Eine frei begehbare Kulisse bereist man vermutlich deshalb nicht, weil die Geschichte so unverändert erzählt wird, dass das Erreichen bestimmter Orte in einer vorgesehenen Reihenfolge unabdingbar ist. Das Remake erzählt ja nach wie vor davon, wie der Energiekonzern Shinra Raubbau am Planeten betreibt und eine Widerstandsgruppe namens Avalanche das verhindern will. Als Söldner und ehemaliger Shinra-SOLDAT (das wird als Eigenname tatsächlich so geschrieben) heuert ein gewisser Cloud bei Avalanche an, um im Handumdrehen zum Protagonisten und Helden der Rebellen zu avancieren – zumal sich ohnehin bald herausstellt, dass er schon lange knietief in dazugehörige Ereignisse verstrickt ist.
Um eine Krise reicher
Das ist übrigens ein Aspekt, den Square Enix bemerkenswert gut hinbekommt... Final Fantasy 7 ist ja längst mehr als ein 1997 erschienenes Spiel. Es umfasst inzwischen mehrere Ableger, Comics, das erwähnte Advent Children sowie ganz andere damit verbundene Projekte. Und Nomura bindet Teile davon auf äußerst geschickte Art in seine Neuauflage ein. Als großer Fan von
Crisis Core hat mich eine fast unscheinbare, in dieser Form gänzlich unerwartete Szene etwa emotional voll erwischt. Andere Momente sind ähnlich gelungen. Der Spieleregisseur bereichert die Geschichte auf eine Art und Weise, dass sie selbst für Kenner des Originals ausgesprochen interessant ist.
Viele Ergänzungen und Neuerungen verleihen einzelnen Charakteren und auch der Geschichte mehr Farbe als das Original.
Hinzu kommen viele Erweiterungen von Einzelheiten, die damals – wenn überhaupt – nur angerissen wurden. Dazu zählt gleich im ersten Abschnitt eine neue Erklärung für die unerwartet gewaltige Explosion, von der Teile der nahe des Reaktors wohnenden Menschen betroffen sind. Und das ist auch der Grund, aus dem es völlig richtig war, die Neuauflage in mehreren Teilen zu veröffentlichen. Was vor gut 23 Jahren in Dialogfenstern kurz beschrieben wurde, wird einer modernen Erzählweise ja in keiner Form gerecht. Nomura und seine Autoren geben dem Aufbau von Handlung und Charakteren deshalb mehr Raum, gehen tiefer ins Detail und lassen sich nicht zuletzt deshalb mehr Zeit, da sie heute viel mehr Filmszenen als damals verwenden können. Bemerkenswert finde ich dabei, dass Square Enix zwar nach wie vor auf vorberechnete Schnipsel zurückgreift, vieles aber in Echtzeit inszeniert. Unterschiede zu den Animationsfilmen fallen zwar nach wie vor auf, doch zahlreiche Einstellungen kommen auch dem sicherlich etwas älteren Advent Children erstaunlich nahe.
Viele Höhe, aber wenig Tiefe
Trotz kleiner Schwächen ist vor allem die vertikale Tiefe überzeugend. Midgar ist eine eindrucksvolle Kulisse!
Abgesehen davon schaut man nicht mehr von schräg oben auf schnell vorbeiziehende Render-Bilder, sondern sieht sich in Ruhe um. Man zieht durch die engen Gassen in den Slums der Rebellen, erkundet Schrottplätze, die Kanalisation oder das von grellen Leuchtstoffröhren erhellte Vergnügungsviertel und erblickt statt des Himmels nur die stählerne Konstruktion, auf der die ebenso luftige wie finstere Hauptstadt Midgar errichtet wurde. Manche Oberflächen sehen seltsam verwaschen aus, einige Details und Objekte tauchen erst spät auf und in der Ferne installiert Square Enix niedrig aufgelöste Bilder statt dreidimensionale Objekte – das raubt den Kulissen einen Teil ihrer Illusion. Die Höhenunterschiede werden aber überzeugend eingefangen und beschreiben anschaulich die gesellschaftlichen Verhältnisse. An einem beeindruckenden späteren Schauplatz habe ich mich sogar kaum satt sehen können.
An drei Orten darf man sich dabei frei bewegen und den Bewohnern Gefallen erfüllen, bevor man weiterzieht. Weitläufig sind diese Umgebungen allerdings nicht, sondern lediglich ein paar Gassen breit. Hinzu kommen umliegende Areale, die aus ähnlich wenigen, wenn auch etwas längeren Gassen bestehen. Denn wie gesagt ist auch das Remake ein sehr geradliniges Abenteuer, in dem freies Erkunden keine nennenswerte Rolle spielt.