Eine kleine Revolution

Der "Real Driving Simulator" setzte Maßstäbe!
„Du musst unbedingt vorbeikommen. Ich hab hier ein neues Spiel für die PlayStation. Sowas hast du noch nicht gesehn!“. Ich wusste gleich: Wenn mich mein Kumpel schon so dringend anrufen wollte und dieses Maß an Aufregung über seine Stimme transportierte, musste es etwas ganz Besonderes sein, was er sich da über dunkle Kanäle für die Sony-Konsole „besorgt“ hatte. Also machte ich mich gleich auf und saß knapp 15 Minuten später wie gebannt vor dem TV-Bildschirm. Ja, so etwas hatte ich tatsächlich noch nicht gesehen! Da fuhren in der Wiederholung originalgetreu nachgebildete Wagen über die Strecke und lieferten sich packende Duelle. Ich hätte damals schwören können, dass man fast schon das Niveau von echten Fernsehübertragungen erreicht hat. Diese geniale Kameraführung und großartigen Schnitte, diese Liebe zum Detail in den Fahrzeugmodellen – ich war angesichts dieser neuen Maßstäbe völlig aus dem Häuschen!
Doch das war erst der Anfang, denn als ich zum ersten Mal selbst zum Controller greifen und meine ersten Rennen fahren durfte, war es endgültig um mich geschehen: Meine Güte, hier hatte ja jedes Auto völlig unterschiedliche Eigenschaften und im Kampf gegen die bissigen KI-Piloten war viel mehr Feingefühl im Umgang mit Gas und Bremse nötig als in all den anderen Rennspielen. Stand man beim Herausbeschleunigen zu lange auf dem Pedal, rutschte hier das Heck weg und man konnte schon damals ein Gefühl dafür entwickeln, wie die Kräfte auf den Wagen wirken und wann man sich im Grenzbereich bewegt. Kein Vergleich zu den Arcade-Rennern wie Ridge Racer & Co, mit denen ich sonst meine Zeit verbrachte. Die waren zwar auch klasse, aber das hier war eben neu. Es war anders. Anspruchsvoller. Authentischer. Kurz gesagt: Es war für mich ein völlig neues Racing-Erlebnis, von der eine unglaubliche Anziehungskraft ausging.
Ab in die Fahrschule

Ohne Führerschein keine Starterlaubnis.
Was mir heute nur noch ein genervtes „Och, nicht schon wieder“ entlockt, war beim ersten Gran Turismo noch ein faszinierendes Novum: Bevor man an den Veranstaltungen der GT League oder Spezial-Wettbewerben für bestimmte Autoklassen teilnehmen durfte, musste man erst die dafür nötige Lizenz in diversen Fahrprüfungen erlernen. Hier wurde man Schritt für Schritt an das Meistern von Kurven, das Ausloten von Bremspunkten und die spürbaren Unterschiede zwischen Heck- und Frontantrieblern heran geführt. Das perfekte Tutorial! Denn bei den recht hohen Anforderungen war ein Lerneffekt garantiert. Wollte man sich sogar die Gold-Medaille in den Tests verdienen, war sogar fast schon Perfektion hinter dem Steuer nötig, um sich als Streber in der Fahrschule neben der B- und A-Lizenz auch noch die internationale A-Lizenz mit der höchsten Auszeichnung zu sichern.
Mit dem Führerschein in der Tasche öffnete sich dann die Tür zur Karriere im virtuellen Motorsport, auch wenn die ersten Credits nur für die Anschaffung eines Gebrauchtwagen bei ausgewählten Händlern reichten. Schon damals war der Fokus auf japanische Autobauer erkennbar: So standen in erster Linie Modelle von Nissan, Honda, Madza, Mitsubishi, Toyota und Subaru zur Wahl. US-Boliden gab es nur von Chrysler und Chevrolet, während Europa von den britischen Herstellern Aston Martin und TVR vertreten wurde. Dabei unterschieden sich die Autos in den Kategorien Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung und Lenkung. Und man hatte den Eindruck, als würde sich jedes von ihnen tatsächlich einzigartig anfühlen. Deutsche Karossen von BMW, Audi, VW & Co? Leider Fehlanzeige! Angesichts eines Gran Turismo 6 mit seinen 1200 Fahrzeugen und allen möglichen Marken ist es kaum vorstellbar, dass GT-Schöpfer Kazunori Yamauchi auch mal klein angefangen hat. So füllte sich die Garage auch hier mit der Zeit – über eine Speicherkarten-Funktion ließen sich Fahrzeuge sogar an Freunde verkaufen. Ein neuer „Trend-Sport“ in Rennspielen war geboren, der sich auch heute noch großer Beliebtheit erfreut: Autos sammeln!