Auf der Suche nach Schwesterherz
Was macht ein einfacher Bauernjunge, wenn man seine Schwester entführt? Richtig: Er streift sich das durchlöcherte Lederwams über, greift zum größten Knüppel und macht sich mit dem Herz in der Hand auf die Suche. Aber sehr schnell wird er feststellen, dass die Welt von Antaloor alles andere als friedlich ist. Man muss nur den alten Veteranen in der Taverne lauschen: Zum einen sind da die umherstreifenden Monster
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Antaloor ist riesig, die Wälder beeindrucken mit lebendiger Flora und Fauna. Eine freie Spielwelt von 30 Quadratkilometern wartet auf euch. (PC) |
in den riesigen Wäldern. Als unerfahrener Bursche landet man schnell im Magen eines Wolfes, eines Riesenskorpions oder wird vielleicht Opfer dieser schrecklichen Insektenladys, die ihre Eier an Bäume hängen und eine Horde Männchen auf die Jagd schicken.
Aber das liegt weit im Süden, dort, wo Bambus wächst und die Augen der Menschen nur Schlitze sind. Viel näher tobt ein erbitterter Krieg zwischen Menschen und Orks. Nur ein Fluss trennt die bis an die Zähne bewaffneten Krieger voneinander, die bereits riesige Katapulte in Stellung bringen. Haben die Grünhäute etwas mit der Entführung zu tun? Oder diese seltsamen Kapuzenträger in ihren funkelnden Rüstungen, die immer ihr Gesicht verbergen? Haben sie überhaupt eines? Fragen über Fragen...
Als einfacher Abenteurer muss man sich zunächst verdient machen und eine vernünftige Ausbildung anstreben. Ohne Training und Tipps, Freunde und das Wohlwollen der Fraktionen geht gar nichts, wenn man Antworten finden will. Und weil die Zunft der Kopfgeldjäger in den Bereichen tödliche Körperertüchtigung sowie lukrative Auftragsbeschaffung überaus erfolgreich ist, schließt man sich ihnen an. Aber was auch immer sie von einem verlangen, hat man nur ein Ziel: seine Schwester zu finden.
Welche Art Fantasy ist das?
Noch bleibt die große Story abseits der brüderlichen Suche ein Geheimnis. Ich habe bisher weder das Intro noch den finalen Einstieg in das Abenteuer gesehen, außerdem fehlte die
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Ihr könnt auch zu Pferd reisen: Sobald ihr das Talent des Reitens von einem Trainer erlernt. (Xbox 360) |
deutsche Sprachausgabe, so dass die Dramaturgie der ersten Stunde genau so offen bleibt wie die wichtige Frage nach der Seele des Spiels - die lässt sich erst beantworten, wenn man in die kommende Beta oder die finale Version abtauchen kann, umrahmt von der perfekt abgestimmten Musik, die bisher noch nicht situationsbezogen einsetzte. Daher werden Story und Regie in dieser Vorschau noch außen vor bleiben. Aber Figuren, Art und Design sowie Spielwelt verströmen schon jetzt einen eigenwilligen Duft, der zwar einige Nuancen der derben mittelalterlichen Fantasy eines
Gothic 3 
und sehr viele der klassischen Fantasy eines
The Elder Scrolls IV: Oblivion 
in sich trägt, aber auch viele eigene Aromen.
Man darf nicht vergessen, dass diese Welt als Neuling eine Genrebühne betritt, die von vielen kritischen und empfindsamen Fans mit Argusaugen beobachtet wird. Nicht erst das Gothic-Desaster hat viele Leute misstrauisch werden lassen, wenn es mal wieder um riesige Welten geht, in denen man sich austoben kann. Aber es sind nicht nur technische Fehler und Logikbugs, die ein Neuling wie Two Worlds tunlichst vermeiden sollte. In der Fantasy entscheiden manchmal Kleinigkeiten, ob es zwischen Spieler und Welt funkt oder nicht. Mittelerde ist der Urquell, D&D hat sich etabliert, DSA kennt man, Gothic und Elder Scrolls ebenfalls. Aber was für eine Art Fantasy serviert Two Worlds? Ich würde es vielleicht exotische heroische Fantasy nennen. Exotisch, weil es neben klassischen Rittern, Orks und Drachen nicht nur fernöstliche und arabische Elemente wie Samurai, Geishas oder Kamele, sogar römisch anmutende Legionäre, sondern auch fast futuristisch wirkende Insekten und bizarre Kreaturen gibt. Stilistisch gesehen verbindet Antaloor historisch Bekanntes und Bizarres. Heroisch, weil nicht das harte Leder, mittelalterliche Grau- und Brauntöne, sondern eher funkelnde Rüstungen, gleißende Magie und riesige Mauern im Vordergrund stehen - angesichts der Größendimensionen erinnert es fast an die monumentale Welt eines Conan.
Mysteriöse Elemente
Aber können Story und Weltdesign eine packende Symbiose eingehen? Noch kann ich nichts über den Plot sagen. Optimistisch stimmt, dass sich bereits jetzt zwei mysteriöse Elemente zeigen: Zum einen die dunkle Bruderschaft, die euch schon früh kontaktiert und erpressen will; angeblich hat sie Informationen über eure Schwester. Immer wenn ihr die schwer gerüsteten Kapuzenträger trefft, könnt ihr der Hauptquest folgen. Und hier ist das Figurendesign erstklassig - die murmelnden Schergen wecken schnell die Neugier. Sie scheinen der Schlüssel für die erzähleische Entwicklung des Abenteuers zu sein.
Zum anderen ist da eine Art Anderwelt - das Namen gebende Element für Two Worlds. Was verbirgt sich dahinter? An bestimmten heiligen Plätzen überschneiden sich die Reiche der Lebenden mit denen der Götter und Toten. Gerade eben läuft man noch über eine blühende Blumenwiese bei schönem Sonnenschein, man bemerkt die verwitterten Megalithsteine gar nicht und plötzlich versinken die Farben in einer schwelenden Düsternis, die sich wie ein Vorhang über alles legt. In dieser parallel existierenden Zwischenwelt könnt ihr mit eurer Schwester Kontakt aufnehmen. Das wird die einzige Verbindung sein, die den roten Faden der Story zusammen hält. Ob hier auch gekämpft wird? Kann man auch in andere Ebenen reisen? Wahrscheinlich nicht, diese Orte sollen laut Entwickler vorwiegend der Kommunikation dienen.