Hexerei und Zauberei im 19. Jahrhundert
Hogwarts Legacy spielt in der Wizarding World des späten 19. Jahrhunderts. Von den großen Namen der Harry-Potter-Reihe wie Grindelwald, Dumbledore, Voldemort und Co. ist hier noch keine Rede, aber ganz ohne dunkle Bedrohung geht es natürlich auch zu diesem Zeitpunkt nicht. Finstere Zauberer und Kobold-Rebellen, angeführt vom Spitzohr-Schurken Ranrok, machen den Zauberern und Hexen das Leben schwer. Die Spieler starten als bereits volljährige Fünftklässler- Nachzügler an der Schule für Hexerei und Zauberei. Mehr darf ich euch an dieser Stelle allerdings zur Story nicht verraten, die sicher die eine oder andere Wendung bereithalten wird.
Die Harry-Potter-Schöpferin J. K. Rowling ist in den letzten Jahren wiederholt wieder mit Aussagen aufgefallen, die als transphob eingestuft werden können.
Diese führten immer wieder zu Kontroversen in der Harry-Potter-Community. Wer mehr darüber wissen möchte, kann sich z.B.
hier näher informieren.
Rowling ist an der Entwicklung von Hogwarts Legacy nicht beteiligt – profitiert durch Markenrechte aber indirekt von Gewinnen der Dachmarke.
Dafür wurde der umfangreiche Charakter-Editor gezeigt, in dem mit den üblichen Tools von Gesichtsanpassung bis Frisur detaillierte, individuelle Spielfiguren erschaffen werden können. Als Fingerzeig in Richtung von J.K.Rowling, die bei Hogwarts Legacy inhaltlich nicht involviert war, können sich die Spieler dabei unter anderem frei zwischen den Geschlechtern bewegen. Etwas lustig ist die Anpassung der Stimmfarbe, die wie gewohnt eine männliche und eine weibliche Variante bereithält. Diese kann jedoch in verschiedenen Tonhöhen variiert werden, was mittels Pitch-Shifting passiert. Das funktioniert eher so mittelmäßig – in der Anspiel-Session klang die Stimme meine Hexe zum Teil ein wenig wie die Sprachmodulation eines Text-To-Speech-Gerätes, da die Frequenzen künstlich angepasst wurden.
Gute Technik mit Liebe zum Detail
Grundsätzlich macht die Technik von Hogwarts Legacy aber zunächst einen sehr ordentlichen Eindruck. Zwar war mir nicht erlaubt, vom 30-FPS-Qualitätsmodus in den von mir präferierten Performance-Modus umzuschalten, dafür überzeugte das Bild aber mit knackscharfer Darstellung in 4K, einer guten Sichtweite in den Bereichen um das Schul-Schloss herum sowie wuchtigen Magieeffekten im Kampf, inklusive gleißender Lichtstrahlen und umherfliegender Trümmer. Weiche Lichtstimmungen beim Sonnenuntergang, von flackernden Laternen beleuchtete Trainingsräume oder das lichtdurchflutete Gewächshaus erwecken die Welt der Zauberer technisch eindrucksvoll zum Leben. Es gibt übrigens von der Vase bis zur Truhe überall wahnsinnig viel zu zerdeppern, sammeln und entdecken.
Sehr schön: Hogwarts und seine Innenräume werden richtig gut getroffen.
Beim Anspielen durfte ich Hogwarts zunächst auf einem Besen umfliegen, dann die Bibliothek und das Gewächshaus erkunden und nach einem kurzen Duell-Training zum Schluss eine Mission im späteren Story-Verlauf angehen, in der mein Charakter gemeinsam mit der Hufflepuff-Schülerin Poppy Sweeting die dunklen Machenschaften von Wilderern im verbotenen Wald aufdeckt. Dabei fällt auf, wieviel Liebe im Hogwarts-Detail steckt. Seien es die Türmchen und Säle des Schlosses, das Quidditch-Feld, die Umhänge oder die Kreaturen, denen man im Umfeld der Schule begegnet. So taucht im Wald etwa eine Gruppe bedrohlicher Zentauren auf, während man etwas später den Drachenkampf-Ring der fiesen Wilderer entdeckt. Die Entwickler haben die Vorlage minutiös in eine virtuelle Welt übersetzt, in der alles genau da ist, wo es sein sollte. Das spiegelt sich auch in den Outfits der Schüler wieder, die das magische 19. Jahrhundert gut in Szene setzen. Die gelungene Fassade bricht dabei nur sehr selten – etwa, wenn man einem der zahllosen NPCs in der Bibliothek folgt, der einen riesigen Käfig herumträgt, nur um festzustellen, dass er einfach im Kreis läuft. Das ist aber Kleinkram, denn der Gesamteindruck vom virtuellen Hogwarts ist in den ersten Minuten wahnsinnig überzeugend, erst Recht wenn man zB Zeuge wird, wenn ein Hausgeist einen Schüler auf dem Weg zum Klassenraum ärgert.
Knackige Magie-Duelle
Und auch spielerisch ist Hogwarts Legacy durchaus kompetent. Zwar kämpfte ich in meiner Anspiel-Session etwas mit dem Input-Lag der 30FPS im Performance-Modus, mechanisch macht aber vor allem der Kampf eine gute Figur. Neben dem Standard-Zauber auf RW können erlernte Zauber, die in unserer Preview-Fassung vom einfachen Anziehungs-Zauber „Accio“ bis zum unverzeihlichen Fluch „Crucio“ reichten, auf die vier Aktionstasten des Controllers verteilt werden. Hier gibt es vier umschaltbare Belegungen, sodass bis zu 16 Zauber vorgehalten werden können. Mit der Kombination aus R2 und der jeweiligen Taste wird dann gezaubert – und das macht ordentlich was her.
Effektvoll: Im Magie-Kampf geht es ordentlich zur Sache.
Im magischen Kampf geht es nämlich ordentlich zur Sache. Gegner können in die Luft geschleudert, in Brand gesteckt, entwaffnet oder betäubt werden. Dabei werden die Flüche oft verkettet – ich schleudere also einen Gegner erst in die Luft, ziehe ihn an mich heran und verpasse ihm dann einen Feuerzauber der ihn brennend zu Boden schickt. Das sieht nicht nur wuchtig aus, sondern fühlt sich auch herrlich knackig an. Jeder Zauber hat dabei einen Abkühl-Timer, der die Nutzung limitiert, außerdem besitzen die Feinde zum Teil Resistenzen, die mit einem Zauber der entsprechenden Farbcodierung ausgehebelt werden können.
Eine Standard-Open-World?
Beim Kampf gegen die Wilderer entbrannte besonders in der Schlussarena mit fiesem Dunkelmagier ein dynamisches, brachiales Gefecht, das mir definitiv Lust auf mehr Action dieser Art gemacht hat. Inhaltlich frage ich mich allerdings schon, wieso ich munter den Folter-Zauber Crucio gegen die Kobolde und Menschen einsetzen durfte, die sich mir in den Weg stellten. Welche Moral-Implikationen hier auf meinen Fünftklässler warten, wurde mir aber nicht beantwortet. Ob Avada Kedavra und Co. also Einfluss auf meinen Charakter haben, den ich mittels eines Taletbaumes entwicklen kann, wird also erst der Test zeigen können.
Schöne Aussicht: Tolle Lichtstimmungen und starke Weitsicht prägen das Bild in der Umgebung des Schlosses.
Neben dem offenen Kampf gab es beim Waldausflug mit Hindernissen außerdem einige kleine Schleichpassagen, in denen ich mich per Unsichtbarkeitszauber an die Wachen heranschleichen konnte, um sie im Anschluss per Versteinerungsspruch unschädlich zu machen. Zudem war die Mission mit einer Tatort-Untersuchung garniert, bei der Beweise und Spuren in einem Areal gefunden werden mussten. Das ist seit The Witcher 3 Standard in Open-World-Abenteuer dieser Art, wird hier aber ordentlich in Szene gesetzt. Auch die etwas hüftsteif anmutenden Gespräche mit anderen Figuren sind in typischer Form inszeniert und boten während der Anspiel-Session wenig Überraschungen.
Auch konnte ich bereits einen ersten Blick auf das Ausrüstungssystem mit Umhängen und Co. erhaschen, die mit ihren Werteverbesserungen und Boni ebenfalls an klassische Action-Rollenspiele erinnern. Das Ausmaß von Loot, Crafting und Co. sowie die Auswirkungen auf den Spielablauf ließ sich allerdings natürlich noch nicht überblicken.