Technik immer noch obsolet
Denn dass die Serie nicht dafür bekannt ist, technische Meilensteine zu setzen, sollte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Dementsprechend kann ich den Machern auch nicht verübeln, dass sie die Kulisse einfach Kulisse sein lassen. Man kann die überschaubaren sowie mit sauberen, allerdings in die PS2-Ära gehörenden Texturen versehenen Schlachtfelder in 90-Grad-Stufen drehen und in drei Stufen zoomen - das reicht, um jederzeit die bestmögliche Übersicht zu haben.
Die Geschichte bietet zwar einige witzige Momente, doch unter dem Strich ist die Erzählung schwach.
Und letztlich spielt man keinen Teil der Reihe, um seinen Freunden die Grafikfähigkeiten der Konsole zu demonstrieren. Man spielte, weil Disgaea immer wieder die Messlatte verschob, wenn es um die inhaltliche Verzahnung unterschiedlicher Elemente sowie taktische Tiefe ging. Gelingt das auch diesmal?
Natürlich sorgen nicht nur die bereits angesprochenen Taktik-Elemente auf und abseits der Schlachtfelder dafür, dass Disgaea D2 zu einem mächtigen, mitunter sogar übermächtigen Strategie-Rollenspiel wird, das Einsteiger mit Optionen und Möglichkeiten erschlägt. Zwar gibt es für alle Funktionen auch Tutorials, doch abseits von Basis-Wissen erlangt man hier nur wenig. Die Finessen lernt man erst kennen, wenn es auf dem Feld der Ehre hart auf hart kommt und man neue Sachen ausprobiert, um die Feinde in die Knie zu zwingen. Es dauert eben seine Zeit, bis man die Geo-Felder mit ihrem Zerstörungspotenzial einerseits und dem temporären Fähigkeitsboost für eigene oder gegnerische Kämpfer andererseits optimal nutzen kann. Oder bis man gelernt hat, das Aufnehmen und Werfen von Kameraden und Gegenständen effektiv einzusetzen. Oder bis man das Gesellen-System verinnerlicht hat, das dafür sorgt, dass neu geschaffene Figuren mit einem anderen Charakter verknüpft werden und beide sowohl hinsichtlich Fähigkeiten als auch Aufstieg symbiotisch voneinander profitieren. Allerdings sind dies alles bereits bekannte Mechaniken, die nur minimal modifiziert wurden, über deren Rückkehr sich Veteranen trotzdem freuen.
Neue Optionen für Taktiker und Strategen
Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche neue Möglichkeiten, seine Figuren weiterzuentwickeln oder den Gegnern das Leben schwer zu machen. So gibt es z.B. ein Zuneigungssystem, bei dem die Figuren sich im Kampf unterstützen, auch wenn sie nicht direkt nebeneinander platziert sind. Je höher der Wert ist, den man durch kleine Gesten steigern kann, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass im Kampf die Hilfe ausgelöst wird. Noch wichtiger und vor allem durch den Spieler direkt initiiert, ist das "Monster Mount": Dahinter versteckt sich die Fähigkeit, Figuren auf rekrutierten Monstern aufsitzen zu lassen.
Man darf sogar "offiziell" cheaten!
Damit erhöht sich die Angriffs- und vor allem die Verteidigungsfähigkeit, da zuerst die Lebensenergie des Mounts in Mitleidenschaft gezogen wird, während beide nach Herzenslust austeilen und Erfahrungspunkte bekommen können. Schwächere Charaktere, dazu gehören traditionell Zauberer oder Heilklassen, haben durch den Ausritt deutlich höhere Überlebenschancen. Und wem das nicht reichen sollte, kann mit dem „Demon Dojo“ gezielt Schwachstellen bei seinen Figuren trainieren, indem man einen Charakterwert definiert, der schneller steigt. Da zusätzlich das Dojo bei Benutzung aufsteigt und damit einerseits mehr Figuren das Training ermöglicht, andererseits die Effektivität des jeweiligen Wertaufstiegs nach oben geht, wird diese neue Mechanik clever in das bestehende Disgaea-System eingebaut und minimiert den Grind.
Natürlich kann man immer noch versuchen, über das Abgrasen der bereits bewältigten Schlachtfelder oder die Ausflüge in die Itemwelt die Figurenlevel zu maximieren, so dass auch hier wieder eine Spielzeit von weit jenseits der 100 Stunden möglich ist. Doch wer nach den etwa 30 bis 40 Stunden, die man mit der Hauptgeschichte zubringt, die Charaktere bis auf Stufe 9999 hegen und pflegen möchte, sollte lieber zu "New Game Plus" greifen. Mit neuen Bossen und besonderen Quests in der Item-Welt wird man parallel zur Geschichte stets bis zum Letzten gefordert.