Visual Novel statt Action-Adventure
Dieses ebenso seltsame wie anspruchslose Wimmelbilden zieht sich durchs gesamte Abenteuer. Nehmt z.B. das neue Klettern an Häuserwänden, mit dem sich Takayuki einen Weg etwa in ein geöffnetes Fenster bahnt – nur dass man dafür nicht jederzeit auf Kisten oder Lüftungsschächte steigen darf, sondern solche Gelegenheiten zunächst über das beschriebene Beobachten markieren muss, bevor man anschließend den einzig möglichen Kletterweg in Richtung Ziel abklappern soll. Im besten Fall fühlt sich das viel mehr nach Visual Novel als nach Action-Adventure an. Im schlechtesten nach interaktiver Gängelei ohne spielerischen Nutzen.
Beim Klettern und Beobachten ist ja längst nicht Schluss, denn selbst das Schleichen mit Anleihen an klassischer Stealth-Action funktioniert meist so: Man läuft an eine leuchtende Markierung, wirft von dieser aus entweder eine Münze oder einen Rauchball an den jeweils einzigen Interaktionspunkt und schleicht anschließend an der Wache vorbei oder knockt sie aus. Geht das schief, muss man es noch mal probieren. Das dynamische Katz-und-Maus-Spiel echter Stealth-Action? Braucht kein Mensch!
Auch der Einsatz von Werkzeugen wie der Geräuschverstärker ist spielerisch belanglos: Man klickt einfach die klar markierte Geräuschquelle an.
Das ist ein grundsätzliches Problem des Spiels: Für viele der Aktivitäten geben einem die Entwickler kein System in die Hand, dessen Benutzung in sich schlüssig ist. Vielmehr soll man lediglich angezeigte Eingaben ausführen, die sich nicht aus der Logik des Werkzeugs oder der stattfindenden Handlung ergeben. Sprintet Takayuki z.B. einer verdächtigen Person hinterher, was selbstverständlich nur in dafür vorgesehenen Szenen geschieht, kann man ihn zwar nach rechts oder links bewegen. Rennt er auf ein Hindernis zu, darf man aber nur im richtigen Augenblick den Analogstick in die angezeigte Richtung kippen – tut man das vorher schon, weil man mitdenkt, funktioniert das Ausweichen einfach nicht. Das ist doch kein gutes Spieldesign!
Virtuelle Urlaubsreise
Dabei macht es durchaus Spaß mit Takayuki unterwegs zu sein, die verschiedenen Aspekte der Detektivarbeit zu erleben und diesmal sogar Spürhunden zu folgen, um z.B. Nebenmissionen zu entdecken. Ich mag auch die gelegentlich durchschimmernde, etwas subtilere Form des vertrauten Yakuza-Humors mit wunderbar albernen Anspielungen u.a. auf die Stealth-Action eines
Metal Gear Solid oder Momenten, in denen sich zwei Charaktere sprachlos anschauen. Die filmische Inszenierung ist zwar schon längst nicht mehr die Stärke der Yakuza-Serie bzw. ihres Ablegers, aber hin und wieder gelingen auch hier noch kleine Höhepunkte.
Und natürlich ist die Kulisse nach wie vor klasse, wenn vor allem die engen Gassen Kamurochos überzeugend das Gefühl vermitteln durch eine Stadt zu schlendern, anstatt an leblosen Mauern vorbeizurauschen. Wie schon in
Like a Dragon ist das in Ijincho leider weniger der Fall, da es den Entwicklern nicht gelingt, den großen
Abschied aus Kamurocho? Bei allem Gemecker: Es hat doch immer Spaß gemacht.
Straßen des Viertels das gleiche Leben einzuhauchen wie denen des Vergnügungsviertels. Yokohama fehlt es zudem an Gebäuden, in denen man das geschäftige Treiben aus höheren Stockwerke beobachten kann, sodass die Häuser mehr als in Tokio nur als Fassade dienen.
Spielerisch überschaubar, aber inhaltlich gelungen sind dafür zwei kleine Neuerungen, von denen eine das Belauschen mancher Gespräche ist, um Informationen zu erhalten. Weil sich Takayuki dafür neben zwei sich unterhaltende Personen stellt, verleiht das den sonst nur der Zierde dienenden Dialogfenstern nämlich einen inhaltlichen Sinn. Die andere Neuerung ist das Fahren auf einem Skateboard, um schneller voranzukommen. Auch dabei wirkt der längst nicht mehr jugendliche Protagonist dezent aus der Zeit gefallen, gleichzeitig erleichtert das schnellere Vorankommen besonders in Ijincho aber die Fortbewegung und ist damit eine gelungene Ergänzung.