten Anlage zurecht zu kommen. Die Ausgangslage erzeugt also bereits eine unheimliche Grundstimmung, welche vom ruhigen Soundtrack passend untermalt wird.

Gemächliches Kurzabenteuer in zwei Zeitebenen

Ich bewege also abwechselnd Donnie und Mia, während ich ab und zu unter Zeitdruck eine Entscheidung treffen muss, an die sich meine Mitstreiter erinnern. Wie höflich oder deutlich mache ich dem aufdringlichen Randolph klar, dass er mich verdammt noch mal nicht bei bei meiner Arbeit  stören soll? Ist Mia eine Computerspezialistin oder eine Ingenieurin für Maschinenbau? Auch manche Rätsel müssen unter Zeitdruck gelöst werden, um die Tiefschläfer nicht zu gefährden. Dumm nur, wenn ein Bug dazwischen funkt, der mir eine Situation gleich doppelt vermiest hat: Da eine Tür sich plötzlich nicht mehr öffnen ließ, ging es erst weiter, als ich den Speicherpunkt ein zweites Mal geladen hatte. Nach dem Missgeschick suchte ich meine Umgebung beim nächsten Rätsel noch gewissenhafter nach Hotspots ab. Diese „Trödelei“ sorgte allerdings dafür, dass ich ein Rätsel unter Zeitdruck nicht rechtzeitig abschloss, das Leben vieler Cryo-Schläfer aufs Spiel setzte und mein Partner mich hinterher dementsprechend weniger leiden konnte – na schönen Dank auch!

Die Figuren werden mit klassischer Point-and-Klick-Steuerung durch die Kulisse bewegt.
Die Figuren werden mit klassischer Point-and-Klick-Steuerung bewegt.
Auch in ruhigeren Rätseln wirkt die Handhabung nicht ideal: Hotspots erscheinen manchmal erst, wenn man an unsichtbaren Grenzen umständlich in ihre Nähe schreitet, Dialoge lassen sich nicht abbrechen und es gibt nicht mal ein Inventar. Stattdessen schnappt man sich stets nur einen Gegenstand und setzt ihn in der Nähe ein. Das Brecheisen öffnet eine rostige Schaltkonsole, das Benzin wandert in den Generator. Ein derartiker Fokus auf simple „Rätsel“ ist mir fast noch nie in einem Adventure begegnet. Außerdem lässt sich die langsame Schrittgeschwindigkeit zwischen den Objekten nicht einmal durch einen Doppelklick beschleunigen. Auch in ausgelagerten Puzzles müssen später z.B. nur simple Verdrahtungen im Sicherungskasten umgesteckt werden.

 

FAZIT



Beim Debüt einer Adventure-Staffel hat man ja oft dieses Gefühl, nur an der Oberfläche zu kratzen und fast noch gar nichts von der Handlung gesehen zu haben - so krass wie in The Descendant war das bei mir aber noch nie der Fall. Nach nur rund einer Stunde ließ mich das Ende der ersten Episode etwas ratlos zurück. Sicher, es gab einen kurzen Hinweis darauf, dass im postapokalyptischen Bunker eine Verschwörung lauern könnte, doch spielerisch gesehen fühle ich mich wie nach einer kurzen Messe-Demo. Rätsel, die ihren Namen auch verdienen, gab es nicht. Stattdessen musste ich lediglich vorhandene Orte und Gegenstände abklappern, um quasi automatisch zur Lösung zu gelangen. Was soll das? Warum beschränken sich die Entwickler dann nicht einfach auf eine interaktive Geschichte mit folgenschweren Entscheidungen? Die mysteriöse Ausgangsstimmung und neugierig machende Rückblenden werden zudem immer wieder durch übertrieben betonte Dialoge gestört. Zu Beginn hatte ich noch eine gewisse Motivation, tiefer in das Geheimnis um den postapokalyptischen Bunker einzutauchen – nach der ernüchternden ersten Stunde ist sie aber stark gesunken.

Einschätzung: ausreichend

WERTUNG



PC

„Nach rund einer Stunde ließ uns das Ende der ersten Episode ratlos und ernüchtert zurück: Das war alles?”

Wertung: ausreichend

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