Viele Déjà-vus
Erinnert sich noch jemand an das ursprüngliche Konzept von
Resident Evil 4? Genau: Eigentlich sollte es Protagonist Leon S. Kennedy damals auf ein düsteres Geisterschloss verschlagen, bevor man sich schließlich für das ländliche Szenario mit infizierten Dorfbewohnern entschied. Thematisch wollte sich Capcom außerdem stärker dem Paranormalen zuwenden und statt mit Zombies & Co lieber mit Geistern sowie gruseligen Erscheinungen den Puls in die Höhe treiben.
Mit diesem Hintergrundwissen wird man beim Betrachten der Spielszenen das Gefühl nicht los, als hätte Capcom für Village die verworfenen Konzepte aus der Mottenkiste geholt und dann geschaut, ob man sie vielleicht doch noch irgendwie mit der Neuausrichtung der Reihe verwenden kann. Wenn Ethan panisch um sich ballert, während von allen Seiten Gegner auf ihn zustürmen, oder er sich in einem Haus verschanzt und hektisch Möbel als Barrikaden vor Fenster und Türen schiebt, werden schnell Erinnerungen an den Terror aus
Resident Evil 4 wach. Spätestens wenn die Glocke ertönt und der aggressive Mob trotz zahlenmäßiger Überlegenheit umgehend das Weite sucht, ist das Déjà-vu perfekt. Nur Fan-Service, eine bewusste Referenz an Shinji Mikamis Meisterwerk von 2005 oder steckt vielleicht doch mehr dahinter?
„Not enough cash, stranger“
Die Zombies haben wohl endgültig ausgedient - stattdessen setzt Capcom verstärkt auf Folklore rund um Werwölfe und Vampire.
Neben dem dörflichen Szenario und der dramatischen Hetzjagd springt eine weitere Parallele zu Resident Evil 4 ins Auge: der Händler feiert ein Comeback in Form des gut genährten Dukes. Er bietet Ethan nicht nur seine Waren wie Waffen samt Upgrades oder nützliche Gegenstände an, sondern ist auch offen für An- und Rückkäufe aus dem beschränkten Inventar. Das zum Handel nötige Kleingeld der Ingame-Währung „Lei“ hinterlassen Gegner nach ihrem Ableben, bei dem sie sich übrigens in Luft auflösen. Oder man wird fündig, indem man Holzkisten, Vasen und andere zerstörbare Behältnisse mit dem Messer zertrümmert. Wo diese Mechaniken Einzug in die Reihe gehalten haben? Richtig: in Resident Evil 4. Das Waffenarsenal, das neben Messer und Pistole u.a. wieder die Shotgun umfassen wird, dürfte nicht selten zum Einsatz kommen: Wenn man die Umgebung dank explosiver Fässer in ein flammendes Inferno verwandelt und angesichts der Gegner-Überzahl wild um sich ballert, wirkt Village in manchen Szenen mehr wie ein Ego-Shooter. Capcom selbst merkt ebenfalls an, dass der Kampf „ziemlich intensiv“ werden kann. Neben Bleispritzen wird aber auch die Verteidigung eine Rolle in den Auseinandersetzungen spielen, indem man seine Arme im richtigen Moment als Deckung vor sein Gesicht reißt.
Technisch hinterlässt Village mit atmosphärischen Gemäuern und prächtigen Außenarealen einen sehr guten Eindruck.
Doch es wird auch einige ruhige, spannende Passagen geben, in denen man sich wieder im direkten Vorgänger wähnt. Dafür sorgt nicht nur die beibehaltene Ego-Ansicht, sondern auch die leise Erkundung eines verlassenen Hauses voller Blutspuren, bei der auch die fesselnde Klangkulisse mit dezentem Knarzen und weiteren Soundeffekten die beklemmende Atmosphäre effektvoll unterstützt. Hier fühlt man sich mit der Taschenlampe im Anschlag tatsächlich genauso ins Baker-Anwesen zurückversetzt wie bei der Verwendung des altgedienten Bolzenschneiders, mit dem man einmal mehr diverse Schlösser knackt. Beim Blick auf das Inventarmanagement sowie der Markierung und Interaktion von Objekten fühlen sich Kenner des Vorgängers ebenfalls sofort heimisch. Gleiches gilt für die Crafting-Optionen zur Herstellung von Munition und weiteren Gegenständen, auch wenn dieser Bereich mit weiteren Zutaten und sogar käuflichen Händler-Rezepten erweitert werden soll. Offenbar lassen sich sogar Tiere wie Schweine oder Hühner jagen, um deren Fleisch oder Fell als Ressource zu verwenden.