Entrümpelung im Spielmechanik-Keller
Zudem wurden viele Spielmechaniken entschlackt oder gleich ersatzlos gestrichen. Da sich Troy hauptsächlich um die Helden der Ilias dreht, gibt es keine Thronfolge, Stammbäume oder gar Adligen-Management im eigenen Reich. Ich muss kein kompliziertes Gefolge inklusive Beziehungsgeflecht aufbauen, nicht andauernd Entscheidungen am Hofe treffen oder mich mit Untertanen auseinandersetzen. Dies beschneidet natürlich die Möglichkeiten der ganz großen Strategie, entfernt aber auch viele oberflächliche Systeme, die ich zuletzt nur noch als Beschäftigungstheraphie, nicht aber als wertvolle Ergänzung zum Kern der 4X-Eroberung wahrgenommen habe. Ein klarerer Fokus auf Besetzung, Diplomatie, Städtebau und Kampf bietet gerade bei einem kleineren Saga-Ableger die Möglichkeit, grundsätzliche Änderungen an Systemen vorzunehmen und auf ihre Umsetzbarkeit in der Hauptreihe abzuklopfen. '
So gibt es z.B. ein frisches Religionssystem, das ähnlich wie die mythischen Spezialeinheiten auf die „Fakten hinter dem Mythos“ zielt. So treten Gottheiten wie Zeus, Hera oder Ares nicht selbst in Aktion - stattdessen verbessert ihre Verehrung an Schreinen oder in Tempeln grundlegende Dinge wie z.B. die Moralwerte meiner Truppen im Kampf oder schaltet in der höchsten Stufe legendäre Einheitentypen frei. Zusätzlich können Gebete gesprochen oder Opferzeremonien abgehalten werden, die das Verehrungsniveau steigern, gleichzeitig aber auch ordentlich Ressourcen kosten. Die Götter haben natürlich unterschiedliche Spezialgebiete, so dass man sich hier spielerisch weiter z.B. auf Reichsausbau oder Militär spezialisieren kann. Auch das Forschungsmenü wurde aufgeräumt und bietet jetzt im Falle von Menelaos fünf große Entwicklungs-Cluster, die an den Ressourcen aufgehängt sind und entsprechende Verbesserungen für militärische und zivile Zwecke ermöglichen.
Zwischen Mythos und Realität
Die mythischen Kreaturen werden geschickt eingebaut und schlagen eine Brücke zwischen Legenden und Realität.
Sehr cool ist auch die Darstellung von Minotauren, Zyklopen und Co., die ähnlich wie bei
Total War: Warhammer für Abwechslung auf dem Schlachtfeld sorgen. Anders als in den Fantasy-Schlachten sind diese Figuren nämlich mehr oder weniger realistisch ins Spiel integriert: Hinter der Maske von Harpyien & Co. stecken nämlich meist nur kultisch verkleidete Menschen, die keine Zauberkräfte beherrschen, sondern nur besser ausgebildet sind oder härter zuschlagen. Das ist cool, da so eine Art Pseudo-Realismus geschaffen wird, der auch einen Rahmen für die Duelle zwischen den mythischen Helden auf dem Schlachtfeld schafft. Zudem wird im Kontext der nach wie vor völlig unklaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zum trojanischen Krieg eine schlüssige Brücke zwischen Mythos und Realität geschlagen.
Die Gefechte im Feld wurden allerdings erneut nur marginal verbessert. Entsprechend der Epoche finden die Kämpfe meist zwischen Infanterie-Einheiten statt, die bei Troy in drei Klassen (leicht, mittel, schwer) eingeteilt werden, um einen besseren Überblick zu schaffen. Natürlich gibt es Schleuderer, Speerkämpfer und Bogenschützen, dazu die schwer gepanzerten Schwert- und Lanzenkämpfer der Bronzezeit. Die selten auftauchende Kavallerie (selbst die Helden sind meistens zu Fuß unterwegs) sorgt für erheblich aufgeräumtere Schlachten, die sich wieder einen Tick wuchtiger anfühlen als zuletzt.
Auf dem Schlachtfeld hat sich mal wieder zu wenig getan. Gerade bei Animationen und Wucht im Kampf fehlt es nach wie vor.
Dennoch gibt es immer noch die typischen Kampf-Blobs oder merkwürdiges Formationsverhalten an Häuserkanten sowie fehlende Intensität an der Front, wo Einheiten noch immer nicht so brutal aufeinandertreffen wie beim alt-ehrwürdigen Medieval 2. Immerhin geht die KI auf dem normalen Schwierigkeitsgrad in den Feldschlachten halbwegs aggressiv vor, während sie ihre Einheiten in Siedlungs-Kämpfen etwas zu langsam verschiebt. Visuell macht man mit fluffigem Gras, schönen Lichteffekten und glitzerndem Wasser einen kleinen Schritt nach vorn, Animationen und Einheitendetails sind aber noch immer auf dem Niveau aller Total-War-Titel der letzten Jahre. Hier dürfte der limitierende Faktor nach wie vor die alte Warscape-Engine sein, die bereits seit
Empire: Total War ihren Dienst im Maschinenraum verrichtet und trotz vieler Detailverbesserungen dringend ein umfassendes Update vertragen könnte.