Ein Überraschungserfolg
Trotz des vergleichsweise geringen Budgets und einem kaum vorhandenen Marketing entpuppte sich DiRT Rally als Überraschungserfolg. Die Veröffentlichung im Early Access von Steam erwies sich als goldrichtig und so war es neben den überzeugenden Qualitäten vor allem die positive Mundpropaganda der Community, mit deren Hilfe die Simulation auf dem Radar vieler Spieler auftauchte. Kein Wunder: Nach dem mittlerweile trotz Mod-Verjüngung sehr betagten Klassiker Richard Burns Rally und den durchschnittlichen WRC-Titeln aus dem Hause Milestone war die Sehnsucht groß, sich endlich wieder hinter das Steuer einer modernen und erstklassigen Rallye-Simulation zu klemmen. Denn auch Codemasters entfernte sich mit der DiRT-Reihe immer weiter vom traditionellen Zeitfahren, sondern schnürte stattdessen ein Offroad-Paket, in dem die typische Rallye nur noch einen von vielen Aspekten darstellte und stattdessen der Entertainment-Faktor der X-Games zum Vorbild wurde.
Wir konnten uns bereits in einem 2er-Golf von der hervorragenden Fahrphysik von Dirt Rally 2.0 überzeugen.
DiRT Rally war dagegen ein Versuchsballon, den Geist von Colin McRae Rallye wiederzubeleben. Ein Experiment, um herauszufinden, ob es da draußen überhaupt noch genug Interesse an einem solchen Rennspiel gibt, das sich auf die klassische Rallye konzentriert und hinsichtlich der Fahrphysik sowie den Setup-Möglichkeiten zur Simulation tendiert. Jetzt kennt man die Antworte: DiRT Rally eroberte sich nicht nur den Ruf einer Genre-Referenz, sondern überzeugte offenbar auch auf wirtschaftlicher Ebene und ermöglichte dadurch die Entwicklung des jüngst angekündigten Nachfolgers.
Bewährte Basis
Dirt Rally 2.0, dessen Namen schon recht eindeutig als Verweis auf Colin Mcrae Rally 2.0 interpretiert werden darf, will dem Konzept des Vorgängers treu bleiben. Man verfolgt also erneut einen möglichst realistischen Ansatz und will das Fahrgefühl möglichst authentisch einfangen, wenn man sich hinter das Steuer klassischer und moderner Boliden klemmt. Einen überzeugenden Vorgeschmack darauf lieferten unsere ersten Abstecher in einem 2er-Golf, mit dem wir uns in Neuseeland über eine staubige Piste und vorbei an dichten Wäldern sowie massiven Felsformationen bis zum Ziel vorgekämpft haben. Nach den arcadigen Offroad-Ausfügen in Forza Horizon 4 fiel die Umstellung zunächst schwer, denn der Frontantriebler-Golf hatte mit
Der Ur-Quattro darf in keinem Rallye-Spiel fehlen.
längeren Bremswegen und einem deutlich ausgeprägten Untersteuern zu kämpfen. So endeten die ersten Ausflüge schneller am nächsten Baum als gedacht und erlaubten einen ersten Blick auf Verformungen der Karosserie.
Doch sobald man sich wieder im Dirt-Rally-Modus befindet, lernt man die anspruchsvolle Physik erneut zu schätzen, die dem Piloten zwar viel abverlangt, ihn im Gegenzug aber mit einem fantastischen Fahrgefühl belohnt, wenn man die Gewichtsverlagerungen regelrecht spürt und das Auto gefühlvoll mit Drifts sowie dem gezielten Einsatz der Handbremse durch die mitunter heftigen Kurvenformationen dirigiert. Dabei soll außerdem die Deformation der Fahrbahn-Oberfläche berücksichtigt werden. Theoretisch sollte es also einen Unterschied machen, ob man als Erster eine Etappe auf „frischem“ Untergrund in Angriff nehmen darf oder man beim späteren Start von Furchen und Unebenheiten konfrontiert wird, die von vorausfahrenden Piloten verursacht wurden. In der Praxis hielten sich die negativen Auswirkungen allerdings in Grenzen, auch wenn wir noch keinen direkten Vergleich zwischen der unberührten und abgenutzten Strecke ziehen konnten.