Jedes Ende ist der Anfang von etwas Neuem
Es sieht nicht gut aus für den Master Chief. Sein letzter Gegner, der Anführer der Banished, scheint ihn überlistet und erledigt zu haben. Doch bevor der Elite-Soldat aus der Spartaner-Einheit in der Kälte des Alls stirbt, wird er gerettet. Wieder einmal, muss man sagen. Und wieder einmal macht er sich danach auf, für das Überleben der Menschheit in den Krieg zu ziehen. Gegen die Verbannten, die Covenant und wer auch immer es wagt, sich ihm in den Weg zu stellen. Wieder einmal auf einer stark vom Konflikt gezeichneten Ringwelt, dieses Mal Zeta Halo. Unterstützt beim Kampf wird er von zwei neuen Sidekicks: Einem stets sein Schicksal beklagenden Piloten, der eigentlich nur vor den Kriegswirren fliehen möchte. Und der so genannten „Waffe“, einer KI, die eine weibliche Menschenform annimmt und damit quasi Cortana ersetzt. Während die Einstiegsphase sich erstaunlich viel Zeit nimmt, den Figuren erfolgreich Tiefe und Charakter zu geben, bevor es in die ersten, an den Einstieg aus Halo 4 erinnernden Action-Sequenzen geht, verliert man sich auf dem Weg zum Finale in zunehmend banaleren Zwischensequenzen, um die Geschichte voranzubringen.
Zusätzlich versucht das seit 2011 für die Serie verantwortliche Studio nicht nur, verschiedene offene Fäden z.B. aus Halo 4 mit der Story zu verbinden, sondern auch nahezu alles irgendwie nominell unterbringen zu wollen, was mal ansatzweise interessant war. Und das Ergebnis ist selbst für Serienkenner mitunter zu verworren. Was hat diese oder jene Fraktion jetzt damit zu tun? Wer sind die Blutsväter (im Original: Forerunner)? Warum setzen sich die Verbannten (Banished) aus verschiedenen Gruppierungen zusammen? Und wieso greifen sie in den Krieg ein? Was hat die Flut damit zu tun? Welche Rolle spielt die Waffe? Wieso ist sie überhaupt auf Zeta Halo? Wer sind die Prometheaner? Fragen über Fragen, deren Antwortfindung auch dadurch erschwert wird, dass mit Halo 5 der bis Infinite letzte Shooter-Ableger aus dem Halo-Universum bereits über sechs Jahre zurückliegt. Insofern hätte es nicht geschadet, Neueinsteigern in die Ringwelten sowie den Konflikt zwischen UNSC und
Die Inszenierung der Geschichte von Halo Infinite ist größtenteils gelungen. Das Problem: Die Story beginnt interessant, lässt dann aber kontinuierlich nach.
Allianz einen erzählerischen Überblick in irgendeiner Form zu geben. So ist man u.a. auf die hinsichtlich der Vergangenheit des Master Chiefs auch nicht wirklich ergiebige Datenbank im Spiel angewiesen. Dann wiederum muss man relativierend und leider nicht positiv für das Spiel sagen, dass auch mit einem vergrößerten Hintergrundwissen die vorliegende Story nach der interessanten Anfangsphase an Reiz verliert.
Zurück zu den Wurzeln? Ja und nein!
Zudem ist sie mit einem merkwürdigen Frauenbild gestraft. Dass die visuelle Darstellung der Künstlichen Intelligenz Cortana in einigen späteren Serienablegern zu stark sexualisiert wurde, hat in der Vergangenheit für Diskussionen gesorgt. Und etwas Ähnliches könnte 343 Industries mit der „Waffe“ blühen. Eine mächtige KI, die einen derart martialischen Namen trägt und neben dem Master Chief der letzte Hoffnungsträger der Menschheit ist, als mehr oder weniger naives Schulmädchen darzustellen, ist zwar nicht kriegsentscheidend, aber zumindest fragwürdig und wirft auch ein unglückliches Licht auf die allgemeine Charakterzeichnung. Die empathische Note des Cortana-Ersatzes, die immer wieder erklingt, hätte von weniger Naivität auf jeden Fall profitiert. Dann wiederum: Spielt man Halo wegen der Qualität seiner Geschichte oder seiner ausgefeilten Figuren? Eher nicht. Dennoch war die Story in der Vergangenheit zumeist mindestens solide. Und sie ist es unter dem Strich auch hier. Aber natürlich stürzt man
Der Shooter ist gelungen: Die Gefechte machen Spaß, die KI passt und das Waffengefühl ist überzeugend.
sich in den UNSC-Konflikt hauptsächlich wegen der Gefechte. Und auch das ist hier nicht anders. Die Auseinandersetzungen mit einer breit gefächerten Auswahl an vor allem in Gruppen durchaus clever agierenden Gegnern bilden nicht nur das Fundament der Motivation, sondern auch noch die nächsten Etagen.
Dabei baut 343 Industries auf viel Bewährtes: Man darf in der Rolle des Master Chief weiterhin nur zwei Waffen mit sich führen, für die Munition nicht immer üppig bereitsteht. Neu ist zwar, dass es Nachschubkisten mit limitierter Nutzungsmöglichkeit gibt, deren Standort man sich auch per Umgebungsscan ebenso wie die Fundorte fallen gelassener Waffen etc. anzeigen lassen kann. Dennoch wird man immer wieder mit der Situation konfrontiert, dass man kein weiteres Futter für seine Lieblingswaffe mehr hat. Glücklicherweise darf man erneut alle Schießprügel oder Nahkampf-Waffen der erledigten Gegner aufnehmen und verwenden – bis hin zu den gewaltigen Wummen oder Hämmern, die Anführer oder gar Bosse mit sich führen und gegen den Master Chief einzusetzen versuchen. Ein kleines Detail, das dem Spielfluss definitiv zu Gute kommt: Plasmawaffen müssen nicht mehr ausgetauscht werden, wenn man ein identisches Objekt mit vorhandener Aufladung findet. Hier wird quasi per „Instant-Induktion“ die Restladung der Waffe auf dem Boden auf die im Inventar übertragen. Analog dazu werden die "Munitionspakete" von auf dem Boden liegenden Kampfgeräte direkt aufgenommen, wenn man die identische Knarre mit sich führt. Das Ergebnis: Man kann den Fokus stärker auf die fordernden Gefechte legen und muss sich nicht um Munitions-Mikromanagement kümmern.