Test: SunAge (Taktik & Strategie)

von Benjamin Schmädig



Entwickler:
Publisher: dtp
Release:
29.02.2008
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Immerhin nehmen die Gruppen selbstständig sämtliche Widersacher ins Visier, die sich innerhalb ihrer hellblauen Angriffszone befinden. Vertex4 will so den Stellungskrieg fördern, damit es statt frenetischer Klickattacken zu einem sinnvollen Platzieren der Einheiten kommt. Selbstverständlich unterscheiden sich die Angriffszonen, so dass einige Fahrzeuge z.B. weit schießen, sich im Nahkampf aber nicht verteidigen können. Ihr bringt eure Linien also in Stellung - der Rest geschieht automatisch. Die Idee ist gut! Die Ausführung nicht. Spielerisch macht es nämlich keinen Unterschied, ob man an Fronten, die naturgemäß in ständiger Bewegung sind, stets neue Ziele wählt oder ständig die Positionen wechselt. Tatsächlich müssen Taktiker somit nicht nur einen Gegner wählen, sondern immer erst die Angriffszone evaluieren. Würden die eigenen Mannen von sich aus ihre Stellung wechseln,
Ausgesprochen ärgerlich: Eigene Truppen lassen sich nicht auf bebauten Boden bewegen.
um einen nahen Feind in Schussreichweite zu bekommen, wäre das verschmerzbar. Aber die Naivlinge verharren stur am Fleck. Gut, dass sie einem Gegner nicht über die halbe Karte folgen und damit ins Verderben! Schlecht, dass sie nicht einmal in der direkten Auseinandersetzung flexibel reagieren!

Flinkfingern statt Taktieren

Sie denken nicht einmal so weit mit, dass die hinteren Reihen einer Truppe aufrücken sollten, falls nur ihre Vordermänner ein entferntes Ziel erreichen. Im schlimmsten Fall sinkt die Feuerkraft damit auf ein Viertel des Möglichen - in einer heiklen Verteidigungssituation kann das frustrierend sein. Dass entfernte Gegner ähnlich clever agieren, weil sie oft nicht auf Beschuss reagieren, ist ein schwacher Trost. Man kann die Ausrichtung der Einheiten zwar ebenso vorgeben wie ihre Formation (vier Dreier- oder zwei Sechserreihen usw.), doch das löst das Problem nicht, sondern kommt der Hektik sogar entgegen. Und was passiert nun, wenn ihr dennoch per Rechtsklick einen Feind anvisiert? Dann legt ihr das bevorzugte Ziel des gewählten Squads fest. Sprich: Es wird zuerst diesen Gegnertyp beharken, bevor es sich anderen zuwendet. Sinnvoller wäre allerdings, wenn man eine bevorzugte Gegnerklasse bestimmen dürfte. Denn so nehmen sich schwere Geschütze zwar z.B. die rollende Artillerie vor, kümmern sich anschließend aber evtl. um schwaches Fußvolk, anstatt weitere gepanzerte Fahrzeuge auszuschalten. Das Ergebnis ist ernüchternd: Weil man so und wegen der zuvor erwähnten Mängel dann doch wie ein koreanischer Flinkfinger klicken muss, rückt der von vertex4 angedachte Stellungskrieg nie in den Mittelpunkt. SunAge spielt sich trotz ungewöhnlicher Steuerung ausgesprochen herkömmlich. Es ist sogar unübersichtlicher als vergleichbare 2D-Oldies.

Noch dazu gesellen sich Pfadfinder zu euren Truppen, die lieber durch unerforschtes Feindesland waten, anstatt einen unwesentlich längeren, aber sicheren Weg zu nehmen. Auf bebautes Gelände trauen sie sich schon gar nicht, und das wirkt spätestens dann albern, wenn ein Gegner in eure Basis einfällt. Denn habt ihr diese lückenlos bebaut, kann ein Feind im Zentrum eures Stützpunktes gemütlich ballern, falls ihn die an der Peripherie errichteten
Bewegte Bilder von der SciFi-Erde:

Der offizielle Trailer
Verteidigungskanonen dort nicht erreichen. Ihr müsst die Gebäude aber möglichst lückenlos anordnen, weil sie nur so Strom vom Hauptquartier beziehen.

Wollt ihr entfernte Bauten mit Energie versorgen, müsst ihr das Stromnetz hingegen über Radartürme erweitern. Im fortgeschrittenen Stadium wirkt die schön gezeichnete 2D-Welt daher wie Deutschland auf einer von E.ON gesponsorten Landkarte. Jeder Vorstoß zu neuen Rohstoffen verlangt somit zunächst das Sichern dieser Radarpfeiler. Daraus entstehen spannende Stellungskämpfe, bis ein Außenposten samt Energieversorgung endgültig steht.

Überrushungen

Dabei fordert SunAge das Erschließen neuer Ressourcenarten nicht nur, weil euch fortschrittliche Technologien sonst verschlossen bleiben; die Rohstoffquellen liefern zudem vergleichsweise wenig Material. Will heißen: Wer nicht im Eiltempo seine Basis erweitert, wird schnell eingekesselt, weil er im schlimmsten Fall nur noch einen Rohstoff übrig und damit schwache Einheiten zur Verfügung hat, während sich der Gegner in Ruhe ausbreiten kann. Schließlich ist es wegen des benötigten und für alle sichtbaren Stromnetzes unmöglich, in einem versteckten Winkel eine zweite Basis zu errichten. Das macht vor allem Online- oder LAN-Gefechte zu unausgeglichenen Partien, wenn die Streithähne nicht gleich stark sind. Im Besonderen heißt das: Der aggressivste Spieler macht das Rennen - buchstäblich. Denn ein überlegter Rush ist die wirkungsvollste Waffe, selbst gegen nur minimal schwächere Gegner. Weil die wahlweise vom Programm gesteuerten Feinde
Über solche Strommasten wird die Energieversorgung gesichert.
eine ähnliche Taktik verfolgen und nicht an das eigene Können angepasst werden dürfen, haben es Einsteiger zudem schwer, sich Schritt für Schritt die wichtigen Grundlagen zu erarbeiten. Nicht zuletzt wirken gerade mal zwei Mehrspieler-Varianten (Jeder-gegen-Jeden und Zwei-gegen-Zwei) sehr sporadisch. Kein Wunder: Die Multiplayer-Anbindung wurde erst nach dem US-Start per Patch nachgereicht. Sie soll laut Entwickler aber immerhin ausgebaut werden.

Schon aufgrund der wenigen Enthusiasten (wenn überhaupt, ist nur eine Hand voll Spieler online), bleibt euch auf lange Sicht deshalb vor allem die Solokampagne - ein "Basisbau-Vernichten-Zwischensequenz"-Tonband. Dass die halbwegs clevere Handlung auf gerade mal zwei sich ähnelnden Welten stattfindet, wirkt auf Dauer leider ähnlich ermüdend wie die profillosen Protagonisten, denn Letztere gehen sowohl optisch als auch spielerisch unter. Spielerisch gleichen sie den gewöhnlichen Kommandanten, von denen ihr beliebig viele produzieren und einer Truppe zuordnen könnt, um deren Kampfkraft, teilweise mit besonderen Fähigkeiten zu stärken. Sinnvoll scheint z.B. der Sentinel-Protektor, der wahlweise einen Schutzschirm gegen Geschosse, Laser oder Explosionsschäden um seinen Trupp aufbaut. Allerdings kommt man in SunAge ähnlich schnell zu einer schlagkräftigen Armee, wenn man auf die Kommandanten verzichtet und sich auf die Produktion weiterer Soldaten konzentriert. Zumal vertex4 ohnehin nur oberflächlich auf "Schere-Stein-Papier" setzt: Die Einheiten aller drei Fraktionen gleichen sich frappierend. Sie beherrschen zwar jeweils zwei Angriffsarten (z.B. "weite Schüsse, aber schlecht im Nahkampf" oder "stark im Handgemenge, aber geringe Reichweite"), aber selbst diese ähneln sich bei Mensch, Mutant und Alien. Letztlich erinnert SunAge deshalb an ein taktisch mageres "Schere gegen Schere", das auf Mechanismen aus der Zeit vor StarCraft baut. "Ol' Skool", wie es die Entwickler nennen, ist tatsächlich klasse! Aber muss es denn antik sein?   

Kommentare

XP_SPLICER51 schrieb am
cyruzthaviruz hat geschrieben:von der idee her find ichs klasse :-D
gab früher viele gute spiele deren nachfolger dann zwar viel hübscher waren aber halt 0 Tiefe hatten/haben. Schade das es heutzutage kaum was anspruchsvolles mehr aufm Markt gibt. Aber ab un an gibt es ja noch Ausnahmen... zu denen dieser Teil hier allerdings wohl nicht gehört ^^
Hier meine Top 3 Strategie Games, die vollstens zu empfehlen sind:
1. Command and Conquer 3 Tiberium Wars
2. Supreme Commander
3. Der Herrscher des Olymp Zeus
Nummer 3 ist ein Klassiker, den ich persönlich noch gut finde.
johndoe-freename-870186 schrieb am
lol? RELEASE DATE: November 30, 2007 hat der test jetzt etwas mit deiner kolumne zu tun? wenn ja dann teste bittttttttttttttttttte sins of a solar empire 89% bei metacritic und es gibt sogar einen deutsch patch
cyruzthaviruz schrieb am
von der idee her find ichs klasse :-D
gab früher viele gute spiele deren nachfolger dann zwar viel hübscher waren aber halt 0 Tiefe hatten/haben. Schade das es heutzutage kaum was anspruchsvolles mehr aufm Markt gibt. Aber ab un an gibt es ja noch Ausnahmen... zu denen dieser Teil hier allerdings wohl nicht gehört ^^
schrieb am