Vorschau: Geheimakte: Tunguska (Adventure)

von Jörg Luibl



Publisher: Deep Silver
Release:
25.04.2008
30.08.2006
30.11.2018
25.04.2008
15.10.2015
Spielinfo Bilder Videos
Gut durchdachter Rätselspaß

Noch wichtiger als Technik und Kulisse ist jedoch der Inhalt. Denn mir gefällt vor allem die Rätselkultur von Geheimakte: Tunguska, die Frustmomenten à la The Moment of Silence, Scratches  oder anderen Titeln vorbeugen könnte. Wenn mich
Das Tagebuch fasst die Ereignisse zusammen, hält den Storyfaden straff und gibt auf Wunsch auch Rätselhinweise.
etwas an Adventures stört, dann sind es z.B. unlogische Sackgassen ohne den Hauch eines Hinweises oder zeitlich bzw. regulierte Itemaufnahmen, die mich zwar Gegenstände sehen, sie aber erst dann ins Inventar stopfen lassen, wenn man sie braucht - dieses restriktive Korsett will ich nicht immer wieder anlegen müssen.

Ganz anders hier die freie Aufnahmeluft: Ihr könnt von Anfang an alles mitnehmen, was sich irgendwann nutzen lässt. Das ist konsequent und sorgt dafür, dass euer Inventar schnell mit einem halben Dutzend Gegenständen vom Bleistift über den seltsamen Stein oder das Aloe-Vera-Blatt bis hin zur Fahrradspeiche gefüllt ist. Diese Üppigkeit ist lobenswert, denn man hat immer das Gefühl, etwas ausprobieren zu können - hoffentlich hält sich die Fülle an den Schauplätzen! Es ist allerdings schade, dass man die Items bisher nicht noch in schöner 3D-Sicht vergrößern, drehen und zoomen kann, um sie zu inspizieren - hier hätte man z.B. auch Rätsel integrieren und wenigstens ein modernes 3D-Feature präsentieren können. Immerhin lassen sich auch die 2D-Objekte über einen rechten Mausklick untersuchen, was meist zu einem hilfreichen Text führt.

Kombinationen & Komfort

Schön ist, dass man gleich zu Beginn interessante Kombinationen wie Handy-plus-doppelseitiges-Klebeband-an-Katze-gleich-mobile-Abhöranlage anwenden kann. Dabei hat man penibel darauf geachtet, dass es keine absurden Verknüpfungen gibt, was bis zu einem gewissen Grad auch funktioniert. Das erinnert ebenso wohltuend an gute alte Adventures wie die Zahlencode-Spiele, die euch zur Suche nach Indizien animieren: Da muss man die Löcher eines Kanaldeckels zählen, Nummernschilder finden und die Metapher der "Wächter" in die Spielwelt übertragen - alles immer logisch, immer nachvollziehbar. Ich habe erst eine Situationen vorgefunden, in der ich mich gefragt habe, warum dieses oder jenes nicht funktioniert - in anderen Sielen habe ich davon Dutzende. Dieses Prinzip ist den Entwicklern so wichtig, dass sie den typischen Adventure-Spruch "Das geht so nicht!" gleich mit einem süffisanten Kommentar Ninas satirisch auf die Schippe nehmen.

Zwei weitere Dinge gefallen mir: Zum einen die Tatsache, dass man manchmal auf mehrere Arten an Lösungen kommen
Schnell ist das Inventar rappelvoll - sehr schön! Aber wie kann man das Gespräch dieses Mannes abhören?
kann. Ihr braucht Wasser? Dann könnt ihr entweder die Heizung entlüften, einen gefüllten Eimer finden oder einen Gartenschlauch nutzen - sehr schön! Ich wünsche dem Spiel, dass es dieses Prinzip auch später anbietet und nicht nur einmal, damit es sich wohltuend von der Masse abhebt. 

Zum anderen gibt es ein optionales Hilfesystem in zwei Stufen: Einmal könnt ihr euch auf Tastendruck alle Gegenstände eines Raumes anzeigen lassen - dann sieht man überall dort Lupensymbole, wo man sich etwas anschauen oder interagieren kann. Blasphemie? Kindergarten? Nein. Dieser Service beugt einfach der nervigen Pixelsuche in einem Raum vor, die irgendwann zu einem Blick in den Walkthrough führt. Außerdem wird euch das Tagebuch auf Wunsch kleine Ratschläge geben, die das Vorankommen erleichtern. Hört sich nach einem Warmduscher-Adventure mit Klick&Blöd-System an? Habe ich auch erst gedacht, ist es aber nach jetzigem Status nicht. Von grenzdebiler Einfachheit ist dieses Abenteuer bisher weit entfernt. Und all diese Hilfen könnt ihr auch einfach in den Optionen ab- und nur bei Bedarf zuschalten. Damit ist es bloß ein interessantes Zusatzangebot, das eigentlich jedes Adventure anbieten sollte. Wie habe ich Scratches atmosphärisch geliebt, aber in den Sackgassen verflucht...

Optimistisch stimmt auch, dass ihr später einen weiteren Charakter steuern könnt: Max, den smarten Kollegen von Ninas Vater. Laut Entwickler soll es dann auch interessante Team-Rätsel geben, die man nur im Duett lösen kann, oder indem man von einem zum anderen Charakter wechselt, um z.B. Items zu übergeben. Hört sich interessant an, war aber leider noch nicht in unserer Fassung implementiert. Hier könnten sich natürlich auch erzählerisch einige delikate Möglichkeiten und Twists anbieten.   
 

AUSBLICK



Ich freue mich auf dieses Abenteuer. Das Szenario rund um die nebulösen Geschehnisse in der sibirischen Tunguska-Region ist unverbraucht, die Kulisse lockt mit edel designten und gleichzeitig lebendigen Schauplätzen, die deutschen Sprecher überzeugen und vor allem die Rätselkultur hat es mir angetan: Endlich geht man einen konsequent logischen Weg, was Itemeinsatz und -aufnahme angeht. Endlich gibt es einen Hilfeservice, der blöde Sackgassen vermeidet und mir auf Wunsch die stupide Pixelsuche erspart. Wird das auf Dauer zu komfortabel und einfach? Das ist eine berechtigte Frage, die wir im Test hoffentlich verneinen können, denn dieses Adventure braucht unbedingt auch knifflige Gehirnverzwirbler! Etwas, das Dreamfall z.B. auf Dauer zu fehlen scheint. Aber was die Leichtigkeit angeht: Erstens kann, muss man die Hilfen nicht nutzen. Und zweitens wirken die Kombinationen bisher anspruchsvoll, die Rätsel knackig. Kann das Spiel auf Dauer die dichte Dramaturgie halten, die von ihren zweideutigen Dialogen und ständig eingestreuten Zwischensequenzen lebt? Bleibt die Story mysteriös, ohne ins Alberne abzuschweifen? Mal abwarten. Noch ist nicht alles durchgestylt, nicht alles perfekt und ich habe mich erst durch ein kleines Kapitel geknobelt. Bis jetzt sagt mir mein Gefühl jedoch, dass dieses Spiel das Zeug hat, an die Qualitäten von Black Mirror anzuknüpfen. Es könnte in der Flut all der kommenden Adventures einen kreativen Akzent setzen.Ersteindruck: gut

Kommentare

johndoe-freename-96643 schrieb am
Also bei deutschen Adventures kann man eigentlich eh nicht viel falsch machen: Die sind meistens gut und irgendwelche komischen Anspielungen auf amerikanische, japanische und sonstige Besonderheiten kommen nicht vor. Und ein Game in Originalsprache ist eh am besten ;-)
johndoe-freename-81181 schrieb am
Nach dem Dreamfall reinfall doch noch ein Hoffnungsschimmer
Das SPiel ist schon so gut wie gekauft :)
SlainAndara schrieb am
Interessanter Bericht, ich werde den Titel von dem ich heut erstemal was gelesen habe mal im Hinterkopf behalten. Black Mirror und The Moment of Silence konnten mich auch schon Stundenlang am PC fesseln, wobei mir ersteres mehr zusagte. Leider hänge ich zur Zeit bei beiden Spielen einwenig fest :oops: ...
Ich bin jedenfalls froh das old School Adventures nach und nach wieder am kommen sind! Glücksgefühle kommen in mir hoch wenn ich Namen wie Sam & Max lese :-).
galador1 schrieb am
wow, das klingt ja alles super. da freut sich das adventureherz. endlich mal ein wirklich klassisches adventure, was den namen auch verdient. ich freu mich drauf.
schrieb am