In Morpheus' ArmeDas Leben von Thomas Anderson war auch schon mal einfacher: Tagsüber ein routinierter Programmierer in einem großen Softwareunternehmen, abends als Hacker »Neo« immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Die größte stellt sich ihm, als ihm der mysteriöse »Morpheus« zwei Pillen unter die Nase hält; eine rote, eine blaue. Schluckt Neo die blaue, bleibt alles beim Alten: Er wacht auf und lebt sein Leben weiter wie bisher.
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Die Figuren sehen ihren Film-Vorbildern sehr ähnlich. |
Für den Spieler bedeutet das, dass er die 50 Euro besser anders investiert hätte, denn das Game ist damit zu Ende. Würgt er die rote runter, erfährt er, was es mit der »Matrix« so alles auf sich hat – die Wahrheit tut immer weh. Das gilt auch für den ersten Spieleindruck, denn wider besseren Wissens hat sich Shiny auch dieses Mal dafür entschieden, das Spiel mit dem bei weitem langweiligsten Level starten zu lassen – ein Manöver, das schon bei
Enter the Matrix für heftiges Kopfschütteln und Gähnanfälle gesorgt hat. Dieses Mal rennt ihr nicht durch die ödeste Lagerhalle der Welt, sondern schleicht mit Thomas Anderson auf der Flucht vor Polizisten und Agenten durch ermüdend belanglose Büroräume, versteckt euch in Arbeitskabinen, lehnt euch an Mauern und stoßt unzählige Polizisten um, was besonders dann nervt, wenn man von mehreren umringt ist. Denn kippt man einen aus den Latschen, ist schon der nächste da, was zu einer Art Teufelskreis führt. Ist man erstmal auf dem Boden der Tatsachen (bzw. Trinitys Motorrad) angelangt, wird das Spiel deutlich gehaltvoller. Aber dem für diesen Einstieg zuständigen Designer gehört ordentlich der Kopf gewaschen!Danach geht es in das eigentliche »I know Kung Fu!«-Training. Doch bevor ihr Morpheus den Kimono plättet, rennt ihr in sehr albernen Klamotten durch ein Szenario, das an den Bruce Lee-Film »Enter the Dragon« angelehnt ist – hier lernt ihr alles über Schläge, Kicks, Waffen und die Zeitlupe. Kurz darauf wechselt die Szenerie in einen Bambusgarten, danach geht es durch einen Schwarz-Weiß-Abschnitt, bis
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Ihr spielt Schlüsselstellen der Trilogie aus Neos Sicht nach. |
ihr schließlich in einer Location landet, die der Eingangsszene aus John Woos »Hard Boiled« nachempfunden ist – und hier bekommt ihr den Umgang mit Pistolen und Maschinengewehren beigebracht. Sitzt die Technik, könnt ihr endlich Morpheus die Platte polieren: Gewinnt ihr das berühmte Dojo-Duell, geht es, anders als im Film, in der Szene weiter – Morpheus fordert euch zu einem Wettrennen heraus. Danach folgt das Spiel einigermaßen chronologisch den Filmen: Ihr müsst Morpheus aus der Hand von Agenten befreien, das Haus des Merowingers aufsuchen, die Schlacht gegen hunderte Smiths überleben und schlussendlich gegen Supersmith antreten. Das Spiel folgt den wichtigsten Szenen der Filme aus Neo-Sicht, präsentiert die Story allerdings im Zeitraffer in einer Mischung aus Ingame-Szenen, rasant zusammengeschnittenen Filmsequenzen und Ausschnitten aus der Zeichentrick-Variante Animatrix. Wenn man mit der Materie nicht vertraut ist, wird man den Schnipseln und wilden Sprüngen kaum folgen können, da das Spiel weiter geht als der Film: Ihr könnt als Thomas Anderson den Agenten entfliehen, ihr müsst persönlich Leute aus der Matrix befreien, ihr rennt nach dem U-Bahn-Fight gegen Smith nicht gleich an die frische Luft, sondern tummelt euch erst
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In der Zeitlupe ist die Hölle los: Waffenspuren ziehen fauchend durchs Bild. |
eine Zeit lang in den Kanälen und einer innerhalb der Matrix bugverseuchten U-Bahn. Das Spiel speichert euren Fortschritt automatisch zwischen den Levels, dazu gibt es innerhalb der Abschnitte teilweise sehr mies platzierte Rücksetzpunkte – die allerdings nur für die aktuelle Sitzung gelten. Brecht ihr mitten im Level ab, geht’s nächstes Mal wieder von vorn los.
Nur ein Agent…Die Matrix-Trilogie wäre nur halb so lang, wenn die vielen Actionszenen nicht mit cooler Bullet-Time gestreckt wären – und natürlich bemüht ihr auch hier euren linken Zeigefinger sehr oft mit dem Druck auf die Zeitlupen-Taste! Zack, wird die Geschwindigkeit des Spiels runtergefahren, ebenso die Tonhöhe aller Geräusche, Schläge und Kicks tun optisch doppelt so weh, abgefeuerte Kugeln ziehen etwas sehr an Kondensstreifen erinnernde Spuren durch die Luft. Gerade in der Zeitlupe sieht es verdammt cool aus, wenn man wie mühelos solide Betonpfeiler einfach zerbröselt, damit die nähere Umgebung in einen Dunstwall taucht, nach einer langen Kombo auf den Gegner zuspringt und ihn mit einem kraftvollen Kick die Visage verbiegt.