gc-Vorschau: The Devil's Men (Adventure)

von Jan Wöbbeking



The Devil's Men (Adventure) von Daedalic
In der zweigeteilten Stadt
Entwickler:
Publisher: Daedalic
Release:
Q1 2015
Spielinfo Bilder  

Sherlock bekommt Gesellschaft: In The Devil’s Men wird eine viktorianische Küstenstadt von einer mysteriösen Mordserie heimgesucht. Das Krimi-Adventure von Daedalic soll Anfang kommenden Jahres für PC erscheinen.



Das Beste aus zwei Welten?

Wie in Silence: The Whispered World 2 rätselt der Spieler inmitten einer 3D-Kulisse, auf die aber große detailreiche Zeichnungen projiziert werden. Die verwendete Technik soll einen fließenden Comic-Stil ermöglichen – ohne die optischen Brüche, die in Cel-Shading-Kulissen entstehen. Hier werden nicht viele kleine Texturen auf Polygone gelegt, die nicht immer ideal zueinander passen. Stattdessen wird eine große Zeichnung über das räumliche Drahtgitter gelegt und so lange „zurechtgezurrt“, bis das Ergebnis aus allen Blickwinkeln ansprechend aussieht. Im Gegenzug sind nur kleine Kameraschwenks möglich, doch das Ergebnis sah bei der ersten Präsentation schon ansehnlich aus – sogar feine Pinselstriche sind zu erkennen. Ganz so leuchtend und farbenfroh wie in The Whispered World 2 wirken die Hintergründe zwar nicht, das würde allerdings auch nicht zur ernsteren Krimi-Atmosphäre passen. Im Gegensatz zum Fantasy-Abenteuer laufen hier aber leider nur zweidimensionale Figuren umher. Geleitet wird die Entwicklung übrigens von Kevin Mentz, der bereits der DSA-Serie zwei ruhige Rätselspiele bescherte (Satinavs Ketten und Memoria).

Die Geschichte versetzt den Spieler ins Jahr 1871: Nach einer Weltausstellung verfällt die einst dafür genutzte Hälfte der fiktiven Stadt immer mehr, während der obere Teil der englischen Klassengesellschaft es sich auf der anderen Seite gut gehen lässt. Auch die zwei spielbaren Protagonistinnen sind sehr unterschiedlich: Das Spiel beginnt mit der 20 Jahre jungen verängstigten Adelaide Spektor, welche von ihrem Vater im Stich gelassen wurde und in den Trümmern des Ausstellungsgeländes einen Unterschlupf gefunden hat. Den Sinn für kriminalistische Ermittlungen hat sie aber von ihrem Vater Karol geerbt. Er war in der Stadt bis zum Verschwinden als berühmter Detektiv tätig.

Zwei wie Feuer und Wasser

Fast wie gezeichnet und doch in 3D...
Fast wie gezeichnet und doch in 3D...
Als sie Zeuge eines Mordes an einem alten Freund ihres Vaters wird, versteht sie das Unglück als Chance, Karol wiederzufinden und ihren alten gut situierten Platz in der Gesellschaft zurückzuerlangen. Um dem Mörder auf die Schliche zu kommen, muss sie wohl oder übel mit Emily zusammenarbeiten. Sie stellt das krasse Gegenteil zu ihrer Persönlichkeit dar: Die zweifache Mörderin agiert als rechte Hand eines skrupellosen Gangsterbosses. Zusammen befehligen sie die „Colony“, die größte Gang der Stadt, welche die Bewohner regelmäßig in Angst und Schrecken versetzt. Für noch mehr Aufruhr sorgt natürlich die Mordserie: Nacheinander werden mehrere Wissenschaftler des Geheimbundes „The Devil’s Men“ umgebracht. Die Opfer hatten offenbar auch keine weiße Weste: Den Gerüchten nach veranstalteten sie mit Hilfe der Alchemie eine Reihe unheimlicher Experimente.

Der Steampunk-Einschlag soll sich übrigens nur sehr dezent im Design des Spiels bemerkbar machen – es stehen nicht an allen Ecken und Enden monströse Dampfmaschinen oder dergleichen herum. Um das Design der Charaktere kümmert sich Simone Kesterton, die auch viele Figuren in Deponia entworfen hat.

Knifflige Entscheidungen

...die Kulissen nutzen die gleiche Grafik-Engine wie Silence: The Whispered World 2.
...die Kulissen nutzen die gleiche Grafik-Engine wie Silence: The Whispered World 2.
Ähnlich wie 1954: Alcatraz (Wertung: 63%) legt das Spiel seinen Fokus auf verschiedene Entscheidungen und Abzweigungen, welche schließlich in einem von zwei alternativen Abschlüssen münden. Immer wieder muss sich der Spieler entscheiden, welcher Protagonistin er helfen möchte. Der Vorteil für eine der beiden bedeutet fast immer auch einen Nachteil für die andere: So kann man z.B. gewaltsam mit einem Brecheisen eine Kellertür aufbrechen oder stattdessen einen der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Dietriche benutzen. Das Brecheisen spart zwar Ressourcen, Einbruchsspuren könnten aber für Verdachtsmomente sorgen.

Wenn Adelaide später den Tatort mit Inspektor Gottman untersucht, kann sie einen Hinweis auf Emily verschwinden lassen, was die Beziehung zur Polizei verbessert. Im Gegenzug muss sie aber auf eine nützliche Schlussfolgerung vom Inspektor verzichten, welcher ihr bei der Suche nach den Mördern auf die Sprünge geholfen hätte. Das Inventar soll in etwa mittelgroß ausfallen. Die Entwickler wollen den Schwierigkeitsgrad offenbar eher niedrig ansetzen: Statt zu viele Kombinationen zuzulassen, gibt das Inventar-System Hinweise auf sinnvolle Verbindungen.
 

AUSBLICK



Ich bin jetzt schon ein Fan der Projektionstechnik von Daedalic und King Art, bei der große Zeichnungen über eine dreidimensionale Welt gelegt werden. Ähnlich wie in Silcence: The Whispered World 2 und The Book of Unwritten Tales 2 sieht das Ergebnis auch hier farbenfroh und detailverliebt aus. Die zweidimensionalen Figuren davor erinnern allerdings noch ein wenig an Fremdkörper.  Auch die Geschichte um die mysteriöse Mordserie in der heruntergekommenen englischen Küstenstadt hat meine Neugier geweckt. Falls Kevin Mentz und sein Team eine ähnlich geheimnisvolle Stimmung aufbauen können wie in Memoria, könnte uns im ersten Quartal 2015 ein spannendes Point&Klick-Abenteuer bevorstehen, in dem man ähnlich wie bei Telltale immer wieder Gewissensentscheidungen fällen muss.

Einschätzung: gut

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Kommentare

MrsAstaroth schrieb am
Wird dieses Spiel noch erscheinen? Q1 2015 ist schon eine Weile her ;)
nawarI schrieb am
Ich bin ja sowieso ein Daedalic-Fanboy, aber mit sowas hätte ich jetzt nicht gerechnet. Ein Steampunk-Krimi mit Mordermittlungen, wo der Spieler selber Hinweise zurückhalten und so den weiteren Fortlauf beeinflussen kann - damit hätte ich jetzt nicht gerechnet; klingt fast zu schön um wahr zu sein.
ich bin mal gespannt, wie weit Daedalic die Telltale-typischen Entscheidungen ins Spielgeschehen einfließen lassen wird und ob die Entscheidungen dann ähnlich veränderte Spielszenen mit sich bringen.
Der Ansatz den Verbrauchsgegenstand Dietrich oder das laute Brecheisen zu nutzen gefällt mir auch. Wenn es spielerisch und erzählerisch gescheit umgesetzt wird, könnte es dem ganzen Adventure-Genre ein paar sehr interessante neue Anstöße geben.
Nur her damit. Day One Status.
schrieb am