Modus-Überfluss und Kartenwahn
Doch auch abseits der lange motivierenden Karriere, die einen bis in die Major League führt, kann man viel Zeit mit MLB The Show 17 verbringen. Es gibt wöchentliche Herausforderungen, einen Trainingsmodus für Schlagen und Pitchen (wie erwähnt ohne Erklärungen), man kann sich seine persönlichen Postseason-Teams zusammenstellen und um die World-Series-Trophäe kämpfen und natürlich auch an einem Home Run Derby teilnehmen. Man kann sich im ausufernden Franchise-Modus entweder reduziert auf eine Saison oder quasi „endlos“ als Teambesitzer bzw. Manager austoben und kann hier sogar auf einen rudimentären Anzeigemodus umschalten, bei dem die Entscheidungen als Coach wichtiger sind als die filigrane Darstellung. In der Franchise haben die Sammelkarten jedoch nur Einfluss auf Sponsoren-Verträge, die man freischalten kann und die einen mit Budget-Boni belohnen, so z.B. mit 30.000 pro gestohlenem Base als Diamond-Sponsorship oder mit 1.500 pro Strikeout in der Silberversion.
In der auf Baseballkarten als Spielerquelle fokussierten Diamond Dynasty können Mikrotransaktionen eine größere Rolle spielen.
Die eigentlich mit Baseball assoziierten Sammelkartenpakete, die man hier für die sogenannten „Stubs“ erwirbt, spielen vor allem in der Diamond-Dynasty eine Rolle. Den aus diversen EA-Spielen bekannten Ultimate Teams nicht unähnlich, erstellt man hier ein komplett neues Team. Man legt nicht nur Namen und Farbgebung der Trikots fest, sondern darf auch ein eigenes Logo aus frei skalierbaren Elementen bauen, bevor man sein Team aus den zur Verfügung stehenden Spielerkarten zusammenstellt und in den Wettbewerb schickt. Natürlich darf man hier Rookies neben eingesessenen Spielern auflaufen lassen oder mit den zahlreichen Legenden sein Team aufstocken. Bei der Diamond Dynasty steht zwar das Online-Spiel mit seinem passablen Matchmaking und Liegensystem im Vordergrund, doch da in etwa 30 Prozent der veranstalteten Spiele von Lags betroffen waren, die sich allerdings nur in Ausnahmefällen negativ auf das Spiel auswirkten, habe ich mich irgendwann den Online-Modi zugewandt. Dabei fiel mein Augenmerk insbesondere auf den Conquest-Modus. Zwar sind sowohl die Extra-Innings als auch das „normale“ Spiel des eigenen Teams gegen die MLB-Mannschaften interessant, doch der an Risiko angelehnte Modus mit seinen verschiedenen Phasen (Angriff, Fans klauen, Gebiete verstärken, Fans bewegen) macht unerwartet viel Laune. Bei Kämpfen entscheidet nämlich nicht das Würfelglück, sondern die eigenen Fähigkeiten: Je nachdem, wie große die Anzahl der Fans es, um die es geht, bzw. die auf den jeweiligen Hexfeldern platziert sind, ändert sich der Schwierigkeitsgrad. Rückt man z.B. mit vier Millionen Fans auf ein Feld, das nur von einer Million besetzt wird, kann man bis hin zum Anfänger-Schwierigkeitsgrad wählen. Ist man hingegen hoffnungslos unterlegen, stehen nur die Top-Anforderungsprofile zur Verfügung.
Zusätzliche Einnahmequelle
Der Retro-Modus verbindet moderne mit alten Elementen und ist ein unkomplizierter Arcade-Spaß für zwischendurch.
Dass Sony vor allem in der Diamond Dynasty dem EA’schen Geschäftsmodell des Ultimate Teams nachzueifern versucht, ist nachvollziehbar. Nicht nur, weil Baseball-Sammelkarten zum Sport dazu gehören wie die Pinstripe-Uniform der Yankees oder Hall of Famer Willie Mays. Und auch wenn betuchte Spieler sich über kurz oder lang mit dem Erwerb von "Stubs" im Store gegen Echtgeld und dem folgenden Eintausch gegen Kartenpakete einen kleinen Vorteil verschaffen, ist man dennoch ein gutes Stück von Pay-to-Win entfernt. Zum einen, weil beim Match auch das eigene Geschick eine große Rolle spielt. Zum anderen, weil man auch immer wieder von The Show mit Karten und Stubs belohnt wird, mit denen man wettbewerbsfähig bleibt. Überhaupt lässt sich sagen, dass es Sony San Diego gelungen ist, die Spielelemente über nahezu alle Modi hinweg, gut miteinander zu verbinden, ohne sie in allzu große Abhängigkeit zueinander zu stellen.
Ausgenommen davon ist der Retro-Modus. Hier kann man keinerlei Karten einsetzen. Und hat überhaupt nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Verfügung, um zu Runs zu kommen bzw. zu verhindern. Obwohl man hinsichtlich der Kulisse auf der aktuellen Engine aufbaut, rückt man mechanisch eher an die Baseball-Spiele heran, die in der 16- und 32-Bit-Ära das Geschehen dominiert haben. Es werden nur wenige Knöpfe unterstützt, es gibt kaum spielerische Feinheiten. Mit den grob verpixelten Bildschirmanzeigen bzw. Menüs sowie dem reduzierten Sound ist das Arcade-Baseball, dem man hier begegnet, ein unkomplizierter Spaß für zwischendurch, der mich aber nur als Appetithappen oder Absacker interessiert. Für längere Sessions fehlt hier einfach die Substanz. Aber die bekommt man ja in allen anderen Modi zur Genüge.
