Test: Eliza (Adventure)

von Benjamin Schmädig



Eliza (Adventure) von Zachtronics
Edles Hör-Spiel
Entwickler:
Publisher: Zachtronics
Release:
12.08.2019
10.10.2019
Erhältlich: Digital (GOG, Steam)
Erhältlich: Digital (Nintendo eShop)
Spielinfo Bilder Videos
Nachdem die Macher von SpaceChem und Opus Magnum ihr aktuelles Spiel erst im Sommer auf PC veröffentlicht haben, ist Eliza jetzt auch für Nintendo Switch erschienen. Im Gegensatz zu vorherigen Zachtronics-Titeln hat die Visual Novel dabei mit komplexen Rätseln nichts zu tun. Sie ist ein interaktives Hörspiel, das sich auf spannende Art mit einer künstlichen Intelligenz befasst und den Fragen, die sie aufwirft.


Lesen statt lösen

Weil vielleicht nicht alle an Zachtronics interessierten Spieler damit vertraut sind: Visual Novel bedeutet vor allem zuschauen. Im Gegensatz zu anderen Spielen löst man ja nahezu keine Rätsel und ist schon gar nicht als aktiv handelnder Avatar Mittelpunkt des Geschehens. Vielmehr fließt eine Textzeile nach der nächsten über den Bildschirm, während starre Bilder die Situation illustrieren. Im Mittelpunkt steht nicht das eigene Tun, sondern das Verfolgen der Geschichte.

Und die ist Matthew Seiji Burns ausnehmend gut gelungen! In den Mittelpunkt stellt der Autor, Regisseur und Komponist Evelyn Ishino-Aubrey, deren Vergangenheit er zunächst im Dunkeln lässt – nicht, weil sie faktisch ein Geheimnis ist, aber um das Interesse seiner Spieler zu wecken. Und weil ihm das mit diesem und anderen erzählerischen Mitteln überzeugend gelingt, werde ich nichts vorwegnehmen, sondern lediglich im Groben Eckpunkte und Motive anreißen.

Die Repräsentantin

Evelyn wird als „Proxy“ angelernt; eine Art Schnittstelle zwischen der KI Eliza und Klienten, die psychologische Hilfe suchen, sich eine klassische Beratung aber nicht leisten können. Sie vereinbaren damit einen Termin in einer Eliza-Filiale, wo sie sich mit ihrem Proxy in einem Besprechungszimmer treffen. Der menschliche Kontakt soll die Beratung erleichtern...

Proxys sehen einige der Daten, die Eliza analysiert und natürlich die Antworten, die die KI vorgibt.
Proxys sehen einige der Daten, die Eliza analysiert und natürlich die Antworten, die die KI vorgibt.
... das eigentliche Gespräch führt allerdings Eliza, denn das titelgebende Programm analysiert zentrale Begriffe, misst den Puls, die Atmung sowie andere Werte der Klienten und formuliert daraufhin passende Antworten. Als Grundlage dafür dient ein riesiger Datensatz zuvor gesammelter Fälle – auch das ist im Verlauf der Handlung ein Thema. Proxys müssen jedenfalls die von Eliza an ihr Display übertragenen Antworten vorlesen, ohne auch nur im Geringsten davon abzuweichen.

Multiple-choice auf rotem Faden

Es geht natürlich um die Frage, ob diese Art der Beratung hilfreich ist, aber auch um den zugrundeliegenden psychologischen Ansatz, die Herangehensweise derer, welche die KI erschaffen haben, und mehr. Immerhin trifft Evelyn bald schon Schlüsselfiguren, die auf sehr verschiedene Weise mit Eliza in Verbindung stehen, wobei Burns jedem Charakter eine ebenso menschliche Perspektive wie faktisch fundierte Argumente verleiht. Das hat die Geschichte spätestens dann interessant gemacht, als ich nach dem gewählten Ende noch einen anderen Ausgang probiert und als überraschend nachvollziehbar empfunden habe.

Die Besonderheiten der Switch-Version

Hochauflösende 4K-Bilder sieht man in der Umsetzung natürlich nicht, trotzdem spielt das stilvolle Artdesign auch auf der Nintende-Konsole seine Stärken aus.

Eine optionale Touchscreen-Steuerung gibt es leider nicht - dafür eignet sich das fast von Beginn verfügbare Solitaire-Minispiel hervorragend als mobiler Zeitvertreib!
Nun ist Eliza kein Detroit: Become Human. Burns spinnt einen geradlinigen roten Faden, dessen Verlauf man nur zum Schluss maßgeblich lenkt. Er arbeitet seine Figuren aber so sorgfältig aus, dass ihre Argumente sowohl emotional als auch rational stets glaubwürdig sind. Man macht sich selbst ein Bild, fühlt für Personen, die zunächst unnahbar wirken, und hinterfragt Manches, das als selbstverständlich gilt. Man beeinflusst die Unterhaltungen zwar nie entscheidend, bringt mit kleinen Multiple-choice-Entscheidungen aber immer den eigenen bzw. Evelyns Standpunkt ein. So wenig das im Großen ändert, so sehr erleichtert das den emotionalen Zugang.

Hör-Spiel

Dazu trägt außerdem bei, dass nicht nur die intellektuelle Diskussion, sondern auch die Figuren selbst im Mittelpunkt stehen. Burns konzentriert sich zwar auf die großen Argumente, räumt den Auswirkungen des Wirkens der künstlichen Intelligenz und was es bedeutet an ihr zu arbeiten aber so viel Raum ein, dass man versteht, was die technologischen Veränderungen für einzelne Menschen bedeuten.
Die stilvolle Solitaire-Variante ist auf Switch besonders gut dazu geeignet kurze Pausen einzulegen - und zu langen werden zu lassen.
Die Solitaire-Variante ist auf Switch besonders gut dazu geeignet kurze Pausen einzulegen - und zu langen werden zu lassen.

Nicht zuletzt wurden die Gespräche von durchgehend erstklassigen Sprechern vertont. In der Tat setzt sich Eliza dadurch vom Großteil der Visual Novels ab: Anstatt Textwüsten zu lesen, habe ich mich zurückgelehnt und die Erzählung wie ein hochwertiges Hörspiel genossen. Es tut richtig gut, Aily Key in der Rolle von Evelyn und vielen Anderen zuzuhören! Zumal auch die stilvollen Zeichnungen sowie das hervorragende Sounddesign viel dazu beitragen, dass das Spiel einen edlen Eindruck hinterlässt.

Geschickt verhindert Burns außerdem ermüdend lange Dialoge. Gelegentlich unterbricht sogar ein Anruf die Unterhaltung oder man kann auf eine Chat-Nachricht antworten, E-Mails lesen und mehr. Clever auch, dass die Arbeit als Proxy der Interaktion einer Visual Novel sehr ähnlich ist, denn das sorgt ebenfalls dafür, dass man sich hier eher mit dem Durchklicken anfreundet als in ähnlichen Spielen. Und schließlich bietet Zachtronics einmal mehr Solitaire als größeres Minispiel an. Die hier vorhandene Variante wird mit Kabufuda-Karten gespielt ist besonders knifflig – ein angenehmer Kontrapunkt zum eigentlichen Spiel, auf den dort kurz sogar Bezug genommen wird.

Kommentare

johndoe-freename-100947 schrieb am
Das war über Weihnachten im Sale, hab es in ca. 6 Stunden durchgespielt und sehr genossen. Wirklich gut geschriebene, tiefgründige, interessante Texte. Wenn man irgendwas bemängeln kann dann vielleicht die fehlende Interaktion (wird eher geschickt und narrativ eingesetzt), aber ist nunmal ein visuelles Novel. Würde mit dem rating mitgehen.
Mafuba schrieb am
Ok dann bin ich ja beruhigt und kann mal in die Switchversion "reinhören" :D
4P|Benjamin schrieb am
Hoppla, das tut mir leid. Da gibt's tatsächlich nichts zu verstehen, da das ein Überbleibsel aus dem Bericht der PC-Version ist. Die Gamepads funktionieren natürlich super. Sorry, das hab ich glatt übersehen. :|
Mafuba schrieb am
... ich finde es zudem ausgesprochen schade, dass ich das edle 4K-Artdesign nicht auf dem Fernseher genießen kann, weil kein einziges meiner Gamepads richtig funktioniert.
Diesen Satz m Fazit verstehe ich nicht Benjamin. Funktionieren die Switch Controller (Joycons/ pro) nicht bei diesem Spiel?
schrieb am