Vorschau: The Order: 1886 (Action-Adventure)

von Michael Krosta



The Order: 1886: Mehr Film als Spiel?
Mehr Film als Spiel?
Publisher: Sony
Release:
20.02.2015
Erhältlich: Einzelhandel
Spielinfo Bilder Videos
Bisher konnte uns Sonys exklusiver PS4-Titel The Order 1886 noch nicht überzeugen: Zu eintönig und anspruchslos präsentierten sich die Gefechte des Deckungs-Shooters aus dem Hause Ready at Dawn. Und das, obwohl das Studio mit den beiden PSP-Ablegern von God of War saubere Arbeit leistete. Wir konnten eine neue Passage der Steampunk-Action in London spielen – wendet sich das Blatt?

Hoch hinaus

Langsam seile ich mich zusammen mit meinen drei KI-Begleitern an der Seite des mächtigen Zeppelins ab, der über dem viktorianischen London schwebt. Meine Mission: Ich soll das Cockpit des Luftschiffs erobern, bei dem sich möglicherweise auch gefährliche Rebellen an Bord geschmuggelt haben, die zu allem Überfluss auch noch ein Attentat planen. Also geht es abwärts, Schritt für Schritt und gut gesichert, wobei die Kamerafahrten zusammen mit der großartigen Musikbegleitung sowie der gestochen scharfen Grafik und geschmeidigen Animationen für eine filmreife Inszenierung sorgen.

Doch schnell wird die Kehrseite der cineastischen Präsentation deutlich: Interaktivität und Bewegungsfreiheit beschränken sich zu Beginn der Mission auf ein Minimum. Hier mal ein Knöpfchen drücken, da mal den Stick kurz in eine Richtung bewegen - und schon läuft die nächste Szene voll automatisch ab und vermittelt den Eindruck, eher in
Die filmische Inszenierung ist klasse.
Die filmische Inszenierung ist klasse - die dicken Balken müssten aber nicht unbedingt sein.
einem interaktiven Kinofilm gelandet zu sein. Der Grieselfilter in Kombination mit den übertrieben dicken schwarzen Streifen am oberen und unteren Bildrand sind weitere Belege, wie stark und bewusst das Geschehen auf „Film“ zugeschnitten wird – von den häufigen Zwischensequenzen ganz zu schweigen.

Wenige Möglichkeiten

Als ich nach der waghalsigen Abseilaktion das Innere des Zeppelins betrete, genieße ich trotz der engen Korridore zwar etwas mehr Bewegungsfreiheit, muss aber weiter dem linearen Weg folgen, eingestreute Reaktiontests meistern und darf nur dann mit der Umgebung interagieren, wenn es von den Entwicklern gewünscht ist. Und damit man in diesen Momenten auch ja nichts verpasst, sorgen die Objekte mit einem deutlich sichtbaren Schimmern für die nötige Aufmerksamkeit.

Ich selbst muss mich in den ersten Minuten an Bord des Agamemnon getauften Luftschiffs dagegen so unauffällig wie möglich verhalten. Also schleiche ich mich in bester Stealth-Manier von hinten an die patrouillierenden Wachen heran und schalte sie mit einem gut getimten Druck auf die Dreieck-Taste aus. Ärgerlich: Werde ich entdeckt, erfolgt umgehend die Verbannung zurück zum letzten Speicherpunkt und ich bekomme keine Gelegenheit mehr, die Situation anderweitig zu lösen.

Klassischer Deckungs-Shooter

Attentäter oder nicht? Ein Blick durch das Zielfernrohr hilft bei der Aufklärung.
Attentäter oder nicht? Ein Blick durch das Zielfernrohr hilft bei der Aufklärung.
Erst später darf ich die Waffen sprechen lassen und meine Widersacher mit Gewehrsalven sowie Splitter- und Rauchgranaten eindecken, während ich von einer Deckung zur nächsten husche, um dem gegnerischen Beschuss zu entgehen. In diesen Momenten macht The Order nicht unbedingt etwas falsch, aber bleibt auch nicht als etwas Besonderes in Erinnerung. Die Gefechte bieten solide Actionkost – nicht mehr und nicht weniger. Trotz theoretisch ausgefallener Waffendesigns bleibt in der Praxis ständig der Eindruck des Gewöhnlichen an den Schusswechseln haften. Selbst die Zeitlupenfunktion sorgt trotz der coolen Inszenierung heutzutage eher für ein Gähnen.

Besser haben mir deshalb die Momente abseits der Action gefallen: So muss ich in der prunkvollen Lobby z.B. erst alle Rebellen identifizieren, die sich unter die normale Besatzung geschmuggelt haben. Wie ich das anstelle? Mit dem Zielfernrohr meines Scharfschützengewehrs, das ich dazu verwende, um die minimalen Unterschiede an den Uniformen zu erspähen, mit denen sich die Attentäter unbewusst zu erkennen geben. Auch die eingestreuten Minispiele, bei denen man z.B. Stromkästen in kleinen Reaktionstests überbrücken oder Schlösser nach dem Vorbild Splinter Cell mit Hilfe der Controller-Vibration knacken muss, sind gelungen und lockern den Spielverlauf trotz des engen Korsetts immer wieder auf.
 

AUSBLICK



Verglichen mit den bisherigen Präsentationen hinterließ The Order 1886 in London einen etwas besseren Eindruck. Vor allem die filmreife Inszenierung mit großartigen Kamerafahrten, einem pompösen Soundtrack, sehr guten Sprechern und einem nahtlosen Übergang zwischen Film und Spiel ist beeindruckend. Aber leider wird immer noch zu schnell deutlich, dass unter dieser durchgestylten Oberfläche nur ein gewöhnlicher Deckungs-Shooter mit leichten Stealth-Ansätzen steckt. Ja, das alles wirkt solide und bietet in den Feuergefechten endlich den Hauch von Freiheit und Interaktion, den ich in den filmisch angelegten Passagen trotz überzeugender Regie zu oft vermisse. Derzeit liegt mir der Schwerpunkt aber noch zu stark auf diesen spielerisch zu limitierten Sequenzen. Deshalb bin ich gespannt, wie die Balance zwischen Film und Spiel am Ende ausfallen wird. Gleiches gilt für die Rahmenhandlung: Da es sich bereits abzeichnet, dass man bei Ready at Dawn hinsichtlich der Shooter-Mechanik kein Ausrufezeichen setzen wird, besteht die größte Hoffnung für The Order in einer fesselnden Geschichte, markanten Figuren sowie dem ungewöhnlichen und interessanten Szenario. Ob dies gelingt, muss das fertige Spiel zum Test im Februar beweisen...

Einschätzung: befriedigend   

Kommentare

KATTAMAKKA schrieb am
adventureFAN hat geschrieben:Ach, das ist doch langweilig, dann wäre es ja nicht mehr Interaktiv.
Lass mir doch wenigstens die Illusion ein richtiges Spiel zu spielen =D
Ich finde das war ein guter Schluss Satz von dir
adventureFAN schrieb am
Ach, das ist doch langweilig, dann wäre es ja nicht mehr Interaktiv.
Lass mir doch wenigstens die Illusion ein richtiges Spiel zu spielen =D
KATTAMAKKA schrieb am
Fürs Filmchen gucken jeglicher Art gibts Youtube , und das für lau :wink:
adventureFAN schrieb am
Mein Nick bezieht sich eher auf Point'n'Click-Adventures aber auch solche Script-Film-Abenteuer wie von Telltale und Quantic Dream find ich toll =D
Auch Shooter-Script-Filmchen wie z.B. BioShock Infinite machen mich voll an, sofern das Abenteuer aka Story gut geschrieben ist =D
Fände es echt schade wenn es sowas nicht mehr geben würde =[
Darum bin ich doch ganz glücklich das du nichts zu sagen hast im Spielebuisness.
schrieb am