Rollende Kampfmaschinen
Ein Grund für die Neuausrichtung war vermutlich der Erfolg des Panzergemetzels
World of Tanks. Ähnlich wie dort duelliert man sich auch in der Early-Access-Version von Crossout zwischen den Deckungen und klickt sich durch Menüs mit Herausforderungen, diversen Währungen und Ressourcen. Entscheidende Unterschiede sind allerdings das Endzeit-Szenario sowie die Bastelwut, die in der Werkstatt an den rostigen Kampfmaschinen ausgelebt werden kann. Die gewählte Fraktion „schmiedet“ einem auf Wunsch gerne vorgefertigte Rostlauben. Danach motzt man sie aber mit derart vielen Rammbock-Klingen, Kanonen und Panzerung auf, dass selbst das A-Team neidisch würde. Einige Begrenzungs- und Balance-Systeme sorgen dafür, dass man sich kein zu übermächtiges Vehikel baut – es sei denn, man spielt sich im Shop als Wal auf und kauft sich schon zu Beginn die fetten Pakete mit Münzen, Ressourcen und hübschen Endzeit-“Panzern“. Andernfalls kann es viele Stunden dauern, bis man genügend Teile gesammelt hat, um das Fahrgestell zu erweitern, so dass mehr Bewaffnung und eine bessere Kühlung derselben möglich wird.
Schön verfallen: Die Schlachtfelder erinnern angenehm an rostige Kunstprojekte wie Odonien in Köln oder Dan Bells Youtube-Ausflüge an verlassene Orte.
Man kann allerdings auch ohne Sonderausgaben Spaß haben. Zunächst muss man sich zwar in die etwas sperrige Menüführung hineinfuchsen, dann lassen sich die Teile in der Werkstatt aber einfach aneinander pappen oder verschieben: Hier noch ein vergittertes Schutzfenster, da noch ein Aggregat, welches mich nach einem Sturz wieder auf die Reifen hievt und dort noch zwei extra dicke Kotflügel über das Rad. Zu guter Letzt klatsche ich noch zwei eigentlich als Tür gedachte Bauteile ans Heck, um mit ihnen die Rückseite der Räder zu schützen. Oder man handelt mit überzähligen Exemplaren auf dem Marktplatz, um sich dringend benötigte Utensilien zu beschaffen. Wer möchte, kann beim Bau sogar von Grund auf mit Rahmen-Elementen anfangen, relativ frei eine Fahrerkabine befestigen oder sogar Flugzeugteile verbauen. So entstehen herrlich bizarre Ungetüme aus rostigem Stahl. Cool auch, dass sich die kreativen Meisterwerke anderer Spieler online durchblättern und binnen Sekunden Probe fahren lassen. Vom bizarren meterlangen Stahlgerippe mit mehreren Waffenreihen bis zum dick verpackten Panzer-Bulli sind erstaunlich viele Ansätze zu entdecken, bei denen sich das Gewicht der Teile übrigens aufs Fahrverhalten und Durchhaltevermögen der Panzerung auswirkt.
Kurzer Schlagabtausch
Auf dem Schlachtfeld bekämpfen sich meist zwei Teams von je acht Spielern beim Versuch, Zonen einzunehmen. Oft findet man nur eine Hand voll Mitspieler, der Rest wird aber passend mit Bots aufgefüllt. Im Gemetzel machen sich dann sofort die Vorteile und Schwachstellen der Boliden bemerkbar. Die fette neue Kanone z.B. macht meinen Pickup gleich spürbar schwerer, was seine Beschleunigung beeinflusst und die Balance deutlich frontlastiger macht. Außerdem zwingt mich die veränderte Bewaffnung, meine Angriffsstrategie umzustellen. Während ich mich vorher gerne direkt ins Getümmel gestürzt habe, ist jetzt eher die Panzertaktik angesagt: Erst einmal vorsichtig den Schwarm gegnerischer Punkte auf dem Radar einschätzen! Kurz danach schlängele ich mich langsam durch verrostete Container und gestrandete Wüstenschiffe zu einem Grüppchen von Nachzüglern, die ich schließlich mit der fetten Kanone aus der Distanz überrasche.
Nicht hübsch aber häufig: Die Explosionen wirken ziemlich billig. Das modulare Zerstörungssystem macht das aber wieder mehr als wett!
Diese schwere Waffe bringt nur wenig Munition mit und lässt sich lediglich in einem schmalen Winkel ausrichten, daher muss ich meine Opfer möglichst frontal aufs Korn nehmen. Wumms! Der erste Schuss hat gesessen, danach ist die MG dran. Nach dem Umbau kann sie zwar nicht mehr den Bereich hinter mir beschützen, besitzt aber nach wie vor ein endloses Magazin und kann höchstens überhitzen. Wumms, ein weiterer Treffer verwandelt den angeschlagenen Gegner in eine Explosionswolke. Doch schon Sekunden später knickt meine Hinterachse ein, weil mir jemand das seitlich ungeschützte Rad aus der Verankerung geballert hat. Schönen Dank auch! Also eiert mein dreirädriges Gefährt die letzte Minute lang wie besoffen übers Schlachtfeld, so dass ich bei jedem Kanonenschuss einschätzen muss, wie sehr mich der Rückstoß nach hinten schleudert – eine nicht zu unterschätzende Prüfung der Improvisationsfähigkeit!