Tempo ohne Speichern
Gears Tactics setzt im Gegensatz zu Mutant Year Zero ausschließlich auf den Runden-Modus. Freie Echtzeit-Bewegung gibt es nicht. Alles läuft dauerhaft rundenbasiert, dennoch ist das Tempo relativ hoch und auf Schnelligkeit getrimmt, wobei man sich in den Zügen immer Denkpausen gönnen kann. Selbst der Transfer zu den Extraktionszonen geht meist schnell, wobei dieses "Raus-hier-Element" nicht bei jedem Missionstyp genutzt wird. Das höchst durchdachte und mit sinnvollen Anzeigeoptionen versehende Benutzerinterface unterstreicht den Tempodrang zusätzlich.
In den Kämpfen kann nicht frei gespeichert werden (außer "Speichern und Ende"), wodurch man getroffene Entscheidungen, übereilte Übergriffe oder verfehlte Angriffe nicht wiederholen kann. An gewissen Kontrollpunkten speichert das Spiel selbstständig und ermöglicht eine Rückkehr zum letzten Kontrollpunkt. Insgesamt vier Schwierigkeitsgrade stehen zur Auswahl (Anfänger, Mittel, Erfahren, Wahnsinnig), die optional in einem Iron-Man-Modus angegangen werden können, der jegliche Wiederholung einer Mission unmöglich macht. Sogar die Mischung "Anfänger" und "Iron-Man" ist möglich. Nach einem Einsatz werden die Kämpfer automatisch geheilt.
Ausrüstungsverwaltung statt Basisbau
Zwischen den Missionen gibt es keinen Basisaufbau wie bei XCOM. Stattdessen kümmert man sich um die Ausrüstung der Gears und neue Rekruten. Der Schwerpunkt liegt auf Rüstung (Helm, Torso, Beine) und Waffen. Die fünf Klassen (Sanitäter, Vorhut, Scharfschütze, Scout, Waffenexperte) haben jeweils eine Klassen-spezifische Waffe, die nicht ausgetauscht werden kann. Die Knarre lässt sich mit vier Waffen-Mods verbessern. Schaden, kritische Trefferchance, Genauigkeit oder die Größe des Magazins werden so verändert - plus etwaige Bonuseffekte je nach Mod-Qualitätsstufe. Das Ausrüstungs- und Truppenmanagement findet ausschließlich zwischen den Missionen statt und hätte ein besseres PC-Interface verdient, denn die großen Boxen pro Gegenstand wirken ziemlich konsolig und unnötig verschachtelt. Aber immerhin ist der Werte-Vergleich ordentlich.
Vier Bauteile der Waffen können modifiziert werden. Hier wird ein legendärer Schaft eingesetzt.
Sämtliche Gears sammeln in den Missionen Erfahrung, erhalten Level-Ups und können Talentpunkte in bis zu vier Spezialisierungen stecken - von Sturmangriff über Deckungselite bis Sprengmeister und Führungskraft. Durch den Charakter-Fortschritt ergeben sich clevere Möglichkeiten für aggressive Attacken. Die Sanitäter-Klasse nutzt den klassischen Lancer inkl. Kettensäge im Nahkampf und mit ihrer Klassenfähigkeiten können sie auf Gegner zustürmen und ordentlich zersägen. Der Scout hat eine durchschlagskräftige Gnasher-Schrotflinte und zugleich verfügen Vertreter dieser Klasse über eine Tarnfähigkeit, wodurch sie sogar Overwatch-Situationen aus dem Weg gehen können. Insgesamt gibt es mehr Charakter-Fertigkeiten und Taktik-Möglichkeiten als bei
Mutant Year Zero, aber weniger als bei
XCOM 2: War of the Chosen.
Gabe Diaz wird zunächst Kampfsanitäter mit Gesundheitsboost bei Kettensägenangriff und danach wird er zum Strategen.
Die Kämpfer unterteilen sich in storyrelevante Helden und Rekruten. Letztere lassen sich umbenennen und optisch ausführlich anpassen. Damit die Rekruten in die Einsätze mitgenommen werden (müssen), ist die Helden-Auswahl bei einigen Missionen eingeschränkt, was die Story immerhin halbwegs nachvollziehbar erklärt.
Auf der Jagd nach Ukkon
Apropos Geschichte. Gears Tactics spielt zehn Jahre vor dem ersten Teil. Gabe Diaz, der Vater von Kait Diaz (
Gears 5), wird mit dem Ziel betraut, den Locust-Wissenschaftler Ukkon auszuschalten, der große Monster erschafft. Diaz, die zuerst unwillige aber pflichtbewusste Silberlocke, muss zunächst einen Konvoi zusammenstellen und neue Truppen finden, weil es keinen Verstärkung für seine ach so wichtige Mission gibt. Während der Spurensuche gesellen sich weitere Charaktere und Streitereien hinzu. Die Charaktergestaltung für ein Spiel des Genres ist gut, aber nicht überragend. Mehr Tiefgang und Charakterbildung hätten die Glaubwürdigkeit gesteigert, erst Mikayla zeigt mit Fascho-Bemerkungen, dass mehr möglich wäre. Am Ende des zweiten der drei Akte wartet dennoch eine Überraschung ...
Die Ingame-Zwischensequenzen sind unheimlich aufwändig gestaltet, aber im zweiten Akt hängen Story und Cutscenes etwas durch. Auch die Missionen wollen eher Zeit schinden.
Die eigentliche Geschichte kommt recht spät (nach der Hälfte) in Fahrt und viele Chancen im Gears-Universum bleiben ungenutzt. Umso eindrucksvoller ist die Inszenierung der Geschichte mit aufwändigen Ingame-Zwischensequenzen, gut eingefangenen Dialogen und detailliert schicken Charakter-Modellen. Bei der Inszenierung klotzen die Entwickler anstatt zu kleckern, wobei auch hier die Mitte das Spiel etwas durchhängt. Absolut vorbildlich ist hingegen der Einstieg, der mit vielen Cutscenes, einem druckvollen Ersteinsatz als Tutorial und einem massiven Bombardement gleich in die Vollen geht. Danach muss Gears Tactics erstmal Luft holen.