Ein Sammelsurium an Schwächen
Das ist nicht nur verzeihbar, sondern im Hinblick auf den sonstigen Zustand des Spiels auch das kleinste Übel. Wir haben Gollum auf der PlayStation 5 gespielt und mit
allerhand technischen Problemen zu kämpfen gehabt. Zu dem Zeitpunkt, zu dem wir getestet haben, hat das Entwicklerteam von Daedalic bereits an einem Patch gearbeitet, der Abstürze beheben soll.
Mal ganz von Gollum abgesehen: Auch die anderen Charaktere sehen alle etwas merkwürdig aus.
Die sind uns ebenfalls ein paar Mal passiert, das weitaus größere Manko ist aber die eingangs erwähnte Steuerung. Gollum leidet stark unter dem unpräzisen Spielgefühl, was bei der Tatsache, dass ihr sehr viel Zeit kletternd verbringt, fatal ist. Es gibt im Verlauf von seinem Abenteuer zwei Fluchtlevel, wo ihr euch besonders schnell durch unübersichtliche Areale manövrieren müsst; ihr könnt euch wahrscheinlich vorstellen, wie gut das funktioniert.
Und dann gibt es noch einige Kleinigkeiten, die zum unsauberen Eindruck beitragen. Der optionale Questmarker zeigt gerne mal ins Nichts oder sogar auf das letzte Ziel, wenn ihr gerade eigentlich woanders hinmüsst. In den wenigen Gebieten, in denen ihr einen Blick auf die weiter entfernte Landschaft werfen könnt, sieht es so aus, als wäre diese ein flaches Gemälde hinter der dreidimensionalen Spielwelt. Außerdem sehen einige Charaktere beim Gehen etwas ungelenk aus und zuckende Gesichter beim Sprechen kommen auch öfter vor.
Ganz generell wirken die Figuren bei näherer Betrachtung etwas merkwürdig. Allen voran Gollum, der in dem Spiel große Anime-Augen bekommen hat und dadurch irgendwie fehl am Platz zu sein scheint. Die Intention dahinter war laut dem Entwicklerteam, ihn freundlicher aussehen zu lassen, was gerade bei Sméagol zwar schon auf eine gewisse Art funktioniert, aber zu welchem Preis?
Sightseeing in Mordor und dem Düsterwald
Die grafische Qualität ist ebenfalls durchwachsen. Manche Ecken und Texturen sind schön geworden, andere dagegen ziemlich matschig. Alles nicht so schlimm wie beispielsweise bei den letzten Pokémon-Ablegern, den Current-Gen-Konsolen wird das Spiel damit aber nicht ganz gerecht. Außerdem muss sich Gollums Gesichtsausdruck beim Wechsel zu seinem Alter Ego immer erstmal auf den Standardblick zurücksetzen, bevor der andere übernehmen kann.
Nach all der Kritik haben wir noch etwas Positives zu sagen:
Die Stimmung von Mittelerde hat das Nett hier, aber sieht eher aus wie ein Gemälde als eine echte Landschaft. Dafür ist die Atmosphäre gut gelungen.
Entwicklerteam gut eingefangen. Sowohl die düsteren Höhlen als auch das Elbenreich sehen sehr typisch nach Tolkien aus, da haben wir uns direkt heimisch gefühlt. Auch das Charakterdesign ist sehr passend für die Welt und fügt sich stimmig ins Gesamtbild ein.
Trotz der schönen Gestaltung sehen die einzelnen Abschnitte in den jeweiligen Gebieten sich sehr ähnlich, wodurch es nach einer Weile repetitiv wird. Dazu trägt auch bei, dass ihr teilweise dieselben Wege immer wieder nehmen müsst. Manchmal lauft ihr nach getaner Arbeit selbst zurück, manchmal werdet ihr vom Spiel an den richtigen Ort verfrachtet; ein Schema dahinter ist nicht wirklich erkennbar. Und auch die musikalische Untermalung im Hintergrund tritt nur inkonsequent auf, obwohl sie sehr atmosphärisch ist und gerne öfter zu hören sein dürfte.
Mit der zeitlichen Einordnung in die Geschehnisse aus dem Herr-der-Ringe-Universum steht sich das Spiel im Endeffekt selbst im Weg. Gollum hat seinen Schatz hier bereits an Bilbo verloren, aber stellt euch vor, wie gut die Fähigkeit des Rings, ihn unsichtbar zu machen, zu den Schleichpassagen gepasst hätte. Das ist nicht als Kritikpunkt gemeint, da sich Daedalic stattdessen für eine Handlung sehr nah am Vorbild entschieden hat, aber ein wenig mehr Kreativität hätten wir uns trotzdem gewünscht.