AAA-Indie?
Arbeiten da wirklich nur zwölf Leute dran? The Ascent sieht für das Erstlingswerk eines Indiestudios verdammt gut aus! Hochaufgelöste Leveltapeten, schicke Glanzeffekte, wuchtige Explosionen, viele schöne Details wie Neonreklame oder Straßenmüll. Arcade Berg (der heißt nicht wirklich so, oder?), ein muskulöser Herr mit wasserstoffblonder Haarpracht und Creative Director des Spiels, verweist in einer Online-Gesprächsrunde auf die AAA-Erfahrung seines Teams. Mancher Kollege hat bereits an
Gears of War: Judgment oder
Bulletstorm gearbeitet, er selbst war bei Machine Games als Senior Game Designer mitverantwortlich für
Wolfenstein: The New Colossus. Trotzdem finde ich den ersten Eindruck in Anbetracht der Teamgröße sehr erstaunlich – mir werden ca. 15 Minuten frische Spielszenen von The Ascent gezeigt, die in mehreren Bereichen einer schmuddelig-schönen Cyberpunk-Stadt spielen.
Die verschiedenen Bereiche der stark vertikal aufgebauten Stadt sind vielfach mit Brücken und Treppen verbunden.
Die Ascent Group ist der beherrschende Megakonzern dieser Sci-Fi-Dystopie - und gerade den Bach runtergegangen. Die Folge: Tumult, Anarchie und vermutlich verdammt viel Freizeit, schließlich waren laut Spielbeschreibung nicht nur die Hauptfigur, sondern auch so ziemlich alle anderen Bewohner der Spielwelt dort angestellt. Warum dann gleich Bandenkriminalität und Chaos auf den Straßen herrschen, wird das fertige Spiel hoffentlich narrativ begründen. In jedem Fall sorgen das bunte Treiben, die herumstehenden Leute, die Händler und Söldner für ein angenehmes Mittendrin-Gefühl – die Stadt selbst wirkt mit ihren vielen mehrstöckigen Gebäuden, Brücken und Treppen angenehm verschachtelt und interessant. Betreten die Figuren ein kleineres Haus, wird dessen Dach ausgeblendet und die Übersicht bleibt stets erhalten - aber natürlich gibt es auch größere Innenraum-Areale, die ohne Ladezeit betreten werden können.
Der Schauplatz erinnert mich ein wenig an Human Heads eingestelltes Prey 2, gepaart mit dem Hochglanz-Iso-Look kommender Loot-RPGs wie
Diablo 4 oder
Path of Exile 2. Und natürlich steckt auch eine Prise Blade Runner oder
Cyberpunk 2077 im optischen Zutatencocktail. Da erscheint mir Arcade Bergs Antwort auf die Frage nach den großen, eigenen Cyberpunk-Themen, die das Spiel beackern möchte, angenehm ehrlich: „Keine.“ Natürlich gehe es in The Ascent um Hyperkapitalismus oder Transhumanismus, allzu tief werde die Geschichte in derlei Themenfelder aber wohl nicht vordringen.
Diablo mit Knarren?
Zwei Spieler legen sich mit einer Horde Feinde an - per Energieschuss wird gleich ein Fass zum Explodieren gebracht.
Dafür zerplatzen die Körper der Feinde ziemlich saftig - ist ja auch was. Davon werde ich in den nächsten Spielminuten vielfach Zeuge - wuchtige Explosionen schleudern Kehricht und Menschen umher, Salven aus den MGs zerpflücken die Feinde. Ein Aspekt der eindrucksvollen Grafik ist dabei sicher auch die gewählte Perspektive - im Charaktermenü, wo die eigene Spielfigur in zig Punkten individualisiert werden kann, sehen die Modelle nämlich nicht mehr so beeindruckend aus. Berg erklärt, dass sämtliche Ausrüstungsgegenstände händisch erstellt werden - zufällig erstellte Knarren, Rüstungen oder andere Beutegegenstände kommen ihm und seinem Team nicht in die Tüte. Auch Charakterklassen soll es in The Ascent nicht geben - stattdessen setzt man auf ein freies Upgrade-System mit Skillpunkten.
Wie in einem Twin-Stick-Shooter werden Lauf- und Blickrichtung mit den beiden Analogknüppeln festgelegt - The Ascent versteht sich zwar als Action-Rollenspiel, erinnert in puncto Ballern aber auch an isometrische Shooter-Klassiker wie Millenium Soldier: Expendable (PS, DC) oder
Neo Contra (PS2). Ein Kniff soll den Gefechten laut Berg Tiefgang verleihen: Je nachdem welche Schultertaste man betätigt, feuert der eigene Charakter hüpfhoch oder visiert Kopfhöhe an - in Kombination mit den vielen Möglichkeiten zur Deckung soll das für intensive Schussgefechte mit taktischem Anspruch sorgen.
Wohin zuerst schauen? Die Kulissen von The Ascent beeindrucken mit Details und top Texturen.
Die Macher von The Ascent setzen darauf, dass die üppige Cyberpunk-Stadt mit ihren lebendigen Kulissen, unzähligen Details und vielen NPCs sowie Feinden zum Star des Spiels avanciert. Auf den ersten (und zweiten) Blick ist diese Hoffnung berechtigt – gleichzeitig bin ich aber gespannt, wie unterschiedlich und interessant die Stadtteile ausfallen, wie lange die Ballereien motivieren bzw. welchen taktischen Anspruch sie haben sowie welche Anreize die Entwickler schaffen, bereits bekannte Areale erneut nach Schätzen abzusuchen.