Minimalistisches Kopfkino
Ein paar Stunden war er lang: der Blick, den die geschlossene Beta in die Fortsetzung öffnete. Es war der Blick in eine von Kontrolle und Überwachung gezeichnete Welt, in der so genannte Runner als Postboten heimliche Nachrichten und Lieferungen zustellen – hoch über den Straßen der Stadt, wo sie vor Kameras und Staatsgewalt weitestgehend sicher sind. Das monotone Rauschen der Highways flieht dort aus Häuserschluchten. Die Kälte des Überwachungsstaats verläuft sich in den weißgrauen Fassaden von Wolkenkratzern, die sich ins Sonnenlicht strecken. Und mittendrin...
Mittendrin?
… rote Punkte, Markierungen, Pfeile, gelbe Leuchtspuren und Runner, die wie angewurzelt am Fleck verharren. Fremdkörper in einem Ökosystem, das ohne sie mehr Leben hatte. Wie ein Comic umriss Entwickler Dice damals das Szenario und inszenierte so ein famoses Kopfkino: Wo im
Vorgänger meine Fantasie die wenigen Pinselstriche der
Symbolträchtig: Leider sind die meisten Markierungen ständiger Bestandteil des Spiels.
vergleichsweise engen Levels zu einem faszinierenden Szenario ergänzte, ist die offene Welt des neuen Mirror's Edge ein kompletter Schauplatz. Sie ist allgegenwärtig, man muss sie nehmen, wie sie ist. Ich kann wenig ergänzen, weil alles da ist. Und dieses Alles ist einfach nicht überzeugend.
Mich stören vor allem dutzende Dinge, deren Vorhandensein kaum einen Sinn ergibt. Die nur dazu da sind, damit ich per Knopfdruck bestätigen kann, da gewesen zu sein. Man tut es, weil es angezeigt wird, nicht weil es in die Welt gehört. Selbst die Herausforderungen anderer Spieler, Rennen auf Zeit, sind ständig sichtbar; es gibt keine Möglichkeit sie auszublenden. Anders als im Vorgänger klettere ich also nicht über beinahe leere Dächer – eine Community, die außerhalb des Spiels existiert, rückt mir ständig auf die Pelle.
Warum muss ausgerechnet das elegante
Mirror's Edge zur profanen Sammel- und Aufgabenwüste verkommen?
Greifen, ächzen, wuchten
Dabei gefällt es mir grundsätzlich, dass Faith nicht mehr Level für Level abspult, sondern sich überall auf den Dächern ihrer Stadt bewegen kann! Im Zusammenhang mit dem freien Laufen, Klettern und Springen ist der Übergang in die offene Welt eine logische Weiterentwicklung. Faith beherrscht die akrobatische Bewegung ja nach wie vor besser als all ihre Kollegen:
Dying Light ist auch etliche Jahre nach ihrem ersten Auftritt weniger eingängig und flexibel. Und
Grundsätzlich eine gute Idee:
Man kann jederzeit eine Herausforderung erstellen, selbst eine Bestzeit laufen oder verbessern und das Zeitrennen wahlweise allen Onlinespielern oder nur Freunden zur Verfügung stellen.
Per Knopfdruck setzt man dabei Start- sowie Zielpunkte und legt Checkpunkte fest.
selbst
jenen Spielen, die ihre Helden mit ähnlichen Mitteln
physisch greifbar machen, geht die Körperlichkeit der jungen Asiatin ab.
Kein Wunder also, dass Dice nur winzige Änderung an Spielgefühl und Steuerung vorgenommen hat. Manche Techniken wie die schnelle Drehung um 180 Grad muss sie jetzt zwar erst lernen, aber die dafür notwendigen Erfahrungspunkte hat sie schnell in der Tasche. Schade, dass die Akrobatin jetzt abrupter anläuft, gefühlt ungleich höher springt und z.B. das Abrollen nach einem hohen Fall stark vereinfacht wurde – die Simulation des Physischen wurde zugunsten einer Arcade-Zugänglichkeit geopfert. Noch immer ist es aber ein erhebendes Gefühl, Wege zu erklimmen, die man erst finden muss, und sich schnaufend an Vorsprüngen hochzuziehen. Wird Faith nach einem Absturz an einen Punkt davor zurückgesetzt, atmet sie zudem ruhig und tief durch, bevor sie es noch einmal versucht – ein schönes Detail!
"Klick mich, ich bin rot!"
Erfahrung sammelt sie durch das Erledigen kleiner und großer Aufgaben, wozu Haupt- und Nebenmissionen ebenso zählen wie das Auflesen belangloser Chips und ähnlich wie in
Assassin's Creed das unsägliche Einfangen zahlloser in der Luft schwebender Datenpakete, deren ständiges Sichtbarsein durch ein hanebüchenes Kauderwelsch erklärt wird.