Als Al Capone in Chicago ...
Die große Stärke von Empire of Sin ist zweifelsohne das unverbrauchte Szenario, denn die Mischung aus Wirtschaftssimulation und Rundentaktik mit ausgearbeiteten Charakteren spielt in der kriminellen Unterwelt von Chicago zur Zeit der Prohibition in den goldenen 1920er-Jahren. Die Prohibition war das landesweite Alkoholverbot, das Herstellung, Transport und Verkauf von Alkohol umfasste. Das Verbot endete im Jahr 1933 und auch das Spiel endet in diesem Jahr.
Von 1920 bis 1933 blühte wenig überraschend der Alkoholschmuggel auf und weil der Weg von Kanada nach Chicago nicht wirklich weit war, ergaben sich neue, illegale Geschäftsmöglichkeiten, die man in dem Spiel von Romero Games und Paradox Interactive selbst als Gangsterboss nachspielen kann. Im Noir-Stil betreibt man Casinos, Brauereien, Bordelle (Obacht: sexuell übertragbare Krankheiten) und natürlich "Speakeasys" - Letzteres sind illegale Kneipen oder Clubs, in denen alkoholische Getränke trotz Verbot ausgeschenkt wurden. Mit dem verdienten Geld breitet man sein kriminelles Imperium in benachbarte Stadtteile aus, heuert neue Lakaien an, schlägt sich mit anderen Unterweltbossen herum, schmiedet Allianzen und schmiert die Polizei.
Die dynamische Gangster-Bande
Die Spielwelt wirkt durchaus stimmig und lebendig. Wenn es regnet, holen die NPCs ihre Regenschirme aus. Holt man Zeitungen aus entsprechenden Zeitungsständen, bekommt man weitere Informationen aus der damaligen Zeit präsentiert.
Zu Beginn muss man sich für einen Anführer wie Al Capone oder fiktive Leuten wie Goldie Garneau entscheiden. Alle verfügen über kleinere Vorteile wie diplomatische Boni auf Basis der nationalen Herkunft, höhere Einnahmen durch Schutzgelderpressung oder niedrigere Chancen auf Raubüberfalle auf die eigenen Speakeasys durch höheren Charme. Die Gangsterchefs haben im Kampf eigene Talente und Spezialfähigkeiten, die in Kartenform präsentiert werden - ein Beispiel ist die Durchlöcherungstaktik von Al Capone mit seiner "Tommy Gun".
Kurzerhand engagiert man weitere Lakaien, die aus vorgefertigten Figuren bestehen und je nach Ruf/Respektstatus des Imperiums verfügbar werden. Sie können mit Waffen und Gegenständen verschiedener Qualitätsstufen ausgerüstet werden, die auf realen Vorbildern basieren. Auch sie verfügen über Fähigkeiten wie Heilung, Kauern oder Attacken mit Flächenwirkung, sind jedoch nicht so effektiv wie die Bosse. Die Charaktere können sich im Verlauf des Spiels dynamisch entwickeln und Beziehungen zu anderen Leuten aufbauen. Maria kann sich z.B. in einen Mitstreiter verlieben und würde mit einem Wutanfall reagieren, wenn ihr Liebster im Kampf verwundet oder gar getötet werden würde. Dieses NPC-System erinnert ein bisschen an die Interaktionen der Charaktere aus Jagged Alliance 2, was keine große Überraschung ist, denn die leitende Entwicklerin Brenda Romero war damals bei SirTech tätig und werkelte an JA2.
Treffen sich zwei Bosse Sprachausgabe hätte die Dialoge deutlich aufgewertet.
Außerdem kann man sich mit den Anführern der konkurrierenden Fraktionen zu Unterredungen im zwielichtigen Zigarettenqualm verabreden - und entweder Bündnisse schmieden, Kapitulationen durchdrücken oder den Kampf eröffnen. Bei diesen Dialogen darf man zwischen mehreren Entscheidungsoptionen wählen. Diese Unterredungen sind verhältnismäßig ordentlich inszeniert, da allerdings die Sprachausgabe fehlt und nur auf Text gesetzt wird, geht viel potenzielles Flair verloren.