Neues Spielgefühl?
Was ist mit dieser ominösen Größe, die man Spielseele nennt? Was ist mit echtem Rollenspielflair und Feldherrenadrenalin? Auch 2006 ist in diesen Bereichen Skepsis angesagt, selbst wenn uns
SpellForce 2 noch nicht alle Joker gezeigt hat. Noch habe ich keinen Blick auf den stark verbesserten Multiplayerteil werfen können, der euch ein kooperatives Abenteuer mit eigener Kampagne bieten soll - sehr interessant. Noch habe ich auch keine Gefechte gegen Computergegner austragen können, um die KI zu testen, die im Vorgänger quasi nicht existent war - auch hier kann das Spiel noch punkten.
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Die Kulisse ist märchenhaft: Vor allem die Landschaft und die Bewegungsabläufe haben gegenüber SpellForce einen klaren Sprung nach vorne gemacht. |
Diese erste Skepsis lässt sich aber schon nach drei Kampagnenstationen begründen. Obwohl das hier ein echter zweiter Teil und keine Erweiterung ist, vermisst man den klaren spielerischen Sprung nach vorne. SpellForce bleibt sich trotz der vielen kleinen Änderungen verdammt treu. Das muss nichts Schlechtes sein. Aber wenn man sich die Bereiche Rollenspiel und Strategie genauer anschaut, bleiben noch zu viele Wünsche offen, als dass man euphorisch jubeln könnte. Und das erinnert wiederum an die Ernüchterung von 2003.
Rollenspiel im Visier
Nehmen wir das Rollenspiel: Man ist oft mit mehreren Helden unterwegs, zieht durch große Städte und Dungeons, aber es gibt z.B. keine lebendige Party-Interaktion - kein Gezänk, Gemecker oder Geturtel innerhalb der Gruppe. Zwar hat uns Producer Jan Wagner
im Interview versichert, dass das in der finalen Fassung durchaus vorkommt, aber bisher haben die Streifzüge trotz vieler Zwischensequenzen wenig Rollenspielflair vermittelt. Ohne interne Dialoge wirkt das Ganze einfach zu steril, bleiben die Charaktere zu blass. Und wenn sie sterben, werden sie eben einfach wiederbelebt - ist das ein Plus oder ein Minus für die Atmosphäre? Ich denke ein Minus, denn es sorgt eher für komfortable Kanonenfuttermentalität als für eine emotionale Bindung zu einem Charakter, der möglichwerweise sterben könnte. Hier ist SpellForce 2 eher Action-Rollenspiel im Stile von Diablo als Rollenspiel.
Immerhin hat man jetzt Lippenbewegungen und eine Gestik eingebaut, so dass die Figuren nicht mehr wie grobe Holzpuppen wirken - das ist ein Fortschritt. Aber auch hier erreicht man nur ein gutes, jedoch kein Top-Niveau: Die Armbewegungen und das Fäuste ballen wiederholen sich zu schnell und sind nicht immer auf das Gesagte abgestimmt. Text und Grafik gehen in unserer Fassung noch keine natürliche Symbiose ein. Das sind Dinge, die würde man Zwischensequenzen eines reinen Echtzeit-Strategiespiels vielleicht verzeihen. Aber SpellForce 2 will auch echtes Rollenspiel sein. Hier muss man Vergleiche zur Mimik in
Star Wars: Knights of the Old Republic oder
Vampire: Die Maskerade - Bloodlines ziehen. Die sind zwar schon älter, machen es aber eindeutig besser. In einem Rollenspiel müssen Charaktere möglichst individuell wirken - vor allem in den Gesprächen. Man braucht noch nicht mal mit Polygonen protzen, um das zu erreichen, denn selbst animierte Porträts können viel Charme versprühen. Damit die Identifikation mit den Helden besser möglich ist als anno 2003, treten sie jetzt immerhin als echte Charaktere und nicht als anonyme Runen-Wesen auf.
Positiv stimmt auch, dass es eine Menge Dialoge gibt. Wer die klassische Fantasy-Welt des Vorgängers mochte, wird auch hier bestens bedient: egal ob stolze Zwerge oder fiese Orks, intrigante Magier, Untote oder Dämonen - Phenomic fährt alle bekannten Geschütze der posttolkien`schen Ära auf und verwebt die Schicksale der Helden zu einem ausufernden Epos. Ob es auch ein großes ist oder bloß ein Flickenteppich aus altbekannten Fantasyklischees, bleibt abzuwarten, denn dafür muss man dem Erzählstrang noch weiter folgen können. Wir konnten bisher nur in einzelne Kapitel reinschnuppern. Fest steht, dass die gute Allianz aus Menschen, Elfen und Zwergen mit einer dunklen Bedrohung konfrontiert wird, hinter der wahrscheinlich die Dunkelelfen stecken. Schattenlied, die Tochter des dunkelelfischen Generals, flüchtet aus ihrer Heimat und warnt das Kriegervolk der Shaikan. Ihr übernehmt die Rolle eines ihrer Helden, der die Nachricht überbringen und die Armeen des Guten organisieren soll. So weit, so gut. Oder so gewöhnlich? Denn hat man nach dem Tutorial und der ersten Stationen wirklich richtig Rollenspielfeuer gefangen? Ist das ein dramatischer Einstieg? Ihr könnt euch diese Frage anhand der
Demo selbst beantworten. Vielleicht kann SpellForce 2 ja noch auf der Geraden beschleunigen.
Strategiespiel im Visier
Und der Feldherr? Die drei Fraktionen
Bund,
Clans und
Pakt stehen ihm mit je zwölf völkisch gemischten Truppentypen zur Verfügung. Man sammelt die drei Rohstoffe Stein, Mondsilber und Lenya, zieht Gebäude wie Kasernen und Schmieden hoch. Lobenswert ist, dass man jeden Arbeiter jetzt sofort einem Rohstoff zuordnen kann, den er dann selbstständig abbaut. Das beschleunigt den Aufbau, obwohl SpellForce 2 immer noch deutlich mehr Basisarbeit von euch verlangt als z.B.
Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde 2 . Schade ist, dass man weiterhin sowohl auf eine Alarmglocke, die Arbeiter automatisch in Sicherheit bringt, als auch den Mauerbau verzichten muss. Dafür wird es je nach Volk unterschiedliche und in mehreren Stufen aufrüstbare Türme geben, mit denen man seine Verteidigung z.B. gegen Nahkämpfer oder Flieger spezialisieren kann. Gerade Greife & Co beleben das Spiel und sorgen natürlich für frische Möglichkeiten.
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In das brachiale Schlachtfeldgetümmel, dass dieses Bild sowie der Trailer suggerieren, konnten wir noch nicht abtauchen. |
Eine wirklich gelungene Neuerung ist, dass man als militärischer Anführer computergesteuerten Offizieren Befehle geben kann: Sie befehligen quasi eine eigene kleine Basis mit Truppen und fragen euch, ob sie sich eher defensiv oder aggressiv verhalten sollen, ob sie das nördliche oder südliche Orklager überfallen sollen. Das ist wirklich eine gute Idee, denn so braucht man sich nicht um alles alleine kümmern und kann parallele Angriffe fahren: Es macht Spaß zu sehen, wenn sich die Kolonnen auf der Minikarte selbstständig auf den Weg zum Feind machen.
Wie sieht es mit den taktischen Elementen in Feldschlachten aus, an denen SpellForce krankte? Auf der einen Seite gibt es klare Fortschritte: Hügelkuppen und Anhöhen sind endlich zugänglich und bieten Bogenschützen eine bessere Reichweite. Außerdem gibt es sehr viel differenzierte Einheitentypen für Menschen, Elfen und Zwerge, so dass das Schere-Stein-Papier-Prinzip auch zwischen den Völkern besser zur Geltung kommt. Da jedes Volk einen Rohstoff dringend braucht, dürften auch Multiplayer-Gefechte an Spannung gewinnen: Klaut den Zwergen das Mondsilber und sie haben ein Problem...
Allerdings bleibt es bei recht automatisierten, im kämpfersichen Detail wenig spektakulären Schlachten: Zwar wird der Bildschirm in ein buntes Farbenmeer getaucht, sobald Eis- oder Feuerzauber wüten und auch das Kreaturenaufgebot sorgt dank fliegender Einheiten sowie mächtiger Titanen für Vielfalt. Aber ein brachiales Schlachtfeldgefühl à la
Der Herr der Ringe: Die Schlacht um Mittelerde 2 oder gar
Warhammer 40.000: Dawn of War kommt nicht auf.
Vielleicht liegt das auch daran, dass der Kampf immer noch nach Schema F abläuft und dass das Auge des Spielers gar nicht auf die Landschaft und das Getümmel, sondern auf die Icons gelenkt wird: Auf einen Klick hat man den stärksten Feind fixiert und kann einen Heldenangriff nach dem anderen auf ihn nieder regnen lassen - komfortabel für Einsteiger, aber auf Dauer zu anspruchslos? Dieses Click & Fight kann dazu führen, dass man nur noch darauf achtet, wann sich das nächste Superhieb- oder Wiederbelebungs-Icon aufgeladen hat. Stirbt ein Held, könnt ihr ihn einfach wieder unter die Lebenden klicken. In SpellForce 2 stehen die Helden mit ihren Zaubern und Spezialattacken ganz klar im Fokus. Sie können zwar keine Schlacht alleine entscheiden, aber die regulären Truppen gehen für meinen Geschmack etwas unter. Es gibt z.B. keine Formationen wie Linie oder Kreis und man vermisst, jedenfalls in der von uns spielbaren Kampagne, Spezialmanöver wie das Niederreiten oder Stellungen wie den Schildwall oder Speerigel für Truppenverbände - hier hat EAs Ringkrieg mehr zu bieten. Auch auf Steuerungsfeinheiten wie die einheitliche Marschgeschwindigkeit müssen anspruchsvolle Feldherren verzichten. Im
Interview verrät Producer Jan Wagner, warum das fehlt.