Klein aber fein
Video: Kurze Impressionen in bewegten Bildern von der SimRacing Expo 2014 findet ihr
hier.
Gerade im Vergleich zur überfüllten gamescom erwies sich das übersichtliche Gelände auf dem Ring Boulevard trotz oder aufgrund der wenigen Aussteller als wahrer Segen: Anstatt wie in Köln als privater Besucher stundenlang für einen läppischen Trailer anstehen zu müssen und sich durch Menschenmassen zu kämpfen, konnte man hier ohne lange Wartezeiten in Ruhe seine Runden in einer ganzen Reihe von Full-Motion-Simulatoren drehen, in denen auch echte Rennfahrer wie F1-Fahrer Lewis Hamilton trainieren. Bei diesem „4D-Erlebnis“ spürt man nicht nur das Force Feedback im Lenkrad, sondern bekommt auch einen kleinen Eindruck der G-Kräfte und kann z.B. die Unebenheiten der Strecke am ganzen Körper spüren – ein Luxus, den sich bis heute bei Kosten von 5000 Euro aufwärts nur gut betuchte Racing-Fanatiker oder eben reale Rennteams leisten können. Wenn es einen Trend auf der Ausstellung gab, dann diesen: Wer sich ernsthaft mit Rennsimulationen beschäftigt, will diese nicht nur möglichst akkurat am Lenkrad erleben, sondern auch spüren. Damit auch Hobby-Rennfahrer irgendwann in den Genuss kommen können, sich eine "Motion-Rig" ins Wohnzimmer zu stellen, arbeiten die Hersteller schon daran, die Kosten für Einsteigersysteme zu senken und so ein größeres Publikum anzusprechen. Bisher funktionieren die Simulatoren zudem nur im Zusammenspiel mit PCs, doch steht man bereits mit Konsolenherstellern wie Microsoft und Sony in Verhandlungen, die Technologie auch für PlayStation und Xbox zur Verfügung zu stellen.
Der brandneue Lamborghini Huracan durfte ebenfalls am Ring bewundert werden.
Schön empfand ich auch die Nähe zu Entwicklern und Ausstellern: Einfach mal abseits von interessanten, aber leider kaum beachteten Präsentationen auf der Bühne am Stand eine Runde mit Tony Gardner, dem Präsidenten von iRacing, quatschen? Oder mit Thomas Jackermeier von Fanatec ganz ungezwungen über Lenkrad-Hardware philosophieren? Alles kein Problem! Hier ist noch etwas von dieser fast schon familiären Atmosphäre zu spüren – ein Gefühl, das mich spontan an die ersten Amiga-Messen Anfang der Neunziger in Köln erinnert hat, auf denen man z.B. ebenfalls noch einfach zu den Jungs von Factor 5 oder Kaiko an den Stand gegangen ist, um über Turrican, Apidya & Co zu labern. Wir waren damals eine verhältnismäßig kleine Gruppe leidenschaftlicher Freaks – lange, bevor das Zocken den Mainstream erobert hat. Und auch von der vergleichsweise kleinen, aber zunehmenden SimRacing-Gemeinde bekommt man den Eindruck, dass für sie das Rasen am Bildschirm weit mehr darstellt als ein einfaches Hobby, geschweige denn ein simples „Videospiel“. Hier wird am Lenkrad gearbeitet, im Simulator geschwitzt und beim Setup sowie auf der Ideallinie um Tausendstel gekämpft!
PS4-Racer als Außenseiter
Im Simulator von Vesaro in Zusammenarbeit mit D-Box fühlt sich das Rasen einfach fantastisch an!
Entsprechend wirkte Sony mit seinem Stand und dem eher arcadig angehauchten PS4-Titel DriveClub trotz angeschlossenem Lenkrad vielleicht etwas fehl am Platz – genau wie umgekehrt ein iRacing auf einer Messe wie der gamescom weniger Zulauf finden dürfte. Doch auf der anderen Seite bildete man mit den grafisch ansehnlichen Abstechern nach Chile, Norwegen & Co einen willkommenen Kontrast zu den anspruchsvollen PC-Simulationen und zeigte mit den zugänglichen, eher auf Action getrimmten Duellen eine weitere Facette von Rennspielen auf. Schade nur, dass Project Cars zwar an einigen Ständen zum Ausprobieren eingeplant war, technische Probleme die kommende Simulation der Slighly Mad Studios aber zum Verbleib in der Boxengasse zwangen. So beschränkte sich das Spieleangebot auf das omnipräsente und hervorragende iRacing, die RaceRoom Experience oder Assetto Corsa. Zusätzlich gab es vereinzelt Simulatorsoftware zu sehen, die speziell für die Motion-Rigs erstellt wurde, aber technisch eher ernüchterte.